Jessina Lux

Alle Sterne für Dich


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      „Doch, hab gegoogelt, an der irischen Westküste. 10.000 Einwohner, Kino gibt es auch eines.“

      „Na, dann bin ich ja beruhigt!“

      „Ich besorg´ Tickets.“

      „Sebastian, das ist doch Wahnsinn! Ich bleibe auf jeden Fall hier.“

      „Aber der misshandelt dich, der ist total daneben. Ich muss dich doch beschützen!“

      „Nein, musst du nicht.“

      Da erscheint an der weißen Wohnzimmerwand eine Geisterschrift. „Kommt nach Starbay, hier werdet ihr sterben.“ Rahel wird erst leichenblass, dann kippt sie um. Sebastian ist fasziniert, geht ganz nah zur Wand, aber da ist die Schrift verschwunden. „Wusste ich´s doch, mir mal was glauben…“

      Sebastian fächelt Rahel abwechselnd Luft zu und tätschelt ihre Wange. Als das nichts nützt, holt er aus dem Bad ihr Parfüm und sprüht damit in die Luft. „Was war das?“ kommt Rahel allmählich wieder zu sich. Sebastian: „Nara, und das weißt du auch!“

      Als nächstes sitzen die Geschwister bei einer sehr starken Kanne Kaffee am Küchentisch und planen ihre Flucht.

      Rahel: „Am nächsten Dienstag hat er früh einen Zahnarzttermin. Da könnte es klappen.“

      Sebastian: „Ich besorg die Tickets.“

      Rahel: „Das ist total verrückt!“

      Sebastian: „Auch nicht mehr als hier zu bleiben bei Caligula persönlich.“

      Ich habe das ganze mitangesehen, zittere und bin vermutlich ebenso aufgeregt wie die beiden. Dass Nara zum Äußersten greifen musste...Aber egal, es hat ja funktioniert. Meine Hände sind schweißnass, ich gehe sie waschen. Im Spiegel sehe ich mein knallrotes Gesicht. Mein Herz klopft hörbar. Ich fiebere mit, mit diesen eigentlich Fremden, als seien sie langjährige, engste Freunde, als gehörten sie zur Familie. Ich weiß, dass Nara mich dahingehend ein bisschen manipuliert hat. Aber das ist okay. Ich fühle mit ihnen und wünsche, dass ihnen ihre Flucht aus Kanada gelingt. Dass ich sie dann auch bald in Starbay live sehen kann, das wage ich noch nicht ganz zu glauben. Man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben.

      Aber, doch, ich wünsche es mir….

      Ich bin also ein Mann mit Geheimnis. Mir wird auch bewusst, dass ich mich unendlich auf die beiden freue, ich fange schon an, mein Haus von oben bis unten zu putzen und aufzuräumen, als stünden die beiden gleich vor meiner Tür. `Noch ist es nicht soweit´, bremst mich Nara etwas. Sie ist wohl ein bisschen abergläubisch. Ich will aber für alle Fälle gerüstet sein.

      Kapitel 11

      `Heute ist es soweit!´ verkündet Nara. „In genau neun Stunden ist der Termin. Drück die Daumen!“

      Ich hole mir gerade einen Kaffee an den Küchentisch und bin tatsächlich hoch aufgeregt, habe kaum geschlafen. Ich bringe auch nichts runter. Hoffentlich geht alles gut.

      Danach sieht es nicht aus, als gleich um acht Uhr früh das Telefon bei Monahans klingelt und kurzfristig der Termin abgesagt wird. Wieso wusstest du das nicht? Mache ich Nara Vorwürfe, die weiß doch sonst alles. `Es tut mir leid, aber der Doc ist gerade erst die Treppe runtergefallen, auch ich kann mich nicht um alles kümmern.´ Aber heute ist doch der Flug! Entgegne ich aufgeregt.

      `Ich lass mir was einfallen! ´Sagt Nara. Doch die Sache eskaliert. Rick ist wütend. Er schmeißt seine Kaffeetasse auf den Boden. „Putz das weg!“ schreit er seine Frau an. „Da nimmt man sich extra frei und dann das…“

      Rahel nimmt ein Kehrschäufelchen und einen Handbesen und räumt die Misere brav auf. In ihr muss es rattern, wie kommt sie jetzt aus dem Haus und rechtzeitig zum Flughafen? „Könntest du...“, startet sie den ersten Versuch. „...noch Kaffeemilch besorgen, die ist fast alle.“ Solche Ansprüche

      wagte sie sonst nie zu stellen. Für das Hinausschaffen des Gepäcks war übrigens gesorgt. Rahel hatte, während Rick in der Arbeit war, ihre Taschen am Obststand unten deponiert, der Frau vertraut sie. Isidora ist eine dunkelhäutige, sehr rundliche, herzensgute Frau mittleren Alters, die immer ein breites Lächeln für einen übrig hat und deren Fingernägel die aufwendigst manikürten Kunstwerke sind, die Rahel je gesehen hatte. Sie hatte ihr mal ihr Leid geklagt. „Du musst ihn sofort verlassen, besser wird es auf keinen Fall“, hatte sie gesagt. Und als sie mit ihrem Fluchtplan gekommen war, war Isidora sofort Feuer und Flamme gewesen. „Yes, go for it, girl!“ hatte sie gejauchzt und versprochen alles zu tun, ihr zu helfen. Wenn es sein musste, den Göttergatten mit einer Wassermelone oder einem Kürbis niederzuschlagen.

      „Willst du mir anschaffen, was ich tun soll, so weit kommt es noch!“ Rahel stammelt mit schwacher Stimme: „ Sebastian und ich haben auch einen Termin!“

      „Was für einen Termin? Du gehst nirgends hin, ich brauch dich hier.“

      Etwas schießt plötzlich in sie, wie ein Fanal. Ein Aufflackern großen Mutes oder ist es Wahnsinn?

      „Beim Anwalt, ich lasse mich scheiden.“ Sebastian steht auf einmal im Türrahmen und schüttelt entsetzt den Kopf. Das würde so schief gehen! „Häh? Was redest du da?“ Ricks Augen verheißen nichts gutes. „Was ist in dich gefahren? Bist du jetzt total verblödet, ich bin das beste, was dir je passieren konnte.“

      Rahel schiebt ihre Ärmel hoch und legt Riesenhämatome frei. „Das beste, ja?“

      „Ich mach dir noch welche, wenn du nicht zur Vernunft kommst. Ach, weißt du was, ihr bleibt jetzt mal schön hier und ich geh mich auskotzen bei Luke. Wenn ich wiederkomme bist du hoffentlich wieder normal sonst...“

      „Sonst was?“ fragt Rahel ängstlich.

      Rick knallhart: „Hol ich den Notarzt und lass dich einweisen!“

      „Weswegen?“

      „Na, weil du mit dem Messer auf mich los gehen wolltest natürlich.“

      „Das würde ich nie tun!“

      „Wissen die ja nicht!“

      Rick nimmt die Schlüssel, Rahels Handy, reißt das Telefonkabel aus der Wand und rast zur Haustür. Er zieht die Tür hinter sich zu und schließt die beiden einfach ein. O nein, sie müssen doch zum Flughafen! In spätestens zwanzig Minuten.

      Isidora hat für 10 Uhr ein Taxi bestellt. Würde es so lange warten, bis sie es hier raus geschafft hatten, würden sie es hier überhaupt raus schaffen?

      Verdammter Mist, jetzt ist alles dahin, oder?

      „Scheiße!“,ruft jetzt auch Sebastian aus. „Was zur Hölle machen wir jetzt?“

      9: 57 Uhr. Noch drei Minuten bis zum Taxi…

      Kapitel 12

      Sebastian´s Handy hatte Rick bereits vor einer Woche kaputtgemacht. Es einfach gegen die Wand geworfen. Sie sind abgeschnitten. Wie jetzt hier raus kommen, es ist immerhin der siebte Stock.

      „Warum hast du das mit der Scheidung gesagt?“ ist Sebastian ein bisschen sauer.

      „Ich wollte sein Gesicht dabei sehen.“

      „Das war dumm!“

      „Machst du mich jetzt auch noch fertig?“

      Sebastian geht jetzt zu Rahel und nimmt seine weinende Schwester in den Arm. „Nein, will ich nicht. Es wird alles gut!“

      „Aber wie denn?“ Ich frage Nara, warum sie Rick nicht erschienen ist, der hätte gedacht, dass er selbst reif für die Klapse ist. `Zu manchen Menschen ist der Zugang versperrt. Sie sind, sagen wir immun. Engelblind und -taub. Aber weißt du, wer das nicht ist?´

      Isidora?, frage ich. Nara: `Ich sag ihr Bescheid.´

      Doch Isidora reagiert nicht wie