Julia Schmitz

Arthrosefrei für immer


Скачать книгу

      Seit frühester Kindheit betreibe ich leidenschaftlich Sport. Ich fahre viel Fahrrad, gehe schwimmen und seit vielen Jahrzehnten betreibe ich verschiedene asiatische Kampfkünste, wie Kung-Fu, Jiu Jitsu und seit 15 Jahren traditionelles Karate, genauer gesagt Shito Ryu Karate - eine Kampfkunst aus Okinawa, bei welcher der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund steht (kein Sportkarate) und die äußerst gelenkschonend ist.

      Auf Okinawa wird übrigens Shito-Ryu Karate als Volkssport betrieben wie hier bei uns Fußball. Nirgendwo erreichen Menschen ein so hohes Alter wie auf der Insel Okinawa und dort betreiben die Menschen diesen Sport bis ins hohe Alter, was ich an dieser Sportart äußerst sympathisch finde.

      Da ich mich regelmäßig bewege, hatte ich bislang auch noch nie mit meinem Gewicht ein Problem. Dennoch bekam ich im Alter von 45 Jahren nach und nach immer mehr Schmerzen in den Knie beim ganz normalen Gehen. Zudem fühlten sich meine Knie irgendwie dick an, wenn ich morgens aufstand.

      Ich ignorierte das allerdings erstmal, da es sich meist nach kürzester Zeit legte. Und ich ging weiter meinen Sport nach, so gut es eben ging.

      Bis ich dann während eines Trainings versehentlich mit meinem Knie auf das Knie meines Trainingspartners stieß. Nicht allzu heftig, etwa so, wie wenn man sich an einen Tisch anstößt. Ich fiel zu Boden, stand aber sofort wieder auf und trainierte munter weiter, da ich mir nichts dabei dachte. Aber innerhalb einer Stunde wurde mein Knie dicker und dicker, sodass ich es gerade so mit dem Fahrrad nach Hause schaffte.

      Am kommenden Tag suchte ich einen Orthopäden auf, der aber auch nicht viel mehr machte, als das Knie zu röntgen und mir eine Salbe zu verschreiben. Zudem wurde ein MRT angefertigt, dass heißt eine Computeraufnahme meines Knieinneren.

      Die Diagnose: fortgeschrittene Arthrose und eingerissener Innenmeniskus

      Der Orthopäde wollte mit mir direkt einen OP-Termin vereinbaren. Sicherheitshalber holte ich aber noch die Meinungen zweier weiterer Ärzte ein. Aber die einhellige Meinung der Ärzte zur Arthrose war, man könne nichts dagegen machen - dies sei ein ganz normaler Verschleißprozess, den man nicht stoppen kann. Knorpelmasse können sich nicht mehr nachbilden, wenn sie erstmal weg ist. Außerdem sei dies nur ein kleiner Eingriff, eine Standard Arthroskopie, die man ambulant durchführen könne.

      Und so stimmte ich der Operation zu. Mit Krücken, sprich Gehhilfen ausgerüstet ging es dann zur OP. Ein Freund brachte mich zurück und ich konnte noch am gleichen Tag fast schmerzfrei die Treppen hoch laufen. Doch am nächsten Tag schwoll mein Knie ziemlich an. Ich besuchte erneut die Praxis, der Orthopäde entnahm mir in seinem Sprechstundenzimmer fast einen ganzen Liter Flüssigkeit aus meinem Knie und schickte mich wieder nach Hause.

      Doch zuhause angekommen, wurde mein Knie schon wieder dick. Zuerst dachte ich, dass dies vielleicht normal sei nach so einem Eingriff und legte mich ins Bett in der Hoffnung, dass es schon alles wieder gut werden würde. Zwei Tage später hatte mein Knie etwa den 3-fachen Durchmesser, ich bekam hohes Fieber und ich konnte mein Bein fast überhaupt nicht mehr bewegen. Das Bein war inzwischen völlig steif, ich hatte wahnsinnige Schmerzen und war bewegungsunfähig.

      Ich schaffte es kaum noch auf die Toilette und robbte auf allen Vieren zum Telefon. Bei der Telefonnummer, die man mir für einen Notfall mitgegeben hatte, meldete sich eine Krankenschwester, die den Notarzt alarmierte. Und so wurde ich aus meiner Berliner Altbauwohnung im 5. Stock auf einer Trage nach unten transportiert und ins nächste Krankenhaus gebracht.

      Dort wurde ich dem Chefarzt vorgeführt - umgeben von einer Traube an Studenten. Er sagte was von, man müsse eine "Punktion" machen. Das klang in meinen Ohren erstmal recht harmlos und ich ahnte nichts Schlimmes. Bis ich dann in einen Nebenraum geschoben wurde, der Chefarzt mit einer 30 cm langen Metall-Kanüle herumfuchtelte und sie mir stolz vor versammelter Mannschaft und ohne Betäubung in mein schmerzendes Knie rammte. Es wurden Proben von der Flüssigkeit angefertigt und analysiert.

      Diagnose: bakterielle Knieentzündung

      Nun kannte ich bislang Bakterien als an sich nicht allzu problematisch - man nimmt ein Antibiotikum und nach kurzer Zeit hat sich das Problem erledigt. Leider ist dies in einem Kniegelenk etwas völlig anderes. Diese Biester fressen sich in Windeseile durch das Gelenk und durch die Knochen, sodass man sofort operieren muss, damit sie sich nicht weiter ausbreiten. Der Chefarzt teilte mir freundlich mit, ich müsse sofort erneut operiert werden - da mir sonst nur noch eine Beinamputation das Leben retten kann.

      Ich wurde an einen Tropf mit einer morphiumähnlichen Substanz gehängt und am nächsten Tag ging es los mit der nächsten Knieoperation: den ganzen Tag nichts essen, nichts trinken und das im Hochsommer, Fußball WM in Deutschland. Die Prozedur wiederholte sich dann noch zwei weitere Male im Abstand von 2 Tagen.

      Alle drei Operationen am Kniegelenk wurden in Vollnarkose durchgeführt jeweils spät in der Nacht als letzter Patient des Tages aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr. Bei diesen Operationen wurde das Knie mit einer desinfizierenden Flüssigkeit von jeweils ca. 10 Litern durchgespült, wie man mir sagte.

      Weder tags noch nachts war an Schlafen zu denken - ich dämmerte eher so vor mich hin. Ich konnte mich nicht bewegen, hing alle paar Stunden am Tropf und verschlang Unmengen an Schmerzmitteln sowohl in Tablettenform als auch direkt ins Blut über die Vene.

      Durch die vielen Tabletten und Antibiotika ging es auch recht schnell mit meiner Verdauung bergab. Meine ganze Darmflora war inzwischen geschädigt und an normale Nahrungsaufnahme war nicht zu denken. Meine langjährig aufgebauten Muskeln waren binnen kurzer Zeit nur noch wie schlaffe Säcke.

      Im Krankenhaus erhielt ich wenige Tage später noch die Unterweisung eines Krankenpflegers, wie man sich auf Krücken fortbewegt, einige krankengymnastischen Übungen mit einem Teraband und eine Einweisung in ein Elektrogerät, was mir verschrieben wurde, um mit Elektrostößen wieder Muskulatur zu aufzubauen, was mir äußerst unangenehm war und sehr dubios erschien, da ich Muskelaufbau nur auf "normalem Wege" kannte.

      Auf Krücken ging's dann jedenfalls zurück nach Hause. Ich konnte erst gar nicht glauben, wie schnell es gehen kann, gesundheitlich dermaßen abzubauen. Ich war völlig ausgewechselt. Drei Wochen zuvor hatte ich noch ein normales Leben geführt hatte, halbwegs gesund und kräftig, konnte mich selbständig versorgen. Und binnen kürzester Zeit fiel alles wie ein Kartenhaus in sich zusammen.

      Mein ganzes Leben war plötzlich nur noch ein einziger Scherbenhaufen. Meinen Job als Tagesmutter, bei dem ich täglich 2 Kinder von Kinderladen und Schule abgeholt hatte, konnte ich nicht weiter ausüben. An Sport war nicht zu denken. Mein einziger Wunsch war, nur irgendwann überhaupt wieder normal laufen zu können.

      So sah mein Knie aus - 3 Monate nach der OP. Damals hätte ich nicht geglaubt, dass ich je wieder Karate machen kann.

      Ich fühlte mich plötzlich so richtig alt und gebrechlich und ausgeschlossen vom normalen sozialen Leben. Hinzu kamen stärkere Kopfschmerzen und Übelkeit als wie ich sie vorher schon hatte. Durch die vielen Vollnarkosen war mein Gehirn wie benebelt, sodass ich mich kaum konzentrieren konnte. Ich bekam das erste Mal in meinem Leben Depressionen und war mit den Nerven fertig.

      Ich verbrachte anschließend mehrere Monate in verschiedenen Rehabilitationskliniken und lernte Schritt für Schritt wieder laufen. Und ich machte brav mit, was man mir die Ärzte anordneten und verschrieben.

      In der Reha lernte ich dann unglaublich viele Patienten kennen, die ein ähnliches Schicksal hatten wie ich. Ich war also nicht nur die berühmte traurige Ausnahme - wie ich zuerst dachte.

      Insbesondere was bakteriellen Entzündungen anbelangt, habe ich sehr viel Schlimmes gesehen - auch bei Jüngeren. Eine 23-jährige junge Frau war wegen einer Bagatelle am Sprunggelenk drei Mal operiert worden. Bei jeder der Operationen wurde sie mit Bakterien infiziert. Man hatte sie schon aufgegeben und wollte ihren Fuß amputieren. Zum Glück hatte sie in der Schweiz ein „fähiges“ Orthopäden-Team gefunden, die ihren Fuß retten konnten. Aber nicht nur die vielen Menschen, die mit Bakterien infiziert wurden, waren schockierend.

      Auch und gerade die vielen Menschen, die mit