ei. Die fremde Form annehmen: m. Und wir haben ein Wort, »Leim«, das ganz besonders in der deutschen Sprache charakteristisch ist, abgesehen von allen Nebenableitungen und so weiter. Daß sich diese überhaupt bilden, daß das im Geheimnis des wirkenden, werdenden Sprachgenius drinliegen kann, darauf beruht eben gerade dieses Leben des Sprachgenius. Es geschieht zuweilen, daß auch, wenn in irgendeiner Sprache irgendein Wort schon undeutlich da ist, es dann umgestaltet wird in einer Sprache, die später ausgebildet wird, aber angeähnelt wiederum dem ursprünglichen Empfinden, wenn bei dem empfangenden Volke dieses ursprüngliche Empfinden da ist. Das Sprache-Verstehen ist eben durchaus viel komplizierter, als man gewöhnlich denkt. Heute macht man ja etwas Entsetzliches in Bezug auf die Sprachen, etwas ganz Fürchterliches. Für das äußere Leben, das heute auf Konvention und Oberflächlichkeit beruht – nun, da taugt es gerade; aber auf die menschliche Seele wirkt es riesig verheerend zurück. Man kann gar nicht sagen wie verheerend. Man nimmt irgendetwas, sagen wir zum Beispiel ein Buch oder ein Gedicht in irgendeiner Sprache, und will das in einer andern Sprache zum Ausdruck bringen. Da schaut man nach im Wörterbuch oder in seinem Gedächtnis, was das Wort in der entsprechenden Sprache bedeutet. Und dann nimmt man es herüber und sagt, man hat es übersetzt. Man hat eigentlich wirklich dasjenige, was da in Betracht kommt, richtig übersetzt, nämlich man ist darüber hinweggelaufen eigentlich. Es ist diese Art, so von einer Sprache in die andere hinüberzugehen, eben eigentlich das Entsetzlichste, was passieren kann. Denn betrachten Sie diese Sache einmal von folgenden Gesichtspunkten aus. Wenn wir sagen, es ist eine Ursprache möglich – die dann für alle gleich sein muß, sie war auch einmal da – , woher kommen denn die vielen Sprachen? Woher kommt es denn, daß, wenn wir ein deutsches Wort nehmen, zum Beispiel »Kopf«, und wir würden es ins Italienische übersetzen, wir dann »testa« sagen müßten? Also wir haben das deutsche Wort Kopf, das italienische Wort testa. Wenn die Dinge so durchempfunden sind, wie kommt es denn, daß der Italiener plötzlich die ganz verschiedenen Laute testa empfindet, wenn der Deutsche Kopf empfindet? Übersetzungsgemäß soll es doch dasselbe bedeuten. Wenn Kopf irgendwie wirklich empfunden ist, so müßte ein Italiener und sogar der Chinese auch Kopf sagen. Woher kommt es denn, daß diese verschiedenen Sprachen da sind? Nun werde ich Ihnen etwas sagen, worüber Sie sich vielleicht kugeln möchten vor Lachen, aber es ist doch wahr. Zu demselben, meine lieben Freunde, zu dem der Deutsche Kopf sagt, würde der Italiener auch Kopf sagen, wenn er es überhaupt benennen würde. Aber er benennt es niemals. Das liegt außerhalb seines Gesichtskreises. Dasjenige, was wir im Deutschen als den Kopf bezeichnen, jedenfalls so benennen, das kommt für den Italiener nicht vor in seinem Sprachschatz. Würde es vorkommen, so würde er geradeso wie der Deutsche sagen Kopf. Was meint denn der Deutsche, wenn er sagt Kopf? Meine lieben Freunde, wenn der Deutsche sagt Kopf, dann meint er die Form, die runde Form. Es ist in dem Worte Kopf richtig durchempfunden die runde Form. Wir werden dann, wenn wir das k und alles beisammen haben, was wir brauchen, darauf schon aufmerksam machen können. Er meint also die runde Form. Versuchen Sie einmal zu sehen, wenn das Wort Kopf eurythmisiert wird, wie das Runden in der Mitte sein wird (Ausführung). Da haben Sie das Runden in der Mitte drinnen. Der Deutsche bezeichnet die auf dem Körper auf-sitzende Rundung als Kopf. Würde der Italiener die auf dem Körper aufsitzende Rundung empfinden, so würde er auch Kopf sagen, nicht testa. Was empfindet aber der Italiener? Der Italiener empfindet gar nicht die Rundung, sondern er empfindet dasjenige, was wir aussagen, was etwas testiert, dasselbe, was im Worte Testament liegt; also was etwas testiert, aussagt, bekräftigt, das empfindet er, da sagt er testa. Er meint etwas ganz anderes. Es schaut nur so aus, als ob es dasselbe wäre – testa und Kopf; in Wahrheit ist es grundverschieden. Das eine Mal wird das, was da oben auf dem Körper sitzt, in seiner Form im Deutschen ausgedrückt. Und will man es ganz deutlich machen, mit einer manchmal verächtlichen Bedeutung, so kann man die runde Form noch besonders andeuten und kann sagen: Kohlkopf. Dann weiß man schon, daß die Rundung gemeint ist, nicht wahr. Aber dasjenige, was da auf dem Körper droben sitzt, das empfindet der Italiener nicht als das Runde, sondern er empfindet dasjenige, was behauptet, was etwas aussagt, was etwas feststellt. Da sagt er testa. Das wird in diesem Worte empfunden. Und so ist es überall, wo wir übersetzen. Wir übersetzen ganz ohne Bewußtsein davon, daß wir erst hinübergleiten müssen zu dem Sinn, den man treffen will in der andern Sprache. Denken Sie nur, wie äußerlich es ist, wenn man einfach lexikographisch übersetzt! Man geht über das Wesentliche gerade hinweg. Man hat kein Bewußtsein davon. Wollen wir noch das m hinzufügen, jenen Laut, der in so großartiger Weise schließt das heilige Wort Indiens: »aum«; m' dasjenige, was alles versteht, was so hinübergeht im Atem, daß es sich allem anschmiegt und alles versteht. m, das ist noch tief empfunden. Sehen Sie, wenn mein Dorfschullehrer ausdrücken wollte, daß ich etwas richtig gesagt habe, da sagte er: Mhn, er hat’s verstanden, es stimmt –; das hn ist nur die Freude darüber. Das m ist also das Ausdrücken dessen: Es steht im Einklang, es stimmt. Es schmiegt sich an, es stimmt, wie das m am Ende des Wortes Leim. Wir werden nun in diesen Beispielen zunächst schon gesehen haben, wie eigentlich in jedem Laute ein ganzes Leben drinnen liegt. Und man kann schon empfinden, wenn man Laute sprechen würde, so würde zwar das, was man so ausdrückt, statt mit unseren Worten, primitiver und einfacher sein, aber es würde zu gleicher Zeit eine viel größere Intimität mit den Dingen und mit sich selbst darstellen. So müssen Sie eben einfach die Laute empfinden, wenn Sie sich hineinfinden wollen in das Eurythmisieren, denn das Eurythmisieren ist in gewissem Sinne ein Bilden von Gebärde und Geste, aber nicht von vorübergehenden, willkürlichen Gebärden, sondern von den kosmischen, bedeutungsvollen Gebärden, von denjenigen, die nicht anders sein können, die keiner Willkür der menschlichen Seele entstammen. Ich werde nun morgen noch die andern Laute charakterisieren, die heute nicht charakterisiert worden sind, und dann wollen wir allmählich den Übergang finden zu der Charakteristik der Formen, die wir in der Eurythmie gebrauchen und die wirklich nun gebärdenhaft ganz genau dasselbe ausdrücken in ihrem Wesen, was die Laute selber in die Luft hineinblasen, in die Luft hineingestalten.
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