zu sein.
Wir wollen sehen,« antwortete er wie gewöhnlich,
»Greift geschwind zu, Klein-Vater,« fuhr Mathieu fort; »es passt mir gerade jetzt, und um Euch zu beweisen, dass mir die Sache Ernst ist, will ich Euch noch zwei Vorschläge machen, mit denen gewiss auch Madelaine einverstanden ist.«
»Ich habe dem Vater feine Vorschriften zu machen«, antwortete diese,
»Sag es immer, was Du meinst,« erwiderte Vater Kleine dem Nachbar.
»Nun, Ihr schafft die Disteln und die Steine fort; unterdes pflüge ich nicht nur eure zwei Morgen, sondern auch die anderthalb, die ich Euch als Tausch gebe, überdies füge ich, da der Boden nicht der beste ist, ein Fuder Dünger, gut gemessen, dazu. Was meint Ihr dazu?«
»Etwas müsstest Du doch noch dazu geben,« meinte Vater Kleine.
»Ihr seid ein alter Geizdrache«, antwortete der Nachbar Mathieu, »es schadet aber nichts, denn mich dauert die arme Madelaine, die eine Freundin meiner Seligen war, wenn ich sie so arbeiten sehe. Ihr, wohlverstanden ihr und erst zum nächsten Pflügen schenke ich den Faulen, meinen Ochsen da, der zu klein für den andern und für die Arbeit nicht stark genug ist.«
»Der Faule ist alt,« sagte Vater Kleine, der aber nur auf den Busch schlug.
»Ach geht, alt! Fünf Jahre hat er. Wenn ich ihn schlachten lassen wollte, gäbe mir der Metzger 180 Francs, aber ich kenne das arme Tier nun drei Jahre und möchte ihm nichts Schlechte widerfahren lassen. Deshalb gebe ich ihn Madelainen, weil ich weiß, dass sie ihn niemals schlachten lassen wird.«
»Nein, gewiss nicht,« antwortete Madelaine.
»Du spricht ja als wäre der Handel schon abgeschlossen,« fiel Vater Kleine ein.
»Ja, da habe ich gefehlt; nehmt nicht übel, Vater,« sagte die demütige Frau.
»Übel soll ich's nicht nehmen? Hast gar nicht Ursache, so zu bitten. Übrigens hat Nachbar Mathieu Recht und der Handel könnte wohl zu Stande kommen, ja.«
»Er wird zu Stande kommen; er ist zu vorteilhaft, als dass ihr ihn von der Hand weisen könntet.«
»Hm!« fiel Klein-Vater ein. Warum machst Du mir denn den Antrag, wenn er für mich so sehr vorteilhaft wäre?«
»Warum ich ihn Euch mache? Das begreift Ihr freilich nicht. Ich mache ihn Euch, weil ich Euch nützlich sein will, weil ich die Madelaine lieb habe, hört Ihr wohl? Weil ich sie von Herzen lieb habe und weil sie — hat sie Euch nichts davon gesagt? Schon vor drei Jahren Frau Mathieu geworden wäre, wenn sie gewollt hätte. Aber sie wollte nicht, — sie will dem Wilhelm treu bleiben. Und dagegen kann man nichts sagen, wie Ihr einsehen werdet, weil sie eine brave Frau ist; aber behilflich und nützlich darf man ihr doch sein und darum mache ich Euch einen Antrag, der für Euch so vorteilhaft ist, wie Ihr wohl wisst, alter Geizdrache, denn Ihr henktet Euch auf, wenn ich mein Wort zurücknähme.«
»Ja,« fiel Klein-Vater ein, ohne auf die Rede Des Nachbars geradezu zu antworten, wer bezahlt denn aber die Kosten bei dem Handel?«
»Ah, da drückt Euch der Schuh?«
»Es ist das immer eine Sache von fünfunddreißig bis vierzig Francs.«
»Nun, dass wird sich auch machen lassen. Ihr habt gestern bei dem Herrn Notar Niguet einen Kontrakt machen lassen; ausgefertigt ist er noch nicht; es kann also mein Name statt des Eurigen hineingesetzt und beigefügt werden, dass ich Euch dies Stück Feld da überlasse. Die Kosten teilen wir dann, wie es sich gebührt.«
»Hm! hm!« brummte Vater Kleine und schielte nach dem Felde, das ihm als Tausch angeboten wurde, gleichsam als wolle er zusehen, wie es sich ausnehmen werde, wenn es dem seinigen beigefügt sei. »Hm! Hm!«
»Nun?«
»Wenn nun aber,« antwortete Vater Kleine, »zwischen hier und der Zeit, wo Du mir deinen Ochsen da übergeben sollst, das Tier stirbt?«
»Wenn e stirbt? Ist das wahrscheinlich?«
»Möglich ist's. Im Kalender steht, im nächsten Jahre käme eine Seuche unter das Rindvieh.«
»Ja, Klein-Vater, vorsichtig seid Ihr, das muss wahr sein.«
»Es liegt in meinem Charakter.«
»Nun,« antwortete Nachbar Mathieu, »der Ochse ist 180 Francs wert, habe ich gesagt. Wenn er stirbt, gebe ich Euch so viel Geld. Habt Ihr nun noch etwas zu bemerken?«
»Hast Du nicht vielleicht eine alte Pflugschar, die Du nicht mehr braucht, he?«
»Die ließe sich wohl finden.«
»Und noch etwas. Könntest Du mir deinen kleinen Ochsen nicht zum Eggen borgen, wenn Du ihn nicht gerade selbst brauchst?«
»Ihr sollt ihn haben.«
»Mehr verlange ich nicht. Ich mache bei Geschäften nie viele Umstände. Topp!« sagte er und reichte dem Nachbar Mathieu die Hand.
»Topp!« entgegnete dieser, indem er einschlug.
»Abgemacht!« setzte Vater Kleine hinzu. »Wenn ich einmal mein Wort gegeben habe, nehme ich es nicht zurück.«
»Das glaube ich wohl,« antwortete Nachbar Mathieu mit schlauem Blick.
Madelaine aber dankte ihm mit einem Blick, denn sie hatte wohl erkannt, dass er alles ihretwegen getan.
Von diesem Augenblicke an brauchte Madelaine nicht mehr zu graben und zu eggen und konnte sich ganz dem Hause und ihrem Kinde widmen.
Vater Kleine aber war nun wirklich Haus- und Gutsbesitzer, denn er hatte sein Häuschen mit dem Stalle, er hatte Feld, einen Esel und einen Ochsen, eine Egge und einen Pflug. Das Feld war fruchtbar und Vater Kleine ging so stolz umher wie ein großer Gutsbesitzer. Einige Ursache dazu hatte er auch, denn fast jedes Jahr kaufte er noch Feld an, bis er endlich acht Morgen besaß.
Dieses Feld liebte er über alles, mehr als er seine Frau geliebt hatte, mehr als er seine Schwiegertochter liebte — da er Madelaine ja dem Felde fast aufgeopfert hätte — und doch liebt er Madelainen sehr.
Alle Lage war er auf seinem Felde, denn das Feld ist dankbar; je mehr man sich mit ihm beschäftigt, um so reichlicher trägt es; alle Lage war er da, von früh bis zum Abend, in der Nacht wenigstens in Gedanken, denn er träumte davon, er sah mit geschlossenen Augen, wo die schönsten Ähren waren, wo der Klee am dichtesten stand. Bemerkte er im Winter einen übersehenen Stein, ein Büschel Unkraut, so nahm er sich vor: morgen will ich den Stein und das Unkraut fortschaffen. Und so ging es alle Tage, alle Nächte.
Kam der Sonntag, auf den die armen Arbeiter in den Städten so sehnlich warten, der Tag, an welchem selbst Gott, die Quelle aller Kraft wie aller Güte, ausruhte, damit die Menschen einen Ruhetag hätten, so sagte Vater Kleine Abende nach dem Essen:
»Na, Madelaine, morgen will ich einmal recht ausruhen.«
»Daran tut Ihr wohl, Vater, antwortete Madelaine lächelnd.
Der andere Tag, der Sonntag kam, die Glocken läuteten und sprachen: Heute ist der Ruhetag, der Tag Gottes, der Tag des Herrn. Freut Euch, Ihr Armen und Vernachlässigten, vergesst die Mühsal, die Ihr gestern gehabt habt, vergesst die, welche Ihr morgen haben werdet; legt Eure besten Kleider an und ruht aus zwischen der verrichteten und der kommenden Arbeit.«
Während Madelaine auf den Glockenruf mit dem Gebetbuche in der Hand in die Kirche ging, in welcher ihr Sohn bei der Messe diente, zog der Vater Kleine allerdings seinen besten Rock, den braunen, den Traurock an, die kurzen Hosen und die blauwollenen Strümpfe im Sommer, die grauen wollenen im Winter. Dann stand er einige Augenblicke auf der Schwelle seines Hauses, als sei er unentschlossen, was er tue. Viele, die vorübergingen, redeten ihn an und sagten:
»Vater Kleine, wollt Ihr mit Regel schieben? Wollen wir einen Schoppen trinken?«
Aber auf alle solche verführerische Aufforderungen antwortete er