Margarita Atzl

Jana und der flitzende Wolkenpilot


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leben immer noch in von den Neusiedlern errichteten Bezirken. Sie haben ihre Heimat verloren und versuchen, sich den Amerikanern, wie die Neusiedler sich nennen, anzupassen. Nur einige von ihnen erzählen ihre Geschichte ausgesuchten Kindern der Welt, damit unsere Kultur nicht vergessen wird und die Natur den Respekt erhält, den sie verdient. Eines dieser Kinder bist du und wir wünschen, dass du dein Wissen an deine Lehrer, an Eltern, an Nachbarn und an Klassenkameraden weitergibst.

      In einigen Teilen Amerikas leben noch Indianer in den für sie ausgesuchten Reservaten. Dort lernen die Nachfahren der alten Stämme, wie die Indianer Kleidung herstellten und Speisen zubereiteten. Die Bewohner verdienen ihr Geld mit Touristen, denen sie ihre Stammestänze vorführen und selbst gefertigten Schmuck verkaufen. Auch durch diese Touristen wird unsere Geschichte auf der Erde verbreitet. Mittlerweile interessieren sich mehr und mehr Menschen für unsere Kultur. Sie respektieren die Tier- und Pflanzenwelt und unterstützen Mutter Erde so gut es geht.

      Aber es ist nicht ausreichend. Unsere Erde ist krank. Nutztiere werden eingesperrt und gequält. Pflanzen werden mit Gift besprüht, das durch die Nahrungsaufnahme in menschliche und tierische Körper gelangt und die gesamte Erdbevölkerung krankmacht. Es ist an der Zeit etwas zu ändern. Und es muss schnell geschehen.

      Bitte hilf uns und verbreite meine Nachricht in Wolkenheim und von dort auf der gesamten Erde.«

      Jana sah den Häuptling lange an. Dann nickte sie. »Ja, ich werde euch helfen. Mutter Erde muss gerettet werden.«

      Mantuka erhob sich und verbeugte sich vor Jana. »Ich danke dir für deine Hilfe. Für mich ist es an der Zeit, meine Schlafhütte aufzusuchen. Euch lade ich ein, gemeinsam mit meiner Familie den Abend am Lagerfeuer zu genießen. Meine Tochter Samira hat Wildreis mit Pilzen vorbereitet. Lasst es euch gut schmecken.«

      Jana sah Mantuka nach, bevor sie sich wieder zu den anderen gesellte. Das Pilzgericht schmeckte wirklich sehr gut und die Freundlichkeit der Inselbewohner wärmte ihr Herz. Ihr Vater berichtete ihr von seinem Leben auf der Paradies-Insel. »Hier scheint immer die Sonne. Die Blumen blühen und die Vögel zwitschern. Es gibt genug Nahrung für alle und keinen Streit. Mir geht es gut und ich bin froh, hier gelandet zu sein. Hier leben meine Ahnen und Urahnen. Auch deine Großmutter ist hier, wenn sie nicht gerade eine Aufgabe zu erfüllen hat. Heute kannst du sie leider nicht sehen, da sie auf einer Nachbarinsel ist, um dort ihren berühmten Apfelkuchen zu backen. Ich soll dich aber herzlich grüßen.« Jana war wie verzaubert. Sie freute sich, dass es ihrem Vater und allen verstorbenen Verwandten und auch Freunden so gut ging.

      »Eigentlich möchte ich für immer hier bleiben,« flüsterte sie Bob ins Ohr. »Aber das geht ja nicht. Immerhin habe ich einen wichtigen Auftrag, den es möglichst bald zu erfüllen gilt.«

      Sie sprang auf, verabschiedete sich von Papa und den Dorfbewohnern, dann zog sie den erstaunten Bob hinter sich her. »Nun komm schon. Es gibt viel zu tun.«

      Zum Abschied erhielt sie von den Inselbewohnern eine wunderschöne Kette aus bunten Steinen, die sie an ihre Zeit auf der Paradies-Insel erinnern sollte. Darüber freute sie sich sehr. Schon wieder hatte sie neue Freunde gefunden. Vor Freude lachte sie laut auf. Dann wanderte sie gemeinsam mit ihrem Piloten zurück zum wartenden Wölkchen. Schnell wie der Blitz machten sie sich auf den Heimweg. Jana kam gerade noch rechtzeitig im Kinderzimmer an. Wenige Minuten später stand ihre Mutter in der Tür, um nach ihr zu sehen.

      Heute waren auch Lea und Sven pünktlich im Haus. Und das hatte auch einen Grund. Nicole und Sven waren bei Nachbarn zum Abendessen eingeladen. Jana bekam den Auftrag, die kleine Schwester ins Bett zu bringen und auf sie zu achten. Zwar hatte sie bisher noch nie auf die Kleine aufgepasst, war sich aber sicher, dass alles gutgehen würde. Sie entschied sich, Lea mit in ihr Bett zu nehmen und ihr die Geschichte der Indianer zu erzählen. Eng aneinander-gekuschelt schliefen die beiden Mädchen ein und Jana freute sich zum ersten Mal darüber, eine kleine Schwester zu haben.

      Alte und neue Freunde

      Der nächste Tag war ein Samstag und die Schule hatte geschlossen. Sven und Nicole hatten beschlossen, gemeinsam mit ihren Kindern einen Ausflug zu machen. Nach dem Frühstück sollte es losgehen und Jana freute sich schon sehr darauf. Geplant war ein Besuch auf dem Wolkenheimer Weihnachtsmarkt. Wie früher, als Papa noch bei ihnen gewesen war, würden sie von Bude zu Bude gehen und die weihnachtliche Stimmung genießen. Jana freute sich auf gebrannte Mandeln und den Duft von Kräuterbonbons. Gemeinsam mit Lea würde sie auf dem alten Karussell mit den weißen Pferden ihre Runden drehen und zum Abschluss einen Kinderpunsch trinken. Gerade wollte Jana ihre warme Wollmütze anziehen, als es stürmisch an der Tür klingelte. »Wer kann das sein?« Nicole sah Sven fragend an. »Keine Ahnung. Vielleicht der Postbote?« Sven schlurfte in seinen kuscheligen Tigerpantoffeln zur Sprechanlage, die neben der Wohnungstür an der Wand befestigt war. Er nahm den Hörer ab und rief laut: » Hallo. Wer steht draußen?« Jana bemerkte Svens Verwirrung, als der Besucher antwortete. »Äh, ich hole Nicole,« war alles, was er noch sagte, bevor er sich auf das weiche Sofa zurückzog.

      Nicole übernahm erstaunt den Hörer und machte einen Luftsprung, als sie hörte, wer draußen vor der Tür stand.

      Geheimnisvoll flüsterte sie Jana zu: »Der Besuch ist für uns beide. Lass dich überraschen.«

      Nun war Jana wirklich gespannt, wer da am frühen Morgen wohl kommen würde. Ihr Herz klopfte stürmisch, als sie den Schritten lauschte, die recht schnell die Treppe nach oben in ihre Wohnung stiegen. Als sie dann die Nachbarn aus Schwarzenbach sah, machte es einen freudigen Sprung. Leonie war da. Nach so langer Zeit hatten sie und ihre Mutter endlich die Zeit gefunden, die alten Freunde in ihrer neuen Wohnung zu besuchen.

      Nicole grinste die beiden an. »Na das ist ja eine Überraschung. Schön euch zu sehen.«

      Leonies Mutter, Irene von Bergstätten, umarmte die alte Freundin. Dann strich sie Jana über die braunen Haare. »Groß bist du geworden. Fast hätte ich dich nicht erkannt.« Jana lächelte. Dann führte sie Leonie, ihre Freundin Leonie, in die Wohnung. Durch die lange Diele am Wohnzimmer vorbei in das kleine Kinderzimmer. Dort setzten sich die beiden Mädchen auf Janas Bett. Sie kuschelten sich aneinander. Es war wie früher. Jana fühlte sich wohl. Es gab so viel zu erzählen.

      Nicole hatte Irene mit in das gemütliche Wohnzimmer genommen. Sie hatte Sven und Lea vorgestellt und einen Tee zur Begrüßung gekocht. Auch die beiden Frauen hatten Einiges zu bereden. Als sie später alle gemeinsam aufbrachen, um den Weihnachtsmarkt zu besuchen, war es schon fast dunkel. Helle und bunte Weihnachtsbeleuchtungen brannten an Fenstern, Türen und Bäumen. Wolkenheim war wirklich festlich geschmückt und auf dem Weihnachtsmarkt herrschte großer Betrieb. Der Kinderchor sang Lieder, das nostalgische Karussell drehte sich im Kreis und das Christkind verteilte an die Kinder kleine Geschenke. Janas Wangen glühten und ihre Augen glänzten vor Freude. Hand in Hand wanderte sie mit Leonie über den Markt. Vor der Bude mit den bunten Thüringer Engelsfiguren blieben sie stehen, um die Pracht zu betrachten. Plötzlich fühlte sie eine kleine Berührung an ihrer Schulter. Hinter ihr stand ihre Klassenkameradin Noelle, die gemeinsam mit ihrem Vater und dem älteren Bruder Patrik auf dem Markt war, um ein Weihnachtsgeschenk für ihre Mutter zu besorgen.

      Noelle lachte sie an. »Hallo Jana. Was machst du denn hier?« Jana sah von Noelle zu Patrik, der seiner Schwester sehr ähnlich sah. Stolz antwortete sie. »Ich zeige meiner Freundin Leonie Wolkenheim. Da darf ja der Weihnachtsmarkt nicht fehlen. Was macht ihr hier?« Patrik grinste die beiden Mädchen an. »Ich bewache Noelle, damit sie beim Einkaufen der Geschenke keinen Blödsinn macht.« Diese Bemerkung brachte ihm eine Kopfnuss seiner Schwester ein, die ihn aber gleichzeitig liebevoll ansah. Noelle gab Leonie zur Begrüßung die Hand. Dann umarmte sie Jana. »Es ist wirklich schön, dich hier zu sehen. Was haltet ihr davon, wenn wir gemeinsam über den Markt schlendern? Dort drüben ist die Bude vom Tierschutzverein. Da gibt es selbstgestrickte Wollsocken und Handschuhe. Habt ihr Lust hinzugehen?« Jana sah Leonie an. Dann Noelle und Patrik. »Ja, warum eigentlich nicht. Lasst uns die bunten Teile ansehen. Vielleicht finde ich noch ein Geschenk für Lea. Eine bunte Mütze kann sie sicher noch brauchen.« Während ihre Eltern am Glühweinstand Eierpunsch tranken, machten die Kinder sich auf, den Weihnachtsmarkt zu erkunden. Unter ihren Stiefeln