‚Jedermanns-Rechte‘ innehat und sich ohnehin nicht“ auf öffentlich rechtliche Normen[8] berufen kann. Auch wenn der Bundesgerichtshof zu einer andersdeutenden Betrachtung kam,[9] können die öffentlich rechtlichen Normen zur Interpretation zumindest herangezogen werden.
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Sowohl das präventive Polizeirecht, als auch die Strafprozessordung kennen Regelungen zur Observation sowie zum Einsatz flankierender Maßnahmen.
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Im präventiven Bereich ist eine längerfristige Observation überwiegend nur dann zulässig, wenn es darum geht, Straftaten von erheblicher Bedeutung aufzuklären oder eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person zu verhindern.
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Längerfristig bedeutet i.d.R., dass die planmäßige Beobachtung für einen Zeitraum von mehr als 24 Stunden vorgesehen ist oder über mehr als zwei Tage – mit jeweils kürzeren Observationszeiten – andauert.[10]
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Wesentlich ist, dass eine Beobachtung erst dann zur Observation wird, wenn sie „eine bestimmte Intensität, einen bestimmten Umfang oder eine bestimmte Dauer“[11] einnimmt. In den Fällen einer kurzfristigen Beobachtung/Observation reicht in der Regel ein Gefahrenverdacht aus.[12]
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Die meisten Polizeigesetze der Länder und die des Bundes verweisen auf die längerfristige, präventive Observation im Rahmen der Ermächtigungsgrundlagen zur Erhebung personenbezogener Daten. Sie verstehen hierunter überwiegend die planmäßig angelegte Überwachung einer Person, die durchgehend länger als 24 Stunden dauert oder an mehr als zwei Tagen stattfinden soll.[13]
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Im Strafverfahrensrecht gestattet der Gesetzgeber derartig eingriffsintensive Maßnahmen nur zur Ermittlung besonders schwerwiegender Straftaten. § 163 f StPO gestattet der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungshelfern die längerfristige (>24 Stunden) „planmäßig angelegte Beobachtung“ eines Beschuldigten, bei Fällen erheblicher Bedeutung. Hierunter sind nicht Katalogstraftaten i.S.d. §§ 98a, 100 ff. StPO gemeint, sondern insbesondere Fälle von „Eigentums- und Vermögenskriminalität“.[14]
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In beiden Fällen wird deutlich, dass es – vor allem bei der längerfristigen Observation – nicht um Bagatelldelikte geht, die hier verhindert oder ermittelt werden sollen. Die Anwendung eben dieses Maßstabs führt dazu, dass man im Rahmen interner Ermittlungen im Unternehmensumfeld dazu kommen muss, dass auch hier ein ähnlich strenger Rahmen anzulegen ist. Zu Recht wird die Observation als derart einschneidende Maßnahme als ultima ratio angesehen.
4. Rechtliche Anforderungen an eine Observation
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Die gesetzlichen Anforderungen, die an die Erhebung personenbezogener Daten durch Observation gestellt werden, ergeben sich aufgrund des grundsätzlichen Verbots mit Erlaubnisvorbehalt[15] überwiegend aus dem BDSG und der Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.
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So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG)[16] eine Observation inklusive Bild- und Videoaufzeichnungen eines Beschäftigten durch einen Detektiv als rechtswidrig eingestuft, da es weder die Erlaubnistatbestände, noch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als ausreichend berücksichtigt ansah. Hierauf soll im Folgenden näher eingegangen werden.
a) Erlaubnistatbestände
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Als grundsätzliche Ausgangsnorm für Observationen und andere personenbezogene Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang mit delinquentem oder deviantem Verhalten von Angestellten wird überwiegend § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) in Frage kommen.
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Die Auslegung eben dieser Norm an den Grundsätzen des öffentlichen Rechts (s.o.) hätte zur Folge, dass eine Observation nur dann zulässig wäre, wenn dringende sowie valide Gründe für eine erhebliche Pflichtverletzung (v.a. in Form gravierender Straftaten) vorliegen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit diesen gravierenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte im konkreten Einzelfall gestattet.[17]
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Von dringenden und validen Gründen ist dann auszugehen, wenn „zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht“[18] einer Pflichtverletzung indizieren. Eine Observation aus bloßem Interesse oder aus einem allgemeinen Gefühl der Unsicherheit scheiden in jedem Fall aus. Observationen aus unredlichen, „illegaler“[19] Motivation sind evident unzulässig. Gleiches gilt für Observationen mit „Belästigungscharakter“.[20]
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Es empfiehlt sich, vor der Entscheidung über eine Observation gemeinsam mit Arbeitsrechtlern, Bereichsvorgesetzten und im Idealfall Arbeitnehmervertretern zu prüfen, ob die zugrundeliegenden Verdachtsmomente durch Personal- (dokumentierte und übereinstimmende Aussagen bekannter und zuverlässige Zeugen im Idealfall) oder Sachbeweise (Dokumente, Aufzeichnungen etc.; im Idealfall korrespondierend mit den Personalbeweisen) zu erbringen wären und diese Beurteilung zu dokumentieren.
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In dem bereits zitierten Urteil des BAG ging dieses davon aus, dass ein ausreichender dringender Verdacht nicht gegeben war, da im konkreten Fall der hohe Beweiswert der vorliegenden ärztlichen Atteste nicht durch „begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung“[21] aufgehoben werden konnten.
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Von einer erheblichen Pflichtverletzung wird in der Regel dann auszugehen sein, wenn die Straftat derer der Beschäftigte verdächtigt wird, während des Beschäftigungsverhältnisses begangen wurde und tatbestandsmäßig in der Nähe der Bewertungsmaßstäbe der StPO angesiedelt ist. Überwiegend wird es darum gehen, dass der Geschädigte der Arbeitgeber ist, wenngleich auch durchaus andere Fallkonstellationen denkbar sind. Maßgeblich sind neben dem Strafmaß auch Kriterien wie der verursachte Schaden, kollusives Handeln oder andere qualifizierende Merkmale.
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Observationen, die sich gegen andere als Beschäftigte richten, werden i.d.R. durch § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zu rechtfertigen sein.
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Danach kann zur Erfüllung berechtigter Interessen eine Erhebung personenbezogener Daten dann erfolgen, wenn die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen nicht überwiegen. Von berechtigten Interessen ist dann auszugehen, wenn es sich um einen Grund handelt, „dessen Verfolgung vom gesunden Rechtsempfinden gebilligt wird“.[22] Da sich hierunter auch die Geltendmachung gesetzlich zugestandener Rechte verbirgt, kann ein berechtigtes Interesse auch in der Ermittlung krimineller Handlungen und dem Anspruch auf Schadensersatz liegen.
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§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG wird in jedem Fall dann einschlägig sein, wenn ein Unternehmen mit eigenem Personal (Konzernsicherheit, Innenrevision etc.) die Datenerhebung und –verarbeitung durchführt. Ob bei der Beauftragung einer Detektei zur Observation eines Nicht-Beschäftigten § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG einschlägig ist, wird in der Literatur[23] und in der Rechtsprechung[24] diskutiert. Hierbei ist eine Präferenz zu Gunsten einer Zulässigkeit ebenfalls nach §