Jürgen Prommersberger

Seeschlachten des 1. Weltkriegs: Die Schlacht am Skagerrak


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dass die Deutschen auf See andere Rufzeichen verwendeten, aber keiner hatte es für nötig gehalten, Room 40 über den Hintergrund der Anfrage (nämlich wo befindet sich die deutsche Flotte) zu informieren. Daher ahnte Jellicoe nicht, dass auch die Hochseeflotte in See war.

      Währenddessen passierten die deutschen Schlachtkreuzer unter Hipper die Minenfelder um Amrum und nahmen um 09:00 Uhr Kurs Nord West. Sie passierten in einer Entfernung von 30 Seemeilen Horns Riff Feuerschiff (das Feuerschiff gehörte zu Dänemark und war für die neutrale Schifffahrt nach wie vor in Betrieb) und nahmen Kurs auf die Little Fisher Bank am Eingang des Skagerraks. Die Hochseeflotte folgte den Schlachtkreuzern in einem Abstand von etwa 40 Seemeilen. Die Schlachtkreuzer hatten eine Schlachtlinie gebildet und die vier Kreuzer der II. Aufklärungsgruppe sowie die begleitenden Torpedoboote hatten einen fächerförmigen Schutzschirm nach vorne und an den Seiten eingenommen. Die Begleitschiffe hatten dabei einen Abstand von etwa 7 Seemeilen zu den Schlachtkreuzern eingenommen. Außerdem bildete die IX. Torpedobootflottille eine Nahsicherung direkt um die Schlachtkreuzer. Eine ähnliche Formation hatte auch die nachfolgende Hochseeflotte eingenommen mit einer Torpedobootnahsicherung sowie einem Aufklärungsfächer von weiteren Torpedobooten und fünf Kreuzern. Ferner war zur Aufklärung auch der Einsatz von Zeppelinen geplant. Zunächst war deren Start wegen der starken Winde nicht möglich gewesen, doch im Laufe des Vormittags flaute es ab und so konnten um die Mittagszeit folgende Luftschiffe ausgesandt werden. L14 sollte das Skagerrak ansteuern, L23 sollte eine Position 210 Seemeilen östlich von Noss Head im Pentland Firth einnehmen, L21 sollte 100 Seemeilen vor Peterhead aufklären, L9 hatte einen Sektor circa 90 Seemeilen vor Sunderland zugewiesen bekommen und L16 sollte etwa 70 Meilen vor Flamborough Head ansteuern. Allerdings war die Sicht nach wie vor schlecht, da es an diesem Tag stark bewölkt war mit vielen bis auf 300 Meter tiefhängenden Wolken.

      Kapitel 11

      Das Gefecht der Schlachtkreuzer

      Kontakt der Schlachtkreuzer

      Gegen 14:00 Uhr setzten Beatty's Schiffe ihren Kriegsmarsch in östlicher Richtung fort. Dabei befanden sie sich etwa auf dem gleichen Breitengrad wie Hippers Geschwader, das zur selben Zeit auf Nordkurs war. Wären diese Kurse unverändert geblieben, dann wäre Beatty genau zwischen den beiden deutschen Flotten hindurch gefahren (etwa 35 Meilen südlich der Schlachtkreuzer und etwa 20 Meilen nördlich der Hochseeflotte). In diesem Fall wären seine Schiffe zwischen Hipper und Scheer in der Falle gesessen. Das war genau die Situation, wie sie der deutschen Admiralität vorschwebte. Allerdings hatte er strikten Befehl bei seiner Aufklärung bis maximal 230 Meilen nach Osten vorzustoßen und sich dann nach Norden zu wenden. Dann sollte er sich mit der Hauptflotte unter Jellicoe vereinigen. Zu seinem Glück tat er genau das und ging rechtzeitig auf Kurs Nord. Unterdessen hatte Beatty seine Schiffe in drei Linien aufgegliedert. Den Schlachtschiffen voraus dampften die zwei Schlachtkreuzergeschwader der Hauptflotte in zwei etwa drei Meilen entfernten Linien. Ein weiteres Geschwader, nämlich das 5. Schlachtschiffgeschwader hatte dabei eine Position von circa 4 Meilen nach Nordwest eingenommen. Ferner hatte sich ein Schirm aus Kreuzern und Zerstörern südöstlich der Schlachtkreuzer positioniert. Nach einem Kurswechsel veränderten sich alle Positionen. Nun führte das 5. Schlachtgeschwader die britischen Schiffe in der westlichsten Kolonne während Beatty's Geschwader sich im Zentrum und weiter hinten befand.

      Am 31. Mai um 14:20 Uhr meldeten Beatty´s Aufklärer trotz schlechter Sicht wegen Dunst und Nebelschwaden Feindkontakt in südöstlicher Richtung. Die leichten britischen Einheiten untersuchten gerade einen neutralen dänischen Dampfer (NJ Fjord), der zwischen den beiden Flotten gestoppt worden war, als zwei deutsche Torpedoboote mit der gleichen Aufgabe auf der Bildfläche erschienen (SMS B109 und SMS B110). Die ersten Schüsse der Seeschlacht wurden um 14:28 Uhr von HMS Galatea und Phaeton des 1. Leichten Kreuzer Geschwaders auf die deutschen Torpedoboote abgefeuert. Daraufhin zogen sich die Torpedoboote in Richtung der sich nähernden deutschen leichten Kreuzer zurück. Um 14:36 Uhr erzielten die Deutschen den ersten Treffer der sich anbahnenden Seeschlacht, als die SMS Elbing die HMS Galatea auf extreme Entfernung traf. Die Elbing gehörte zu Konter-Admiral Friedrich Bödickers II. Aufklärungsgruppe.

      Beatty befahl seinen Einheiten auf neuen Kurs Südost zu gehen, um den deutschen Schiffen den Rückweg zu ihren Stützpunkten zu verlegen. Um sich ein genaueres Bild über die Lage zu verschaffen befahl er dem Flugzeugmutterschiff HMS Engadine einen Aufklärer zu starten, um mehr Informationen über Position und Umfang der deutschen Flotte zu gewinnen. Dies war das erste Mal in der Geschichte, dass ein Flugzeug, das von einem Schiff gestartet war für Aufklärung in einer Seeschlacht eingesetzt wurde. Das Flugzeug der Engadine fand die deutschen Leichten Kreuzer gegen 15.30 Uhr und kam sofort unter Feuer von Flugabwehrgeschützen. Ein Versuch, einen Bericht noch während des Fluges abzusetzen, schlug allerdings fehl.

      Dann kam es jedoch auf britischer Seite zu einem weiteren Missgeschick, dass noch Folgen haben sollte. Um 14:32 Uhr hatte Beatty für seine Schlachtkreuzer einen Kurswechsel angeordnet, der auf dem 5. Schlachtschiffgeschwader von Sir Hugh Evan-Thomas nicht bemerkt wurde, weil die Distanz zu groß war, um die entsprechenden Signale zu erkennen. Der Schlachtkreuzer HMS Lion, das letzte Schiff in der Kolonne, sollte zwar entsprechende Anweisungen per Signalscheinwerfer weiter geben, doch auch hierfür war die Entfernung schon zu weit. Vor dem Nordschwenk war HMS Tiger das Schiff gewesen, das dem 5. Schlachtschiffgeschwader am nächsten stand. Jetzt war sie weiter von ihm entfernt als Beatty auf der Lion. Die Situation verschärfte sich zusätzlich dadurch, dass Evan-Thomas nicht über die Befehle von Beatty's Geschwader Bescheid wusste, weil er ja normalerweise mit der Grand Fleet von Jellicoe operierte. Die stehenden Befehle besagten, dass man erwartete, dass alle Einheiten der Flotte Kursbefehle unverzüglich und ohne Verzögerung oder Abweichung umsetzen. Ferner besagten die Befehle für das Schlachtkreuzergeschwader, dass alle Befehlshaber eigene Initiative entwickeln und auf jeden Fall Verbindung zum Flaggschiff halten sollten. Da sie die Kursänderungsbefehle nicht erhalten hatten, behielten die vier schnellen Schlachtschiffe der Queen Elizabeth-Klasse ihren ursprünglichen Kurs für mehrere Minuten bei. Aus diesem Grund dampften die zu ihrer Zeit stärksten und modernsten Schlachtschiffe etwa neun Seemeilen hinter den Schlachtkreuzern von Beatty. Dieser hätte sogar zu diesem Zeitpunkt noch die Gelegenheit gehabt, seine Schlachtkreuzer mit den vier Schlachtschiffen zu vereinigen. Er hätte nur auf Evan-Thomas warten müssen, tat dies jedoch nicht und stürmte mit voller Kraft voraus. So vergrößerte sich der Abstand zwischen Schlachtkreuzern und Schlachtschiffen immer mehr, da die Schlachtkreuzer um circa drei Knoten schneller waren. Ohne Not hatte Beatty daher seine Kräfte geteilt und den enormen Vorteil aus der Hand gegeben, den ihm die vier kampfstarken modernen Schlachtschiffe gebracht hätten.

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      HMS Queen Elisabeth

      Die Sichtverhältnisse begünstigten an diesem Nachmittag die Deutschen. Hippers Schlachtkreuzer, die Nordwest steuerten, sichteten Beatty’s Geschwader bereits um 15:22 Uhr auf eine Entfernung von etwa 13 Seemeilen oder 24 km. Die Briten ihrerseits sichteten Hipper erst acht Minuten später um 15:30 h. Um 15:45 Uhr wendete Hipper auf Südostkurs, um Beatty in Richtung der hinter ihm laufenden Hochseeflotte zu ziehen. Admiral Scheer befand sich zu diesem Zeitpunkt nur etwa 40 Seemeilen hinter Hipper.

      Kapitel 12 Der „Run to the South“

      Beatty's Führung während der nächsten fünfzehn Minuten brachte ihm später eine gehörige Portion an Kritik ein, denn obwohl seine Schiffe sowohl an Reichweite als auch an Geschützkaliber und -Anzahl den deutschen Schiffen überlegen waren, befahl er erst nach zehn Minuten das Feuer zu eröffnen, obwohl Hipper bereits in Reichweite war. Er versäumte es ferner, seine Schiffe rechtzeitig in Gefechtsformation zu bringen, so dass seine Schiffe immer noch am Manövrieren waren, als die Schlacht bereits begonnen hatte.

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      Die deutsche Hochseeflotte

      ÜBERSICHTSKARTE