Rudolf Steiner

Eurythmie als sichtbare Sprache


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d. Das e ist ein Laut, der immer eigentlich die Menschen außerordentlich interessiert hat. Ich sagte schon gestern, e ist der Laut, der eigentlich darauf hinweist: Etwas hat einem was getan, und man hat sich dagegen aufrechterhalten. e: Man läßt sich nicht anfechten durch etwas, was einem geschieht. Wir können hier einfügen dasjenige, was der Laut t bedeutet – Tao, t. Sie wissen vielleicht, daß man dem Tao, t, eine tiefe Ehrfurcht entgegenbringt, wenn man versteht, was darinnen lebt. Dieses Tao, t, ist eigentlich das, unter dem man sich vorzustellen hat, daß es darstellt das Gewichtige, sogar das Schöpferische, dasjenige, was auch deutend strahlt, aber im besonderen vom Himmel auf die Erde strahlt. Es ist das wichtige Strahlen. Sagen wir also, dieses t: Bedeutsam von oben nach unten strahlen. Nun aber kann natürlich etwas, was als etwas Majestätisch-Großes in gewissem Zusammenhang empfunden wird, auch im gewöhnlichen Leben auftreten. Nehmen wir diese drei Laute. e, wie wir es kennengelernt haben, würde also darstellen: Es hat mir etwas getan, aber ich behaupte mich dagegen –; es ist dieses Erlebnis. Das t, Tao: Es hat eingeschlagen. – Wollen wir ausdrücken, was dem Erlebnis gemäß ist: Irgendetwas hat mich berührt, ich behaupte mich dagegen: e. Es ist ein Ereignis, das eingeschlagen hat, aber es geht vorüber. Es geht vorüber, das Wegblasende: sch Wir bekommen die Lautzusammenstellung »etsch«. Wann sagen Sie »etsch«? Nun, wir sagen es zum Beispiel, wenn einer irgendetwas Gewichtiges sagen will, das aber falsch ist, und Sie kommen gleich darauf: es ist falsch. Wenn Sie es also rasch wegblasen können, wenn es Sie berührt, wenn er wie ein Blitz gewichtig einschlagen will, aber Sie zersplittern es ihm, Sie werden es wegblasen: »etsch.« Da haben Sie diesen Lautzusammenhang. Darinnen können Sie fühlen das e, das Berührtwerden. Man könnte sich nicht vorstellen, daß man »itsch« oder »atsch« in solchem Fall sagt, sondern man muß es einfach selbstverständlich, wenn das Erlebnis so vorliegt, daß man das, wovon man berührt ist, wieder wegblasen kann, man muß es halt als »etsch« haben. Nun werden Sie dann in der Art, wie wir das e gestalten, eurythmisch eben völlig empfinden, was in manchen Gegenden noch dazu gemacht wird. Es wird aus der Gebärde heraus das eurythmische e geformt: »etsch, etsch«(mit der entsprechenden Gebärde). Da eurythmisiert man schon das e drinnen. Das sind solche natürlichen, selbst-verständlichen Empfindungen. Also wir haben im e das Berührtwerden und SichAufrechterhalten, sich erhalten in der Berührung. Natürlich, wenn man die Dinge beschreibt, so nimmt es sich immer ein bißchen ungeschickt aus, aber man muß es eben empfinden. F: das ist vielleicht schwer zu empfinden in dem heutigen, sprachlich so verschrumpelten Leben. Aber es kann einem dann etwas zu Hilfe kommen, eine Redensart, die Sie alle kennen, die ziemlich allgemein gebraucht wird. Man sagt nämlich, wenn einer über etwas Bescheid weiß: Er kennt die Sache aus dem ff. – Es ist eine außerordentlich interessante Empfindung, dieses: Einer kennt die Sache aus dem ff. – Wenn man das, was man heute auf der Straße findet: Einer kennt die Sache aus dem if –, vergleicht – ich sagte, ich werde alles gebrauchen, was sich nur herbeitragen läßt, damit die Laute Empfindung werden können, wo es auch immer gelehrt oder ungelehrt herbeigeholt werden kann, meistens aber ungelehrt selbstverständlich –, wenn man das, was man also auf der Straße findet: Er kennt die Sache aus dem if –, vergleicht mit dem, was über das f in alten Mysterien gesagt worden ist, dann stellt sich etwas ganz Merkwürdiges heraus. In alten Mysterien, wo lebendig war: »Im Urbeginn war das Wort und das Wort war bei Gott...«, wo also das lebendig war, was ich Ihnen gestern auseinandergesetzt habe, wo man wirklich das Schöpferische des Wortes, des Logos empfand – denn Logos ist nicht zu übersetzen mit Weisheit, mit dem manche Moderne ihr Unverständnis für die alten Sachen zeigen möchten, Logos ist schon zu übersetzen mit Verbum, Wort, nur muß man es dann, das Wort, so nehmen, wie wir es gestern auseinandergesetzt haben –, nun, wenn über das f gesprochen worden ist, da sagte man etwa das Folgende in alten Mysterien, namentlich in den vorderasiatischen, afrikanischen, südasiatischen Mysterien. Man sagte, wenn jemand das f spricht, stößt er den ganzen Atem aus; der Atem aber ist dasjenige, wodurch die Gottheiten den Menschen geschaffen haben, was also die ganze menschliche Weisheit im Winde enthält, in der Luft enthält, im Windhauch enthält. Sodaß der Inder alles dasjenige, was er etwa lernen konnte, indem er in der Yogaphilosophie den Atem beherrschen lernte, dadurch sich mit innerer Weisheit füllte, dann fühlte, wenn er das f ausstieß. Und im älteren indischen Yogaüben empfand man das auch so; man machte seine Yogaübungen, deren Technik darinnen bestand, daß man innerlich fühlte die Organisation des Menschen, die Fülle der Weisheit. Und im Aussprechen des f fühlte man, wie einem die Weisheit im Worte bewußt wurde. f kann daher nur dann richtig empfunden werden, wenn man auch noch nachfühlt, wie eine gewisse Formel, die wenig bekanntgeworden ist in der Welt, die aber vorhanden war, wie eine gewisse Formel in den ägyptischen Mysterien lautete: Willst du anzeigen, was die Isis ist, die da weiß das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige, die niemals ganz enthüllt werden kann, so mußt du es in dem Laute f tun. Das Sich-Erfüllen mit der Isis in der Technik des Atems, das Erleben der Isis im ausgehauchten Atmungsvorgang ist im f. Sodaß eigentlich f nicht ganz genau, aber annähernd gefühlt werden kann als: Ich weiß. – Aber es ist mehr drinnen als das: Ich weiß. – »Ich weiß »ist noch ärmlich, wenn man das f empfindet. Es wurde daher am frühesten verloren die f-Empfindung. Es läßt sich eigentlich fühlen als: Wisse du – der andere, zu dem man spricht; f sage ich zu ihm, um ihn aufmerksam zu machen, daß ich ihn belehren kann –, wisse, daß ich weiß. Ich werde es daher als natürlich empfinden, durchaus als natürlich empfinden, wenn jemand, der einen belehren will, auf ihn losgeht und in irgendeiner Form f haucht. Es ließen sich nun interessante Worte studieren – doch das kann ich Ihnen selber überlassen –, in denen das f in irgendeinem Zusammenhang vorkommt. Sie werden schon erinnert werden an dasjenige, was ich Ihnen jetzt als eine intime Empfindung über das f gesagt habe. Über das h habe ich vorhin gesprochen; es ist das Heranwehende. Und nun i; i ist leicht zu empfinden als die Selbstbehauptung, als die feste Selbstbehauptung. In der deutschen Sprache gibt es ein sehr glückliches Wort, das ist das Wort der Bejahung: Ja – wo allerdings in Konsonantisches umgedeutet das i da ist und nachher das Erstaunen folgt, die Verwunderung. Man kann die Bejahung nicht besser ausdrücken als durch die Selbstbehauptung der Verwunderung. Wir haben gestern gesagt, die Verwunderung ist eigentlich der Mensch. Wenn wir die Selbstbehauptung noch hinzufügen: Ja-, so haben wir die deutliche Bejahung. i ist also die Selbstbehauptung. Wir werden sehen, was das für die eurythmische Darstellung für eine Bedeutung hat, daß i immer eine sich verteidigende Selbstbehauptung darstellt. Ein merkwürdiger Laut ist das l – da ist das e dabei –, der bloße Laut l. Denken Sie nur einmal, was Sie da alles tun, wenn Sie ein l lauten lassen. Denken Sie an Ihre Zunge, wenn Sie ein l lauten lassen. Sie gebrauchen Ihre Zunge in einer sehr kunstvollen Weise, wenn Sie ein l lauten lassen: l-l-l. Sie fühlen das Schöpferische, das Formende, indem Sie ein l lauten lassen. Man könnte sagen, wenn man nicht besonders stark hungrig ist, und man spricht ein laus, recht lang und recht deutlich, das könnte einen fast satt machen. So empfindet man das l als etwas Reales, wie wenn man einen Kloß essen würde, der besonders schmackhaft ist und den man, weil er nicht hart ist, sondern weich ist, an der Zunge leicht zerschmelzen läßt in innerem Wohlgefallen. Dieses Erlebnis kann man so haben im deutlichen Aussprechen des l-l-l. Es ist etwas Schöpferisches dadrinnen, etwas Gestaltendes. Und der Plastiker, der Bildhauer, der wird leicht versucht werden, ohne das l anlauten zu lassen, zu probieren die Formen, die er schafft, mit einer Bewegung der Zunge, weil die besonders empfindlich ist – mit der Bewegung der Zunge, die ähnlich ist den Bewegungen, die die Zunge macht bei dem l-Lautieren. Wenn einer eine Nase mit der Zunge empfinden kann, wobei stark das Formen des l drinnensteckt, dann ist er ganz gewiß ein guter Plastiker für das Gestalten der Nase. In den alten Mysterien hat man gesagt: Das l ist das in allen Dingen und Wesen Schöpferische, Gestaltende, die die Materie überwindende Formkraft. Sie werden leicht begreifen, daß ei, der Doppelvokal, so etwas wie ein liebevolles Anschmiegen bedeutet. In der Behandlung des Kindes gebraucht man diesen Laut ei-ei: liebevolles Anschmiegen. Wir werden gleich nachher noch das m besprechen, werden sehen, daß das m etwas hat, was auf alles eingeht, die Form von allem an-nimmt. Nehmen wir jetzt einmal an – es ist auch das keine Spielerei, sondern ist wirklich aus einer weit, weiten Geschichte hergeholt, was ich Ihnen jetzt sagen werde –, nehmen wir an, wir hätten eine Substanz, von welcher wir voraussetzten, sie soll Materie in Form umgestalten. Setzen wir die Geschichte einmal zusammen. Also von dieser Substanz fordern wir zuerst, sie soll Materie in Form umgestalten. Das soll ihr eigenes Wesen sein. Sie soll Materie in Form umgestalten, aber sie soll das so tun, daß sie sich liebevoll anschmiegt an etwas anderes, wie wenn man