keineswegs zufrieden: „Watte sieht wie Watte aus, nicht wie Schnee.“ Guntram kratzte sich am Kinn, machte ein paar Mal mhhh, dann sagte er schließlich: „Deine Mutter hat doch diese Sprühsahne. Du weißt schon, die in den Dosen. Die nehmen wir als Schnee.“
„Meinst du?“, fragte Dennis.
„Klar, die sieht wie Schnee aus und schmeckt ausgezeichnet. Worauf wartest du? Hol sie!“, drängelte Guntram.
Dennis kam mit fünf Dosen Sprühsahne zurück. „Mehr haben wir nicht.“
Guntram strahlte. Er klappte die Trittleiter vor dem Weihnachtsbaum auf. Von der obersten Sprosse begann er die Sprühsahne auf den rosa Tannenzweigen zu verteilen. Dennis fing unten an. Er ließ die Sahne auf die Zweige quellen. Dann strich er mit dem Finger über den verschneiten Zweig und probierte. Das schmeckte köstlich. Seine Eltern mussten diesen Weihnachtsbaum lieben. Und als sie alle fünf Dosen Sprühsahne auf dem Baum verteilt hatten, sah die Tanne verschneit aus wie im tiefsten Winter. Märchenhaft funkelten die rosa Nadeln unter dem Schnee hervor.
Guntram nahm die Weihnachtskugeln aus einer Kiste und hängte sie in den verschneiten Baum. Dennis schnappte sich die Beleuchtung. Alle fünf Lichterketten wickelte er um die Äste, drückte sie sanft in den süßen Schnee. Sie leuchteten und blinkten um die Wette, aber Guntram war noch nicht zufrieden: „Ganz oben fehlen noch ein paar Lichter. Du hast doch diese Maske mit den leuchtenden Augen.“
Dennis holte seine Monstermaske aus der Spielzeugkiste. Grüne Plastikwürmer bohrten sich durch die Stirn, rote Lampen funkelten aus den Augen und eine blecherne Stimme knarzte dazu aus dem Lautsprecher.
„Genau die brauchen wir“, sagte Guntram und band sie ganz oben um den Baum.
Dann kamen die Zinnfiguren, die Engel, die Strohsterne, das geschnitzte Holzspielzeug, der Glasschmuck und das Lametta an die Reihe. Und immer noch war der Baum halb leer. Blaubergs hatten einfach nicht genug Baumschmuck für so einen riesigen Weihnachtsbaum.
„Wir nehmen noch deine Indianer- und Ritterfiguren“, sagte Guntram. „Und die Autos hängen wir auch noch in den Baum. Die sind bunt und funkeln so schön. Vielleicht noch ein paar Fußballbilder.“
Dennis flitzte hin und her, holte dies und das und Guntram verteilte es im Baum. Mehr als zwei Stunden schufteten sie. Dann hatten sie es geschafft.
Der verschneite rosa Baum glitzerte und funkelte. Der Kaugummigeruch der Nadeln mischte sich mit dem Vanilleduft der Sprühsahne. Der Baum füllte das halbe Wohnzimmer aus. Unten war er so breit, dass man nicht um ihn herumgehen konnte. Und selbst oben, wo sie die Spitze abgesägt hatten, war er noch so groß wie eine Tischplatte. Dennis fand, es sah aus, als würde der Baum durch die Decke wachsen. Endlich hatten sie einen ordentlichen Weihnachtsbaum. Wirklich Weltklasse! Erschöpft verließen sie das Wohnzimmer. Dennis schloss die Tür zweimal ab. Es sollte eine Überraschung werden.
Dennis war furchtbar nervös, als sie sich zum Weihnachtstee versammelten. Seine Eltern, Guntram und er standen vor dem Wohnzimmer. Mit feuchten Händen drehte Dennis den Schlüssel und drückte die Klinke.
Wie ein rosa Ungeheuer sah der Baum im dämmrigen Wohnzimmer aus. Die Sprühsahne tropfte milchig von den Zweigen. Die stechend roten Augen der Monstermaske funkelten böse herab, und aus dem Lautsprecher seufzte es: „Gib auf, du Wurm!“
Herr Blauberg blieb wie angewurzelt stehen. Dennis' Mutter schnappte nach Luft, dann hauchte sie entsetzt: „Was soll das rosa Ungetüm in unserem Wohnzimmer? Das ist doch kein Weihnachtsbaum!“
„Gib auf, du Wurm!“, jammerte der Weihnachtsbaum. Dennis begriff, sie hatten vielleicht etwas übertrieben.
Zielstrebig ging Herr Blauberg in die hintere Wohnzimmerecke. Er nahm den abgesägten Baumwipfel und hielt ihn begeistert hoch: „Da haben wir doch einen wunderbaren Weihnachtsbaum, schön gewachsen und nicht zu groß. Er passt sogar auf den Tisch, und das rosa Kunstwerk stellen wir nach draußen in den Garten. Dann ist im Wohnzimmer auch genügend Platz für die Geschenke“, zwinkerte er Dennis und Guntram zu.
Dennis wollte schon protestieren, doch da sagte Guntram: „Das ist eine ausgezeichnete Idee, Herr Blauberg. Draußen können viel mehr Leute unseren Weltklassebaum bewundern.“
3. Der Ringerverein
Dennis hatte die Vorhänge in seinem Zimmer zugezogen. Er wollte den grauen Regen nicht sehen, der in stürmischen Böen gegen das Fenster klatschte. Fast wie Ohrfeigen klang es.
Dennis lag auf seinem Bett, kuschelte sich an sein riesiges Plüschschwein und las ein Vampirbuch. Guntram fläzte auf dem Sessel gegenüber und blätterte in einer zerfledderten Fußballzeitschrift. Die orangefarbene Lampe leuchtete wie ein dicker Vollmond. Keiner sagte ein Wort, nur die Kokoskekse knirschten beim Essen.
Da riss Dennis' Mutter die Kinderzimmertür auf und strahlte mit der Frische eines Zitronenreinigers. Dennis schreckte hoch, Guntram setzte sich auf und zog seinen flaschengrünen Samtumhang zurecht.
„Ihr hängt zu viel herum, Kinder. Ihr müsst mehr unternehmen. Wir haben früher auch bei so einem Wetter draußen gespielt“, strahlte Dennis' Mutter.
„Du nervst, Mama“, sagte Dennis. Er hielt sein Vampirbuch vors Gesicht.
Als hätte sie ihn nicht gehört, fuhr Frau Blauberg mit fröhlicher Stimme fort: „Aber das Rumhängen hört ab nächster Woche auf. Dennis, ich habe dich beim Ringerverein angemeldet. Dort wo auch Kalle und seine anderen beiden Freunde sind. Kalles Mutter hat mir von dem Verein erzählt. Sie war ganz begeistert. Ich habe sofort mit dem Trainer telefoniert. Er freut sich sehr und hat bisher aus jedem Sofafaulenzer einen strammen Max gemacht. Guntram, du bist auch herzlich eingeladen mitzukommen. Ein bisschen Sport schadet niemandem.“
Dennis rutschte das Vampirbuch aus den Händen. War seine Mutter völlig durchgedreht? In den Ringerverein? Das war das Allerletzte. Sich von Kalle oder irgendeinem anderen Klops auf der miefigen Matte wie ein Schnitzel plattdrücken lassen? Niemals! Er wollte kein strammer Max werden. „So eine Schnapsidee, Mama. Das kommt überhaupt nicht infrage“, protestierte Dennis. Aber er kannte den Gesichtsausdruck seiner Mutter. Wenn sie so fröhlich strahlte, war es ihr besonders ernst.
Frau Blauberg schien Dennis' Nein überhaupt nicht zu hören. Stattdessen erzählte sie munter weiter: „Ringen ist keine Frage der Größe, sondern der Technik und Intelligenz, sagt Herr Pumprick, euer Trainer. Es fördert den Sportsgeist.“
Guntram zupfte an seinem Rüschenhemd und zog seine Stirn in Falten: „Ich denke, das ist nichts für mich.“
„Am besten, du probierst es erst einmal aus. Aufhören kannst du später immer noch“, flötete Frau Blauberg.
„Ich könnte auch erst später anfangen“, warf Guntram ein. Doch das schien Frau Blauberg nicht zu hören. „Nächste Woche Dienstag, drei Uhr beginnt euer erstes Training.“
Dann rauschte sie fröhlich aus dem Zimmer und knallte die Tür so laut hinter sich zu, dass es Dennis ein mittleres Donnerwetter und zwei Tage Computerverbot eingebracht hätte.
„Niemals geh' ich da hin“, empörte sich Guntram. „Ich lass' mich von Kalle und den anderen nicht freiwillig verprügeln.“
Dennis nickte stumm. Er wusste, wenn seine Mutter sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es keine Ausflucht. In den letzten Wochen hatte sie oft herumgenervt, er solle irgendwelche dämlichen Kurse besuchen, sich für etwas entscheiden. Was hatte sie nicht alles vorgeschlagen. Hätte er doch den blöden Bastelkurs gewählt, dann müsste er sich nächste Woche nicht von Kalle plattmachen lassen.
„Ich geh' da nicht hin“, sagte Guntram und stampfte mit dem Fuß auf, als wäre er erst drei.
„Jetzt lässt du mich auch noch im Stich“, beschwerte sich Dennis und knetete verzweifelt sein Plüschschwein.
„Natürlich nicht. Keiner von uns beiden geht da hin“, erklärte