Laura Feder

Die Kinder Paxias


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musste überall Wärme sein, denn ihre Haut war zu ihrem normalen Ton zurückgekehrt, ihre Wangen zeigten sogar leichte Schlafröte.

      Arn gestattete sich, in ihrem Anblick zu versinken. Es hatte bisher nicht viele Gelegenheiten gegeben, in denen er dies ungestört hatte tun dürfen.

      Ihre für die Elfen so typischen alterslosen Züge wirkten fast jugendlich im tiefen Frieden des Ruhens. Ihr Mund war leicht geöffnet, und Arn bewunderte den vollen Schwung ihrer sinnlichen Lippen und die ebenmäßigen weißen Zähne, die diese sonst verbargen. Sie hatte die Kapuze schützend über den Kopf gezogen, so dass er kaum etwas von ihren rotbraun glänzenden Locken sah, geschweige denn berühren konnte, um ihre Weichheit zu erfahren.

      Dafür aber bestätigte sich eine lang gehegte Überzeugung. Ihre Gestalt war wie geschaffen für ihn.

      Mit ihrer außergewöhnlichen Größe und ihrer üppigen Fülle passte sie perfekt zu ihm – in seine Arme. Sie war sein Gegenstück.

      Leider würde sie sich kaum davon überzeugen lassen. Und Arn würde sich ihr niemals aufzwingen.

      – Außer wenn es darum ging, sie zu beschützen.

      Kapitel 2

      Der Morgen dämmerte mit einem wolkenlosen Himmel, als Saya weckend zum Aufbruch drängte.

      Sie hatten den Schneesturm unbeschadet überstanden.

      Mit Ausnahme von Arn.

      Er erhob sich mit steifen Gliedern, bemüht seine beißenden Schmerzen vor den anderen zu verbergen. Er bewegte sich schwerfälliger, und die Haut um seine Augen war noch immer blau verfärbt, aber er gab sich den Anschein, dies stamme von einer durchwachten Nacht.

      Die Kälte hatte ihn ja wirklich keine Ruhe finden lassen.

      Die anderen gaben sich mit seiner Erklärung zufrieden.

      Sie alle atmeten auf, denn die Temperatur erwärmte sich spürbar. Noch bevor die Sonne endgültig aufgegangen war, setzte die Schneeschmelze ein. Plätschernd befreiten sich die wenigen Pflanzen von der weißen Last und begannen sich im Schein der Morgensonne zu erholen.

      Leider bedeutete diese Normalisierung des Wetters auch eine Rückkehr der angriffslustigen Kreaturen. Schlammblasen bildeten sich zwar noch nicht auf dem gefrorenen Boden unter der dichten Schneedecke, aber dafür mussten sie sich den berittenen Steinkriegern stellen, die aus verschiedenen Richtungen mit zunehmender Häufigkeit auf sie zu galoppierten.

      Zunächst kämpften vor allem Saya und Kaeli, die keine Beeinträchtigungen durch die eisige Kälte, die ihrer aller Schuhwerk durchdrang, empfanden und auch keine Nachwirkungen wie schlecht durchblutete Hände und Finger erleiden mussten.

      Während Iain und Cecil mit ihren Schwertern nur langsam zurück in die Kampfhandlung fanden, unterstützte Robin die beiden Mädchen. Ihre Pfeile holten die Krieger gezielt aus ihren Satteln und vereinfachten die Beseitigung der nun getrennten Kreaturen.

      Arn blieb an ihrer Seite und hoffte, dass er seiner Funktion als ihr Schutzschild gerecht werden konnte. Trotz seiner beeinträchtigenden Pein war er entschlossen, alles von ihm Erwartete zu leisten.

      Iain und Cecil regenerierten. So wie der Schnee unter ihren Füßen schmolz, belebten sich ihre Körper im strahlenden Schein der höher steigenden Sonne, deren zunehmende Kraft einen entschädigenden Sommertag verhieß.

      Am späten Vormittag schwanden die letzten Spuren des Blizzards. Was blieb, war eine unangenehme Erinnerung.

      Nur nicht für Arn.

      Es brauchte mehr, als eine Sonne aus dieser Entfernung liefern konnte. Nichts schien sein Blut erhitzen zu können und die frostigen Schmerzen zu vertreiben. Er spürte die lähmende Schwäche, ohne etwas unternehmen zu können.

      Auch wenn er die Zähne zusammenbiss und sich innerlich unaufhörlich anfeuerte, wusste er nicht, ob er bis zum Erreichen ihres Bestimmungsortes durchhalten würde. Ebenso unsicher war er, wie er ohne ein Flammenbad seine Energie wiedergewinnen konnte. In seinem Zustand bedeutete er mehr eine Belastung denn eine Unterstützung für die Gruppe.

      Allerdings erwarteten die Gefährten seinen Einsatz, da er seiner geheimen Sorge keinen Ausdruck zu verleihen bereit war – noch nicht.

      „Arn!“ Mit diesem warnenden Ruf machte Cecil ihn auf die nahende Gefahr aufmerksam.

      Wolkenvögel stürzten auf sie herab. Ein Schwarm steuerte in hoher Geschwindigkeit Robin an, deren materialisierende Pfeile nicht schnell genug flogen, alle bewältigen zu können.

      Eine Beschwörung war vonnöten, und sie sah ihn Hilfe fordernd an.

      Arn zögerte nicht.

      Unter Aufbietung seiner letzten Kräfte schwang er sein Schwert. Gerade rechtzeitig, um die ersten ankommenden Gegner aufzuhalten. Tödlich glitt seine Klinge durch die substanzarmen Körper, die sich zerreißend auflösten.

      Er hielt nicht inne und widmete sich den flatternden Nachrückern. Aus den Augenwinkeln sah er die anderen ebenfalls an mehreren Fronten kämpfen. Sie konnten ihm nicht helfen, während Robin den bekannten Gesang anstimmte, der das Element Wasser um Hilfe bat. Ihre Verteidigung oblag also ihm allein.

      Die Erkenntnis seiner Verantwortung und das Vertrauen der Waldelfe, dieser gerecht werden zu können, gaben ihm neuen Antrieb.

      Wuchtig schlug er in die Front – wieder und wieder. Er konzentrierte sich einzig auf Robins Sicherheit, bestrebt, jeden Schaden und jede Störung ihres Flehens von ihr fernzuhalten. Und doch kam ihm die Zeitspanne unendlich lang vor, bis endlich das vertraute Licht ihre Gestalt umgab und sich von ihr fokussieren ließ.

      Der scharf gezackte Schnabel traf ihn hart an der Schulter. Blut quoll aus einem langen Riss an seinem Wams.

      Geistesgegenwärtig packte Arn nach der Kreatur und zerfetzte sie mit bloßen Händen. Er spürte den neuen Schmerz seiner Wunde kaum. Doch der rasche Blutverlust war zu viel für seinen geschundenen Körper. Seine Beine gaben unter ihm nach. Er sackte auf die Knie.

      Genau als Robin die Macht des Wassers freisetzte.

      Die Vögel entluden sich in einem warmen Platzregen.

      Arn hob sein Gesicht dem Nass entgegen. Er war dankbar, in seiner Fürsorgepflicht nicht versagt zu haben. Doch seine Erschöpfung und seine Unterkühlung forderten nun ihren Tribut. Kein Muskel seines Körpers schien ihm noch gehorchen zu wollen. Es war, als lösten sich Wille und Physik zu zwei unabhängigen Einheiten.

      Er hatte keine Wahl. Er brauchte Hilfe.

      Ein riesiger Feuerball verschluckte ihn.

      Fassungslos starrten die Gefährten auf das flammende Inferno, wo Arn zuvor gekniet hatte. Entsetzen spiegelte sich in ihren Mienen, während sie von der Feuersbrunst zu Robin sahen, deren ausgestreckte Hände noch immer von einem rot glühenden Flackern umgeben waren.

      „Robin, halte ein! Das Feuer wird ihm schaden!“, rief Kaeli voller Grauen, die endlich ihre Stimme wiedergefunden hatte.

      Die Waldelfe lächelte nur. Sie war von dem Einwand nicht beeindruckt.

      „Robin!“, mahnte nun auch Saya drohend. Sie umfasste ihr Schwert fester.

      Robin blickte sie an. Es lag etwas Beruhigendes in ihren Augen, was die Gefährten sich unwillkürlich entspannen ließ.

      „Nein, das wird es nicht. Ich habe es beschworen mit der Intention, ihm zu helfen. Nichts anderes wird es tun.“

      Wie zur Bestätigung ihrer Worte verschwanden die Flammen und gaben den sich aufrichtenden Arn frei.

      Seine Wunde blutete unverändert, Heilung lag nicht in Robins Macht, aber seine Haut hatte ihre normale Farbe wieder angenommen. Die Ader an seinem Hals pulsierte heftig, verriet, wie kraftvoll sein Herz brodelndes Blut durch seinen Körper pumpte. Die Flammen in seinen Pupillen flackerten lebhaft, zeigten seine wiederaufgeladene Energie.

      Aber