Thomas von Kempen

Anleitung zum geistlichen Leben


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uns wünschen, oder wir reden

      von dem Unangenehmen, das uns drückt. Aber leider! Häufig erfolglos und

      vergeblich; denn diese äußere Tröstung ist der inneren, göttlichen Tröstung sehr

      abträglich. So müssen wir also wachen und beten (Mt 26,41), damit die Zeit nicht

      ungebraucht vergehe. Wenn es erlaubt und angezeigt ist zu reden, dann sprich, was

      aufbauen kann. Üble Gewohnheit und Gleichgültigkeit gegen unseren Fortschritt

      tragen viel dazu bei, dass wir unseren Mund nicht halten können. Nicht wenig aber

      trägt zum geistlichen Fortschritt das religiöse Gespräch über geistliche Dinge bei,

      besonders dann, wenn Menschen gleichen Herzens und gleichen Geistes sich in Gott

      zusammenfinden.

      Frieden erwerben und unermüdlich weiterstreben

       1. Frieden gewinnt, wer sich nicht unnötig um alles kümmert.

       2. Frieden gewinnt, wer sich selbst widersteht.

       3. Fortschritte erzielt, wer sich tapfer, gottvertrauend, beharrlich in kleinen

       Dingen einsetzt.

      1. Wir könnten reich sein an Frieden, wenn wir uns nicht so viel um das kümmerten,

      was andere sagen und tun und was uns nichts angeht. Wie kann der lange in Frieden

      leben, der sich in fremde Hände mischt, äußere Anlässe sucht und sich wenig oder

      selten innerlich sammelt? Selig die Einfältigen! Sie werden viel Frieden haben.

      Warum sind manche Heilige so vollkommene und beschauliche Menschen gewesen?

      Weil sie bestrebt waren, alle irdischen Begierden in sich zu überwinden; so konnten

      sie mit jeder Faser ihres Herzens Gott anhangen und in Freiheit sich selbst gehören.

      2. Wir aber lassen uns zu sehr von den eigenen Leidenschaften beherrschen und

      durch vergängliche Dinge in Atem halten. Selten erringen wir auch nur über einen

      einzigen Fehler einen vollkommenen Sieg. Täglich voranzuschreiten fühlen wir keine

      Lust. Deshalb bleiben wir kalt und lau. Wären wir uns selbst vollkommen

      abgestorben und innerlich ausgeglichen, dann könnten wir sogar an göttlichen Dingen

      Geschmack finden und ein wenig erfahren, was es um die himmlische Beschauung

      ist. Das ist das einzige und das größte Hindernis: Wir sind versklavt an die

      Leidenschaften und Begierden und versuchen gar nicht, den Weg der

      Vollkommenheit, den die Heiligen gingen, zu beschreiten. Bei der geringsten

      Kleinigkeit lassen wir sogleich den Kopf hängen und sehen uns nach Menschentrost

      um.

      3. Setzten wir uns in den Kämpfen wie Helden tapfer ein, wahrhaftig, wir würden

      "die Hilfe des Herrn vom Himmel her über uns kommen sehen" (2 Chr 20,17). Denn

      er ist bereit, denen zu helfen, die da streiten und auf seine Gnade bauen. Er gibt uns

      Gelegenheit zum Kampfe, damit wir siegen. Wenn wir den Fortschritt im religiösen

      Leben nur in äußeren Übungen erblicken, wird es mit unserer Innerlichkeit bald am

      Ende sein. Legen wir vielmehr die Axt an die Wurzel, um, gereinigt von den

      ungeordneten Neigungen, den Frieden des Geistes zu finden. Würden wir jedes Jahr

      nur einen einzigen Fehler ausrotten, wir wären bald vollkommene Menschen. Aber

      oft genug erleben wir das Gegenteil und finden, dass wir am Anfang unserer Umkehr

      besser und reiner waren als nach vielen Jahren der Prozess. Der Eifer und Fortschritt

      müssten täglich wachsen, aber heute gilt einer schon als groß, der noch einen Funken

      des ersten Eifers in sich erhalten konnte. Würden wir uns anfangs nur ein wenig

      Gewalt antun, wir könnten nachher alles leicht und frohgemut schaffen. Es ist

      schwer, Gewohntes zu lassen, aber noch schwerer ist es, gegen den eigenen Willen

      anzugehen. Doch wenn du über Kleines und Leichtes nicht Herr wirst, wann willst du

      die schwierigen Fälle meistern? Widerstehe deiner Neigung gleich im Anfang und leg

      die üble Gewohnheit ab, sonst bringt sie dich nach und nach in größere

      Schwierigkeiten. Würdest du doch recht bedenken, wie reich der Friede ist, der dir

      zuteil wird, und wie groß die Freude, die du anderen bereitest, wenn du dich gut

      führst, ich glaube, du würdest auf deinen geistlichen Fortschritt mehr Sorgfalt

      verwenden.

      Der Nutzen von Widrigkeiten

       1. Widrigkeiten erziehen dich zur Demut.

       2. Das Leid führt dich zu Gott.

      1. Es ist gut für uns, dass wir bisweilen Dingen begegnen, die uns unangenehm und

      zuwider sind; denn sie rufen den Menschen oft zu sich selber zurück. Er erkennt, dass

      er in der Verbannung lebt und dass er seine Hoffnung nicht auf irgendetwas in der

      Welt setzen soll. Es ist gut, dass wir zuweilen Widerspruch erfahren und dass schlecht und abfällig über uns gedacht wird, selbst wenn wir recht handeln und es gut meinen.

      Das fördert oft die Demut und schützt uns vor eitlem Ruhm. Wenn nämlich die

      Menschen in der Welt uns gering achten und uns nichts Gutes zutrauen, dann suchen

      wir noch mehr den inneren Zeugen: Gott.

      2. Deshalb sollte der Mensch so fest in Gott gründen, dass er nicht nötig hätte, viel um menschlichen Trost zu betteln. Wenn ein Mensch, der guten Willens ist, in

      Bedrängnis oder Versuchung gerät oder von bösen Gedanken geplagt wird, dann

      sieht er besser ein, dass er Gott doch recht nötig hat und dass er ohne ihn nichts Gutes vermag. Er wird traurig, klagt und betet wegen der Not, die er leidet. Dann mag er nicht länger mehr leben, sehnt den Tod herbei und möchte "aufgelöst werden und mit Christus sein" (PhilI, 23). Es geht ihm die Erkenntnis auf, dass es eine letzte

      Sicherheit und einen vollen Frieden in der Welt nicht geben kann.

      Anfechtungen zurückdrängen

       1. Wir alle werden versucht.

       2. Versuchungen und Anfechtungen sind Segen und Klippe.

       3. Quellen der Versuchungen und deren Abwehr.

       4. An Häufigkeit und Heftigkeit verschieden sind sie: Prüfstein, Erziehungsmittel

       und Verdienstquelle.

      1. Solange wir auf Erden leben, können wir nicht ohne Trübsal und Versuchung sein.

      Bei Hiob heißt es: "Angefochten sein, das ist des Menschen Leben auf Erden" (7, 1).

      Daher sollte jeder sein Augenmerk auf das richten, was ihn zu Falle