Denise Remisberger

Das vermehrte Ölfässchen


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      «Machen wir, dass wir reinkommen», meinte Hunki mit den langgezogenen Silben eines Zugedröhnten, «hier draussen ist es saukalt.»

      «Dass du das in deinem Zustand überhaupt noch merkst», rümpfte Klara die Nase.

      «Ich merke alles», posaunte Hunki und fiel prompt über seine eigenen Füsse. «Oh Mann», stöhnte er und liess sich wieder aufhelfen.

      «Hast du dich verletzt?», wollte Klara wissen.

      «Nein, nein, es geht schon.»

      Drinnen, im Parterre des mehrstöckigen Lokals, fand gerade ein Konzert statt.

      «Tönt wie Isabelle Boulay», meinte Sabine.

      «Und ist sie es auch?», fragte Sebastienne.

      «Ich weiss nicht. Der Kellner, den ich nach einem Ort zum Ausgehen gefragt habe, hat mir nur die Lokalität empfohlen. Das aktuelle Programm kannte er nicht. Ist ja auch egal. Hauptsache, wir sind hier.»

      An der bemalten langen Bar holten sie sich fünf Pernods, um sich damit um eine der breiten Säulen zu drapieren. Die kleinen Tische waren leider alle besetzt.

      «Da ist Chrüter», zeigte Sebastian auf den Beschatteten.

      «Was ist, wenn Hunki einer der im Hotel gebliebenen Frauen den Auftrag zum Dealen gegeben hat? Vielleicht hätte ich dort bleiben sollen», warf Roszalia eine Hypothese in den Raum.

      «Wem denn?» Die Einzige, der er das zutrauen würde, die Schicke, war anwesend. «Vielleicht den beiden Rentnerinnen?», zweifelte Sebastian.

      «Ja, früher, als die noch klein waren, war schmuggeln und auf dem Schwarzmarkt handeln noch ein Kavaliersdelikt.»

      «Ja, die damals noch jungen Damen und ihre Mütter und Tanten wollten halt ihren Kaffee haben. Und die Kaffeesteuer in der Nachkriegszeit war nicht ohne.»

      «Von Belgien nach Deutschland über die Schweiz nach Italien.»

      «Mein Grossvater war damals Buchhalter und da meine Grosseltern auf dem Land lebten, besassen sie auch Hühner, eine Ziege, zwei Obstbäume und einen grossen Gemüsegarten. Den Rest kaufte meine Grossmutter im Dorfladen. Nur, dort gab es keine Luxusgüter. Und nachher kam die Hochkonjunktur. Das waren sicher tolle Zeiten, nicht wie heute mit den vielen Arbeitslosen.»

      «Ja, wir können froh sein, dass wir Abteilungsleiter Kluss bei Fuss gehorchen dürfen», meinte Roszalia trocken.

      «Hier sind wir fern der Heimat. Hier können wir ein bisschen sanfter durchgreifen, sofern das unter uns bleibt.»

      «Klar. Ich kann lügen wie gedruckt. Keine Sorge», grinste Roszalia und warf ihr Haar nach hinten, direkt ins Gesicht eines hübschen jungen Franzosen, der sie anlächelte.

      Nach dem Konzert gab es Disko kunterbunt, von Pulp zu Placebo, von Runrig zu Beth Rowley. Die fünf Beobachteten tanzten unbekümmert, Roszalia alberte mit dem jungen Franzosen herum und Sebastian lehnte missmutig an einer Säule. Irgendwann in den frühen Morgenstunden brachen sie auf, Sabine hauptsächlich nüchtern am Steuer, die anderen vier sturzbetrunken, Sebastian mit Roszalia hinterdrein.

      «Was wolltest du bloss von dem?», schimpfte Sebastian über die französische Konkurrenz.

      «Bastilein, es ist vier Uhr morgens.»

      «Zum ungeniert Flirten hattest du aber noch genug Kraft.»

      «Darum habe ich jetzt keine mehr», meinte Roszalia noch und war auch schon tief und fest eingeschlafen.

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