Eike Horn

Der Männerclub


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gerne.

      „Aber sich vorher von drei Lkws überholen lassen.“ Ich zeigte ihm einen Vogel.

      „Herr Blumenberg!“

      Es war die Presswurstwichtelente. Man die Stimme klang ja noch schlimmer, wenn Herr Eisig schrie. Charly zuckte zusammen.

      „Sie werden nicht dafür bezahlt, damit sie mit ihrem fetten Arsch das Firmenmobiliar abreißen. Los an die Arbeit!“

      Charly wollte etwas erwidern, doch ich gab ihm mit einem leichten Kopfschütteln zu verstehen, dass er sich zu nichts Dummes hinreißen lassen sollte. Später konnte man immer noch seinen Unmut äußern. Charly begab sich mürrisch zu seinen Platz und erklärte, für mich erneut unverständlich, Benno irgend etwas.

      Eisig begab sich wieder in das Büro. Er wollte die Glastür zu knallen, doch wohl weislich war sie mit einem Softstop versehen worden.

      Mein Blick wanderte des Öfteren von meinem Bildschirm zum Büro. Dort sah ich unseren neuen Chef weiter mit Axel reden, während Brigitte nur stumm da saß.

      Eigentlich herrschte bei uns eine heitere und lockere Atmosphäre, nur heute verging der Arbeitstag monoton. Die Stimmung war nach dem Auftritt von Herrn Eisig im Keller und so hatte keiner auch nur das geringste Bedürfnis länger zu bleiben.

      Um 15 Uhr oder auch etwas später, verließen Herr Eisig, Axel und Brigitte die Firma. Axel vermied es, uns in die Augen zu schauen. Er verabschiedete sich nicht mal. Brigitte hatte Tränen in den Augen. Was wohl in dem Büro besprochen wurde? Herr Eisig würdigte uns nicht eines Blickes. Ein Kotzbrocken wie er im Buche steht.

      Kurze Zeit später hatten auch wir die Firma verlassen und waren auf den Firmenparkplatz. Benno verabschiedete sich schnell von uns. Er wollte zu einer ganz wichtigen Verabredung, wie er uns versicherte. Somit standen Charly und ich nun allein vor unseren Autos und schauten uns ratlos an.

      „Was für ein Mist!“ brach es plötzlich aus Charly heraus. „Da haben wir wirklich Spaß an unserer Arbeit und dann kommt so ein kleiner Wichtigtuer mit Potenzprobleme daher. Dann meint der, den großen Macker zu spielen und das bei der geschätzten Größe eines Flohs.“ Charly zündete sich eine Zigarette an, bevor er weiter sprach. „Warum macht Axel das? Und hast du Brigitte gesehen. Total apathisch. Die verliert bestimmt ihren Job. Der will doch bestimmt irgend jemand haben, der ihm nur bis zur Brust geht.“

      „Ich denke das wird schwer“ merkte ich sarkastisch an. „Die Größe kann doch gar nicht mehr unterboten werden.“ Sollte Brigitte allerdings gekündigt werden, würde der kleine Herr Eisig einen ganz großen Fehler machen, denn Brigitte war ein Organisationstalent. Durch sie versanken wir nie im Terminchaos. Außerdem, wer sollte dann am Empfangstresen sitzen? Bestimmt nicht Herr Eisig selber.

      „Ich hab ja gedacht, ich wäre klein, aber der übertreibt es ja wirklich“, sagte Charly und grinste dabei. „Egal ich werde mal nach Hause fahren. Bin gespannt, was mich heute noch dort erwartet. Du weißt ja, ein Unglück kommt selten allein.“ Ich nickte mitfühlend.

      Charly hatte es nicht leicht zu Hause. Seine Frau ging ihm fremd und hielt es nicht mal für nötig es zu verheimlichen. Und sie war ein Drachen. Einer von der ganz üblen Sorte. Ich hatte schon das zweifelhafte Vergnügen, Klara kennen zu lernen. Charly ging allerdings sehr gelassen mit der Situation um. Jeder andere hätte sich von der getrennt. Manchmal fragte ich mich, wieso er es nicht tat.

      Ich schaute Charlys Auto eine Weile nach, bevor ich in mein eigenes einstieg. Auf dem Heimweg dachte ich über die derzeitige Situation in der Firma nach. Zum einen war es nicht schlecht, dass wir nun einen großen Konzern im Rücken hatten. Allerdings war ich nicht sicher, ob man uns nicht doch einfach abservieren würde, wenn man alles hatte, was wir uns erarbeitet hatten. Relativ gut fand ich, dass unsere derzeitigen Verträge übernommen wurden, aber musste man uns dann so einen wie Herr Eisig vor die Nase setzten? Ich grübelte die ganze Autofahrt darüber nach und eh ich mich versah, hatte ich mein Auto geparkt. Das ging aber schnell, stellte ich erstaunt fest.

      Ich wollte gerade die Haustür aufschließen, da fing mich Michael ab. Scheinbar kam er auch gerade nach Hause. Michael war mein Anwalt und mein Freund und er lebte in dem gleichen Haus, wie ich. Eigentlich habe ich es ihm zu verdanken, dass ich meine jetzige Wohnung habe. Kennen gelernt haben wir uns kurz nach dem mich Elisabeth verlassen hatte.

      In der ersten Woche, nach diesen Abend, durchlebte ich alles wie in einem Nebel. Ich funktionierte nur. Mehr nicht. Wenigstens machte ich mich auf die Suche nach einen Anwalt und hatte auch eine Woche später einen Termin. Scheidungen waren wohl ein profitables Geschäft.

      In dieser Woche bemerkte ich etwas, womit ich damals nicht gerechnet hatte. Elisabeth fehlte mir nicht. Ehrlich gesagt, dachte ich nur an meine Tochter. Die Erkenntnis, dass Elisabeth Recht hatte überrollte mich wie eine Dampfwalze.

      Die Kanzlei, bei der ich meinen Termin hatte, befand sich in einen von diesen schicken Bürogebäuden aus Glas. Meinen kleinen italienischen Zweitwagen, stellte ich in die dazugehörige Parkgarage ab. Elisabeth hatte sich den Kombi geschnappt und war damit zu ihren Eltern gefahren. Richtig wir hatten zwei Autos. Wir verdienten eben nicht schlecht.

      Bei den Fahrstühlen musste ich auf die Firmenlogos schauen, um zu erfahren wo sich die Anwaltskanzlei Rapps und Kollegen befand, denn dort hatte ich meinen Termin.

      Im Fahrstuhl lernte ich Michael dann auch das erste Mal kennen. Er kam genau in dem Moment an gehetzt, als sich die Aufzugtüren schlossen. Ich hielt ihm die Türen auf, damit er sich zu mir gesellen konnte.

      Glücklicherweise kam ich an diesem Tag mal pünktlich von der Arbeit weg. Okay ich habe mich einfach verabschiedet. Ich wusste, dass Axel mich nicht kündigen würde. Außerdem zeigte er vollstes Verständnis für meine Situation.

      Michael hatte damals einen schwarzen Pullover und eine Jeans an. Ich schätzte ihn auf Mitte Dreißig. Er ist mindestens einen Kopf größer und wirkte, obwohl er schlank ist, nicht schlaksig. Vielleicht lag es an seiner Kleidung, die hervorragend zu seinen dunklen Haaren passte, warum ich mich so in seinem Alter verschätzte, aber er sah so frisch und unverbraucht aus.

      „Guten Tag. Welche Etage möchten Sie?“, fragte er mich. Es waren unsere ersten Worte die wir miteinander wechselten.

      „Guten Tag“, gab ich zurück. „In die Neunte bitte.“

      „Ah zu den Anwälten. Ich habe nur Gutes von denen gehört“, gab er zum Besten. Warum mussten Leute einfach ungefragt etwas kommentieren, dachte ich damals bei mir.

      „Wo müssen Sie denn hin?“ fragte ich zurück, während der Fahrstuhl nach oben fuhr.

      „Auch in die Neunte. Ich habe da heute noch einen Termin. Den hatte ich fast vergessen. Der Kaffee den ich getrunken habe, war aber auch zu lecker.“ Er grinste schief und drehte sich zu den Fahrstuhltüren.

      Zumindest war ich nicht der Einzige mit Problemen und wenn noch jemand einen Termin in der Kanzlei hatte, dann sollten die Anwälte doch wirklich gut sein.

      Ohne Zwischenstopp erreichten wir die neunte Etage und verließen die verspiegelte Kabine. Michael und ich durchschritten ein geräumiges Foyer. Ich erreichte die Glastüren der Kanzlei einen Schritt zu vor ihm und hielt ihm die Tür auf. Er bedankte sich freundlich und ging ohne Umschweife in eines der Büros.

      Der ist wohl schon öfters hier gewesen, kam mir der Gedanke, bevor ich die Rezeption erreichte. Wieso ich nicht auf die Idee kam, er würde in der Kanzlei arbeiten, kann ich rückblickend nicht beantworten.

      „Guten Tag. Ich habe heute um 16.15 Uhr einen Termin in ihrer Kanzlei vereinbart. Meine Name ist Dennis Hussmann“, erklärte ich an der Rezeption. Die Empfangsdame, die zu mir auf sah, war im mittleren Alters und hatte lange brünette Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren. Auf ihrer knochigen Nase saß eine moderne ovale Brille. Nicht nur ihre Nase war knochig, sondern der Rest, den ich sah, auch. Konnte der mal jemand ein Butterbrot geben? Oder auch zwei?

      „Ja Herr Hussmann. Dr. Richter wird sie gleich empfangen“, empfing sie mich freundlich. „Darf ich ihnen etwas zu trinken anbieten?“

      Ein