viel größer.“ Herr Blauberg strich liebevoll über die Äste und drehte den Baum wie eine Balletttänzerin.
„Dennis hat recht. Der Baum ist kleiner als ich“, meldete sich nun auch Guntram zu Wort und stellte sich vor die Tanne. Die Baumspitze verschwand hinter Guntrams Mützenzipfel.
„Ihr werdet sehen, das ist genau der richtige Baum für unser Wohnzimmer. Und er kostet immer noch 45 Euro. Früher haben wir höchstens zehn Mark für einen Weihnachtsbaum bezahlt.“
Dennis trat von einem Fuß auf den anderen. Seine Zehen froren trotz der dicken Winterstiefel. Das Weihnachtsbäumchen war wirklich zu peinlich.
Schon hatte sich sein Vater an den Verkäufer gewandt und bot 40 Euro. Schnell einigten sich die beiden auf 43 Euro. Glücklich strahlte Herr Blauberg, als er den winzigen Baum auf Dennis' Schlitten warf. Richtig verloren lag das Bäumchen dort.
Guntram zupfte Dennis am Anorak: „Schau, da kommt Kalle mit seinem Vater.“ Dennis nickte. Die beiden gingen zielstrebig auf die großen Weihnachtsbäume zu. Dort hatte sein Vater nicht einmal hingeschaut, ärgerte sich Dennis.
Er wollte Kalle nicht begegnen, aber der hatte sie längst entdeckt.
„Hallo, Dennis, hallo, Guntram“, rief er. In seinen rot gefrorenen Händen knetete er einen Schneeball.
Herr Blauberg grüßte Kalles Vater: „Guten Tag, Herr Bürgermeister. Auch auf der Suche nach einem Weihnachtsbaum?“
Bürgermeister Schmitt nickte und lachte polternd: „Natürlich, für Erdbeeren ist es noch etwas früh.“ Er nahm einen besonders großen Weihnachtsbaum, der am Zaun lehnte: „Na, wie finden Sie den, Herr Blauberg? Ein richtiges Prachtexemplar. Gut zwei Meter hoch. Wissen Sie, wir haben ein großes Wohnzimmer, da braucht man schon einen ordentlichen Baum.“ Kalle deutete auf den Weihnachtsbaum der Blaubergs und schnitt Grimassen, als müsse er weinen. Er warf seinen Schneeball hoch und fing ihn wieder auf.
Aus den Augenwinkeln konnte Dennis das Preisschild erkennen, das an dem großen Weihnachtsbaum hing: 120 Euro.
„Genau den nehmen wir“, verkündete Bürgermeister Schmitt und zog seine Geldbörse aus der Tasche. Er stopfte dem Verkäufer die Geldscheine in die Anoraktasche. Zusammen mit Kalle wuchtete er den Baum auf den Schlitten, der ganz darunter verschwand. Die üppigen Äste hingen links und rechts herab. Mit einem Seil banden sie ihn fest. Das war ein Baum! Dennis sah neidisch hinüber. Warum kaufte sein Vater nicht wenigstens ein Mal einen ordentlichen Baum?
„Dennis, Guntram, kommt!“, rief Herr Blauberg. „Mir ist kalt. Lasst uns nach Hause gehen.“
Dennis und Guntram stapften hinterher. Sie zogen den Schlitten, auf dem das winzige Bäumchen lag.
„Ihr könnt euren Baum ja auf eine Kiste stellen, damit er etwas größer wirkt“, rief Kalle hinter ihnen her. Mit seinem Schneeball schoss er den Baum fast vom Schlitten.
Dennis war erleichtert, als sie das Bäumchen endlich nach Hause gebracht hatten, ohne noch jemanden aus der Schule zu treffen.
Eigentlich war heute ein ganz besonderer Tag, denn in diesem Jahr durfte Dennis den Weihnachtsbaum zum ersten Mal selbst aufstellen und schmücken. Sonst war das immer die Aufgabe seines Vaters gewesen. Der Rest der Familie sah den Baum erst am Nachmittag zum gemeinsamen Weihnachtstee vor der Bescherung.
Ganz alleine war Dennis natürlich nicht. Guntram half mit. Die beiden standen im Wohnzimmer zwischen all den Kartons mit Weihnachtsschmuck. Sie hatten die Tür abgesperrt. Vor ihnen lag der winzige Weihnachtsbaum. Der Stamm war so dünn, dass er sich nicht einmal in den Weihnachtsbaumständer einspannen ließ. Immer wieder fiel er um. Dennis war verzweifelt. „Jetzt haben wir so viele Kisten mit Weihnachtsschmuck, aber der blöde Baum ist viel zu klein und bleibt nicht einmal stehen.“
„Wir könnten ja …“, Guntram schlug seinen dunkelgrünen Samtumhang zurück. Er deutete auf seinen Zauberstab: „… mit Zauberei ein wenig nachhelfen?“
Dennis schüttelte energisch seinen Kopf und grinste: „Nicht ein wenig, sondern ordentlich.“ Dabei schlug er mit der Faust auf den Tisch, dass die Weihnachtskugeln klirrten.
Guntram Mempelsino von Falkenschlag strich über sein Rüschenhemd und zückte den Zauberstab. Als führte er einen Säbel in der Hand, hieb er mit dem Zauberstab durch die Luft. Er murmelte zornige Dinge zu dem Baum, der wehrlos auf dem Boden lag. Und dann hörte Dennis nur noch Plombat.
Ein Rauschen fegte durchs Wohnzimmer und Dennis wurde von riesigen Tannenästen zu Boden gerissen. Er kroch unter den Ästen hervor und sah den größten Weihnachtsbaum, der jemals in ihrem Wohnzimmer gelegen hatte. Der Baum reichte von einer Wand bis zur anderen.
Auch Guntram rappelte sich auf und klopfte die Nadeln vom Umhang. „Na? Groß genug?“, fragte er. Lässig steckte er seinen Zauberstab wieder zurück in den Gürtel.
„Der ist riesig“, staunte Dennis fassungslos, „aber leider hat er die falsche Farbe.“ Nur die oberste Spitze trug noch die grünen Nadeln, ansonsten glitzerte der Baum in grellem Rosa.
„Ich finde das Rosa ganz ausgezeichnet, viel besser als ein langweiliges Dunkelgrün“, erklärte Guntram. „An Weihnachten wird alles geschmückt. Je bunter, umso besser!“
Dennis strich über die rosafarbenen Nadeln. „Meinst du wirklich?“ fragte er. Dennis schnupperte an dem Baum. Die rosa Zweige dufteten herrlich nach Kaugummi. Staunend stand er vor dem Baum.
„An die Arbeit“, riss Guntram Dennis aus seinen Gedanken.
Sie packten den Baum und versuchten ihn aufzurichten. Er war riesengroß und furchtbar schwer. Die Nadeln piksten Dennis. Ein paar fielen in seinen Kragen. Die Kisten mit Weihnachtsschmuck standen im Weg. Dennis schob sie mit dem Fuß zur Seite. Sie probierten noch einmal, den Baum aufzustellen. Aber er war einfach zu hoch, er passte nicht ins Wohnzimmer der Blaubergs.
„Soll ich ihn wieder kleiner zaubern?“, fragte Guntram.
Dennis kletterte über den Baum und sah ihn sich von der anderen Seite an. „Das wäre wirklich zu schade. Endlich haben wir einen richtigen Weihnachtsbaum. Wir sägen ihn einfach ein bisschen ab.“
Dennis holte die Säge und ein Maßband. Der Baum sollte ganz genau in das Wohnzimmer der Blaubergs passen. Sie wollten keinen Zentimeter mehr absägen, als unbedingt nötig, kein bisschen Tannenbaum verschwenden.
Zwei Meter dreiundsiebzig maß das Wohnzimmer in der Höhe. Zwei Meter dreiundsiebzig war genau die richtige Länge für den Baum.
„Am besten, wir sägen die hässliche grüne Spitze ab“, schlug Guntram vor.
Dennis überlegte. Dann hatte der Baum wenigstens eine einheitliche Farbe. Sie hielten das Maßband unten an den Stamm und maßen genau bis zwei Meter dreiundsiebzig. Guntram setzte die Säge an, Dennis hielt den Baum. Wie Schnee stoben die Späne durch das Wohnzimmer. Zuerst wackelte der grüne Wipfel, hing dann krumm herab und fiel schließlich zu Boden.
Triumphierend hob Dennis den abgesägten Wipfel hoch und warf ihn in die Ecke.
Guntram lachte. Dann packten sie den rosafarbenen Tannenbaum. Er war immer noch furchtbar schwer und pikste. Aber diesmal gelang es ihnen, den Baum aufzurichten. Er passte haargenau ins Wohnzimmer. Zwischen Boden und Decke klemmten sie den Baum ein. Er saß bombenfest.
„Das ist der Vorteil eines maßgeschneiderten Tannenbaums. Man braucht nicht einmal einen Ständer. Der hält einfach so“, freute sich Guntram. Dennis war unsicher. Sein Vater hatte immer den grün lackierten Weihnachtsbaumständer verwendet, mit goldenen Engelflügeln an den Schrauben.
Guntram krempelte die Ärmel auf: „Jetzt brauchen wir erst einmal Schnee. Auf einem ordentlichen Weihnachtsbaum liegt immer Schnee.“
„Wir können keinen Schnee ins Wohnzimmer holen. Der schmilzt sofort“, gab Dennis zu bedenken.
„Mitten im Kaufhaus steht auch ein riesiger Weihnachtsbaum voller Schnee. Dort schmilzt der Schnee kein bisschen.“
„Das