Hansruedi Wipf

Hypnose


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Glück haben, auf einen bequemen Stuhl oder Sessel setzen. Dann sagt der Hypnotiseur oder die Hypnotiseurin Ihnen, dass Sie die Augen schließen sollen, und nun wird circa. 30–45 Minuten auf Sie eingesprochen, wahrscheinlich ein Text abgelesen, zudem läuft im Hintergrund irgend so eine Musik, die eine hypnotische Wirkung auf Sie haben soll. Irgendwann wird es dann unbequem auf der Massageliege.

      Während der ganzen Zeit kommen Ihnen Gedanken wie »ich kann den doch hören, was soll das – und wenn ich wollte, könnte ich einfach die Augen aufmachen«, oder Ähnliches. Vielleicht erwischen Sie sich auch dabei, dass Sie einschlafen während der Prozedur und anschließend wird Ihnen gesagt, dass sei kein Problem, da es genauso nützen würde – was Sie aber völlig korrekt als Falschaussage einstufen.

      Richtig? So oder ähnlich spielen sich Tausende von Hypnosesitzungen ab, das ist in meinen Augen »Wasch mich, aber mach mich nicht nass«-Hypnose – auch bekannt unter »Susie Sorglos«-Hypnose –, die aber hauptsächlich ein Resultat produziert: Das »Ich habe Hypnose ausprobiert, aber es hat nicht funktioniert«-Syndrom. Leider ist das eine Epidemie, die über Jahrzehnte der Hypnose einen schlechten Ruf eingebracht hat, den sie einfach nicht verdient hat! Das sind sogenannte »Skriptnotiseure« – Hypnotiseure oder Hypnosetherapeuten, die irgendwelche Texte vorlesen –, auch Wirktexte genannt, verbunden mit ganz viel Hoffnung, dass auch ein wenig Wirkung im Text versteckt ist. Echte Probleme können so in den seltensten Fällen behandelt oder gelöst werden. Bei einigen Themen können diese sogenannten Wirktexte auch Erfolg haben, sie klingen oft wunderschön und fühlen sich gut an, sind aber mehrheitlich nichts anderes als kurzfristige Hilfe oder gänzlich nutzlos. Die Texte stammen in den meisten Fällen irgendwo aus dem Internet und die »one size fits all«-Herangehensweise kann nicht funktionieren, weil jeder Mensch individuell ist, keiner hat dieselbe Vergangenheit durchlebt. Die meisten Menschen hatten anschließend nicht einmal den Eindruck, dass sie überhaupt in Hypnose waren. Das muss sich ändern.

      An dieser Stelle sei fairerweise erwähnt, dass es selbstverständlich auch positive Ausnahmen gibt, bei denen die Intervention funktioniert hat und dem Klienten geholfen wurde, aber der Prozentsatz ist niedrig und für meinen Geschmack wird eindeutig zu viel dem Zufall überlassen. Diese Form der Hypnosetherapie ist zwar immer noch besser als gar keine, aber meist eine vertane Chance, denn da war ein Klient, der sich die Hypnose wünschte. Dennoch, sollten Sie solche Erfahrungen gemacht haben und enttäuscht worden sein, lassen Sie sich nicht entmutigen, Sie werden kompetentere Hypnotiseure finden, die die aktuellsten, ursachenorientierten Methoden und Techniken verstehen und anzuwenden wissen. Wie, erfahren Sie weiter hinten im Buch – und sollten Sie sich gerade in so einer Susie Sorglos-Sitzung befinden wie oben beschrieben und nicht weiterkommen, lesen Sie das Buch zu Ende und entscheiden Sie dann, ob Sie wirklich damit weitermachen wollen.

      Fairerweise Nr. 2: Ich unterstelle keinem, der so wie oben beschrieben mit der Hypnose arbeitet, dass er wissentlich diese wenig effizienten und wenig effektiven Methoden anwendet. Nein, die meisten können nichts dafür, da sie die Hypnose so vermittelt bekommen haben. In vielen Hypnoseausbildungen wird genau diese Art der Hypnose unterrichtet, und Generationen von Hypnotiseuren wurden instruiert und im Glauben gelassen, dass Hypnosetherapie so abzulaufen habe.

      Kaum etwas geschieht per Zufall. Als ich gerade Ideen für dieses Buch sammelte, erhielt ich folgende Anfrage für eine Sitzung:

       »Ich habe das Thema Hypnose mangels besseren Wissens lange Zeit in irgendeiner Schublade mit allen persönlichen »No-Go-Methoden« platziert. Neulich hat mir mein Vater, ein eingefleischter Schulmediziner (heute über 80 Jahre alt), aus seinem medizinischen Studium berichtet und von spannenden Erlebnissen mit Hypnose erzählt. Etwas überrascht ob seiner Einstellung, öffnete ich besagte Schublade mal gedanklich und begann, mich im Internet zu informieren.«

      Erlauben Sie, dass dieses Buch dieselbe Wirkung hat, wie der Vater auf seine völlig überraschte Tochter. Seien Sie neugierig, seien Sie kritisch! Seien Sie aber auch offen, Ihre alte Sichtweise rund um das Thema Hypnose und Hypnosetherapie völlig neu zu überdenken – die Schublade, auf der Hypnose steht, zu öffnen und sich überraschen zu lassen. Wenn Sie gewillt sind, die Hypnose mit neuen Augen zu betrachten und der modernen, ursachenorientierten Hypnose eine Chance zu geben – dann werden Sie so manche positive Überraschung erleben.

      Dieses Buch ist auch ein Appell an die Vernunft – von Eltern, Lehrern, Therapeuten aller Art, Medizinern, Zahnärzten, Krankenkassen und Gesetzgebern – sowie ein Augenöffner für alle Menschen, die gefangen sind zwischen Medikamenten, Langzeittherapien und Medizin-Hörigkeit, die aber ausbrechen wollen oder schon seit Längerem spüren, dass da mehr sein muss, als nur die Symptombekämpfung nach der Schulmedizin oder der Psychologie (»Symptomologie«). Der innere Heiler ist bereits lange da – er muss nur noch (öfter) aktiviert werden –, die moderne Hypnose schafft das in kürzester Zeit.

      Die Anwendungsmöglichkeiten der Hypnose sind überraschend vielfältig und auch wieder nur ganz wenigen bewusst oder bekannt – je länger ich mich mit der Hypnose beschäftige, desto mehr Anwendungsmöglichkeiten tauchen auf. Eine Übersicht zum Allzweck-Therapiewerkzeug Hypnose finden Sie auf Seite 192. Dazu muss man aber verstehen, wie unser Unterbewusstsein reagiert und aufgebaut ist, was die Funktionen des Bewusstseins sind und wie das Zusammenspiel beider funktioniert. Das erkläre ich ausführlich im Kapitel »Die vier Bewusstseinsebenen und deren Komponenten« (siehe Seite 77 ff.) auf einfache verständliche Art und Weise.

      Was ist Hypnose?

      Definition von Hypnose: Die Umgehung des kritischen Faktors des Bewusstseins und die Etablierung von selektivem und akzeptablem Denken (siehe auch Mind Modell auf Seite 78)

      Ich sehe mich als Brückenbauer für den Großteil der Menschen, für den Hypnose (noch) keine Option war. Um die Menschen motivieren zu können, diese Brücke zu nutzen, um auf die andere Seite zu kommen, muss Hypnose und Hypnosetherapie zuerst einmal genau erklärt und verstanden werden. Fangen wir an.

      Die Empfindungen eines jeden Menschen sind individuell und so ist es auch mit der Wahrnehmung des Zustands der Hypnose. Einige nehmen eine große, körperliche Schwere wahr, andere eine Leichtigkeit, fast schon wie ein Schweben und noch andere nehmen ihren Körper gar nicht mehr wahr, sie sind nur noch Gedanken. Wie auch immer Menschen die Hypnose wahrnehmen, es ist immer ein angenehmes Gefühl. Der eigentliche reine Zustand der Hypnose tut einfach gut, wirkt erholend, erfrischend, unterstützt auch ohne therapeutische Suggestionen regenerierend und hat sehr gute Anti-Stress-Eigenschaften.

      Die Wahrnehmung variiert stark je nach Tiefe der erreichten Hypnose, sodass die Beschreibung entsprechend unterschiedlich ausfallen kann. Viele, die zum ersten Mal hypnotisiert wurden, berichten, dass sie das Gefühl der Hypnose wiedererkannten. Was absolut richtig ist, da Hypnose ein völlig natürlicher Zustand ist, der automatisch eintreten kann, ob wir es nun bemerken oder nicht.

      Die einen setzen die Hypnose sehr rasch um, ja, haben schon fast ein Talent dafür, wieder andere brauchen ein bisschen länger, bis sie erlernt haben, wie man in den Zustand gehen kann. Es ist IMMER ein Zulassen, ein Geschehenlassen – mit Zwang, Druck oder verkrampft funktioniert es nicht. Es kommt stark auf das Geschick, das Fachwissen und die wahrgenommene Kompetenz des Hypnotiseurs an, wie rasch sich eine Person in die Hypnose begleiten lässt. Wenn der zu Hypnotisierende dem Hypnotiseur nicht vertraut, wenn Zweifel bezüglich seiner Kompetenz oder Integrität bestehen, dann wird es ein sehr schwieriges Unterfangen und ist meist nicht von Erfolg gekrönt.

      Ja, auf jeden Fall. Praktisch jeder, der sich auch wirklich hypnotisieren lassen möchte, kann in die Hypnose gehen. Wir von OMNI gehen von einer Rate von 97 %–99 % aus, das spiegelt ungefähr auch die Werte meiner Erfahrungen wider. Ich würde sagen, dass 70%–90 % der Menschen sogar sehr tief hypnotisierbar sind. Es kommt oft ein wenig auf das Üben an. Je mehr man übt, desto besser wird man darin. Ich habe Klassen, da gehen 100 % der Teilnehmer in die allertiefsten Ebenen der Hypnose. Man braucht eben das Fachwissen, wie man diese Zustände erreicht. Es ist wie mit allem – wenn man weiß, wie etwas funktioniert,