Peter Padberg

Tarris


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die zwei jemanden in der Stadt finden, der ihnen helfen will, so soll es so sein. Jeder, der sich nicht auf den Tod vorbereiten und seinen Frieden finden will, soll Ihnen zur Seite stehen. Und Ihr, Orma, geht am besten gleich mit ihnen. Ich nämlich möchte meine Frieden finden.“ Er biss erneut in den Erdbeerkuchen und blickte wieder zu Decke.

      „Lebt wohl“, sagte Gandaros enttäuscht, nickte Zola und Orma zu, ihm zu folgen und ging schnell auf den Ausgang zu. Gandaros schloss die Tür zu dem kuchenessenden König hinter ihnen und wandte sich sofort an Orma und Zola. „Ich befürchte, König Geminiano hat den Verstand verloren. Ich habe versucht, ihn mit Magie zu erreichen, bin aber nur auf eine unerklärliche Leere gestoßen. Er wird dieser Stadt und diesem Land nicht mehr helfen können und die Zeit drängt. Wir müssen schnellstens die Abwehr organisieren. Wollt Ihr helfen?“, fragte er Orma mit einem Schmunzeln. „Selbstverständlich, wie wollt Ihr vorgehen, Ser Gandaros?“ „Wir werden einen kurzen Kriegsrat abhalten. Könnt Ihr, Orma, alle Hauptleute der Stadt bitten, zum …. – Wo haltet Ihr ein solches Treffen ab?“ Zola antwortet an Stelle von Orma „In der Halle des Krieges.“ „…. zur Halle des Krieges zu kommen? Sendet Boten. Am besten schickt Ihr zwei Drittel der Wachsoldaten hier im Raum zu den Hauptleuten. Das andere Drittel schickt bitte zu den Stadtmauern. Lasst den Befehl weitergeben, dass Katapulte und Schleudern unverzüglich kampfbereit gemacht werden. Lasst die Hauptleute bitten, in spätestens einer Stunde in der Halle des Krieges zu sein.“

      Als Orma seinen Blick erst zu den Wachleuten und dann zum Zimmer, in dem der König weilte, wandern ließ, fügte Gandaros hinzu. „Ich denke nicht, dass der König bewacht werden muss. Um aber seinem Befehl gerecht zu werden, fragt die Wachleute, bevor Ihr sie schickt, ob sie der Stadt und dem Volk helfen wollen. Zola, fliegt ihr zur Seeschlacht und unterstützt die napodianische Flotte? Aber lasst Euch nicht in Kämpfe mit den Wrokorks ein, dies werden wir später gemeinsam tun. Konzentriert Euch bitte auf die Schiffe, die weiter von der Küste entfernt sind. Ich denke, die Schleudern und Katapulte werden bald einsatzbereit sein und uns dann unterstützen können. Sie treffen besser, wenn die Entfernung nicht allzu groß ist. Ich werde mit Orma, sobald die Boten unterwegs sind, den Prinzen befreien. Wir brauchen einen Anführer, der vom Volk bewundert wird. Und auch, wenn Prinz Gannio noch jung ist, so halten die Bürger von Napoda sehr viel von ihm. Wir sehen uns in zwei Stunden über dem Meer, Zola. Seid unverletzt, wenn ich dort eintreffe!“

      Westlich an die Königshallen schloss sich die Turmfeste an, die sich auf der höchsten Erhebung Napodas befand. Die Erhebung verdiente es nicht, als Berg bezeichnete zu werden. Sie war eher ein granitener Felsbrocken, dessen „Hänge“ steil anstiegen. Die Hänge gingen überganslos in die Mauern der Feste über und wuchsen weit in die Höhe. Das einzige Tor der Turmfestung befand sich dadurch fast 70 Schritte über dem Boden von Napoda und konnte nur über eine ansteigende Brücke erreicht werden, deren anderes Ende sich auf Höhe der Königshallen befand. Aus der Mauer wuchsen drei Türme hervor, von denen der, der sich direkt über dem Tor befand ein Wohnturm war. Die anderen beiden, deren Umfang deutlich geringer war, die dafür aber höher in die Luft ragten, waren klassische Wehrtürme, nach außen hin mit vielen Schießscharten für Bogenschützen versehen und gekrönt von einer Plattform, auf der gefährliche Pfeilkatapulte zu sehen waren.

      Orma und Gandaros gingen über die Brücke, als Orma stoppte und sich an Gandaros wandte. „Wir werden die Wachen überzeugen müssen, dass Prinz Gannio die Feste verlassen darf. Dies sollte ich hinbekommen. Ich werde den Hauptmann der Feste bitten, mit dem Prinzen zusammen zum Saal des Krieges zu unserem Kriegsrat zu gehen. Die Wachen werden Euch kaum kennen. Lasst daher besser mich mit ihnen sprechen. Sie können sehr misstrauisch sein.“ Sie gingen durch den Torgang, der unter Mauer und Turm hindurchführte und der an Decke und Seitenwänden über zahlreiche Schießscharten und Öffnungen verfügte, durch die heißes Öl auf Angreifer geschüttet werden konnte. An beiden Seiten des Ganges befanden sich schwere, mit Eisen beschlagene Tore. Zusätzlich gab es hinter den Toren massive Metallgitter, die als Fallgitter konstruiert und so angebracht waren, dass mit ihrer Hilfe Feinde in dem Gang von einer größeren Gruppe abgetrennt und eingesperrt und ohne Möglichkeit zur Gegenwehr niedergemacht werden konnten. Die Steine der umliegenden Mauern waren aus einem ähnlichen Granit wie der Fels, auf dem die Feste gebaut worden war. Durch die schwarze Farbe des Steins war es in dem Torgang so dunkel, dass selbst jetzt am Tage Fackeln angezündet worden waren, die den Weg beleuchteten. Der Innenhof der Feste war verwaist. Dies war kein Wunder, da es über dem hellen Sand, der jede freie Stelle des Innenhofes bedeckte, sehr warm war. Der Hof war größer als erwartet und neben den Türmen, die mit der Mauer verbunden waren, befanden sich einige Gebäude auf dem Platz, die sich direkt an die Mauer anschlossen. Sie wandten sich nach rechts und betraten den Turm durch eine kleine Seitentür.

      Der Turm war von innen sehr wohnlich gestaltet, sogar die Wände waren mit Holz und Fellen verkleidet, hinter denen am Rand der Mauer eine Wendeltreppe über fünf Stockwerke nach oben führte. Schnell machten sich Gandaros und Orma auf den Weg nach oben, nachdem sie das unterste Stockwerk mit seinen Räumen für die Bediensteten und der Küche durchquert hatten. Bereits im zweiten Stock befanden sich die Räume der Wachen und auch hier gab es mehrere Unterkünfte, darüber hinaus aber auch noch einen kleinen Gemeinschaftsraum und das Büro des Hauptmanns. Die zehn Wachen und der Hauptmann befanden sich im Gemeinschaftsraum und unterhielten sich leise bei einem Glas Wein über den Angriff der Piraten. Gandaros betrat den Versammlungsraum als erster und sofort sprangen die Wachen von ihren Stühlen auf und ihre Hände zuckten in Richtung ihrer Schwerter. In dem Moment, als Orma Gandaros in den Raum folgte, entspannten sich die Gesichter gleich wieder. Orma ging zielstrebig auf den Hauptmann zu, der aufgrund seiner Kleidung leicht zu erkennen war. „Seid gegrüßt, Sindo. Darf ich Euch Gandaros, den Anführer des Hohen Rates der Erfahrenen vorstellen?“ Gandaros und Sindo nickten sich gegenseitig zu. „Wir beide kommen gerade von König Geminianos. Er hat Gandaros erlaubt, die Verteidigung der Stadt zu organisieren und jeden, der zur Hilfe bereit ist, dafür zu rekrutieren.“ Auf Sindos Gesicht zeigte sich Erleichterung und Freude. „Wollt Ihr uns helfen?“, fragte Gandaros. „Selbstverständlich – es ist an der Zeit, etwas gegen die Piraten zu unternehmen. Was können wir tun?“, antwortete Sindo. „Gandaros möchte den Prinzen fragen, ob er in seiner Eigenschaft als Stellvertreter von General Maturi die Führung im Kampf gegen die Piraten übernehmen möchte. König Geminiano sagte uns, dass jeder, der helfen möchte, gegen die Piraten zu kämpfen, dies tun darf. Daher wollen wir Prinz Gannio auffordern, seinen Hausarrest zu beenden und dem Volk zu helfen, indem er die für ihn vorgesehene Rolle übernimmt. Anschließend möchte ich Euch bitten, ihn sicher zum anstehenden Kriegsrat zu begleiten, der in kurzer Zeit beginnen soll. Er findet in der Halle des Krieges statt.“

      Sindo überlegte einen kurzen Moment. Es war ihm anzusehen, dass er nicht überzeugt war, dass der König mit einer Freilassung von Prinz Gannio einverstanden war. Auf der anderen Seite wusste er genauso gut wie Gandaros, dass es dem Volk und der Stadt dienen würde, wenn der Prinz Verantwortung übernehmen könne. „Wenn Ihr nicht Orma wäret, hätte ich Zweifel, ob es richtig wäre, dem Prinzen die Erlaubnis zu erteilen, seine Gemächer zu verlassen. Da Ihr jedoch, solange ich denken kann, die Meinung des Königs vertreten habt und der Stadt und dem Volk gedient habt, werde ich Euch zu ihm führen – und ihn anschließend zum Kriegsrat begleiten. Folgt mir.“

      Sindo wandte sich der Treppe zu und führte sie bis in das oberste Stockwerk. Sie passierten auf ihrem Weg nach oben ein riesiges Studierzimmer, das von Regalen mit Büchern überquoll und einen Trainingsraum, der das gesamte Stockwerk einnahm und wie eine Arena mit Sand gefüllt war. Gandaros sah dies mit Wohlwollen. Gannio hatte somit Gelegenheit gehabt, sich geistig und auch körperlich während seiner langen Gefangenschaft weiterzuentwickeln. Vor der Tür zum fünften Stockwerk befanden sich mehrere Schlösser und Verriegelungen. „Hier sind die Schlüssel“, wollte Sindo gerade sagen, als Gandaros die Tür öffnete, wobei blaue Funken aus den Schlössern sprühten. Die Tür schwang wie von Geisterhand lautlos in den dahinter liegenden Raum. Schnell betraten sie den Raum und sahen Gannio, der vor dem Ostfenster stand und auf die Seeschlacht in der Ferne blickte. Die Schiffe waren zu weit entfernt, um Einzelheiten erkennen zu können und der Rauch der brennenden Hafengebäude erschwerte zusätzlich die Sicht. Nichts desto trotz war erkennbar, was dort vor Napoda vor sich