Kris Wordsmith

Murder2share – Mord zum Teilen


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ging ins Bad und wusch sich ihr Gesicht. Sie war erschöpft. Ihr Körper schwitzte vor der Anstrengung. Ihr Nacken tat weh. Sie legte sich wieder ins Bett.

      „Danke, das hat gut getan.“ murmelte Isa mit geschlossenen Augen. Sie wirkte müde. Sie schlief sofort ein.

      Tina wollte auch sofort einschlafen können. Aber es gelang ihr nie. Je stärker sie sich darauf konzentrierte, desto schwerer schlief sie ein. Immerhin konnte sie jetzt unbemerkt ihr Smartphone öffnen. Sie sah wieder die Nachricht: „Hey, du Bitch, soll ich deiner Freundin Isa ein Geheimnis verraten?“

      Tina plagte ihr Gewissen. Sie erinnerte sich an die Nacht im Weingarten in Spanien. Der Sohn des Winzers küsste sie. Unter einem Rebstock fiel er über sie her. Er zog ihren Rock nach unten. Er drang in sie ein. Wie Tiere wälzten sie sich am Boden. Sie genoss es. Diese Nacht hatte schreckliche Konsequenzen, über die sie nicht mehr nachdenken wollte. Sie wollte sich nicht mehr an diese üble Zeit erinnern. Sie legte das Smartphone auf das Nachtkästchen und versuchte zu schlafen. Sie schaute auf die fast schwarze Decke des Zimmers.

      Das Smartphone leuchtete auf und erhellte den dunklen Raum für wenige Sekunden. Sie erschrak. Sie sah die dunkle Silhouette eines Menschen, der gegenüber an der Wand stand. Schnell griff sie ihr Smartphone und öffnete die Taschenlampe. Es war niemand im Raum. Die Tür war verschlossen. Sah sie schon Geister?

      Wie automatisiert öffnete sie die Video-App auf ihrem Smartphone und schaute ihren letzten Beitrag an. Ihr Video hatte zweihunderttausend Aufrufe. Das war nicht schlecht. Morgen würde es die Millionengrenze erreichen, da war sie sich ganz sicher.

      Sie schaltete ihr Smartphone wieder aus und schloss die Augen. Es flimmerte. Sie sah helle Blitze. Bilder schossen durch ihr geistiges Auge.

      „Hey Tina, soll ich Isa von deinem Geheimnis in Spanien erzählen?“ sprach jemand. Es war die Stimme von Alexia. Sie schrak auf. Das war unheimlich. Sie schaute auf den intelligenten Lautsprecher, der auf dem Nachtkästchen stand.

      „Wer bist du? Was soll das?“ fragte sie.

      „Ich weiß alles. Isa würde Augen machen.“ erwiderte Alexia.

      „Hey, das ist unheimlich.“

      „Antworte mir, soll ich Isa von deinem Geheimnis erzählen?“

      Alexias Stimme wurde immer lauter. Das war zu viel. Isa durfte nicht aufwachen. Sie durfte nicht von ihrem Geheimnis erfahren. Schnell zog sie den Netzstecker des Gerätes. Endlich war es stumm. Wie konnte jemand die Kontrolle über ihre sprachgesteuerten Geräte übernehmen? Das war unmöglich, dachte sie.

      Sie quälte sich durch den Schlaf. Sie fühlte sich unter Beobachtung.

      Das Missgeschick

      Der Wecker riss sie aus dem Schlaf. Sie war alleine. Hastig griff sie nach ihrem Smartphone und überprüfte alle neuen Nachrichten. Doch ihre Blase drückte sie. Mit dem Smartphone in der Hand rannte sie zur Toilette. Doch Isa saß auf dem WC.

      „Bitte, lass mich schnell, ich muss ganz dringend pinkeln.“ sagte Tina.

      „Geht nicht, ich muss gerade etwas Größeres machen, ich kann jetzt leider nicht weg.“ erwiderte Isa.

      „Oh nein.“

      „Geh doch unter die Dusche.“

      „Meinst du das ernst?“

      „Ja, wenn es nicht anders geht.“

      Sie stellte sich in die Dusche. Das war ungewohnt, weil sie sich auf nichts stützen konnte. Sie musste sich hinknien. Sie konnte es nicht mehr halten. Ein breiter Strahl strömte aus ihr. Tina öffnete wieder ihr Smartphone und schaute nach den Klickzahlen ihres Videos. Es waren fast eine halbe Million. Sie jubelte innerlich. Ihr Smartphone zeigte direkt auf Isa.

      „Sag mal, filmst du mich etwa?“ fragte Isa.

      „Wie bitte? Natürlich nicht.“

      „Das sah gerade so aus. Du hast das Objektiv direkt auf mich gezeigt.“

      „Nein.“

      Tina war wie berauscht von den Klickzahlen. Sie vergaß alles um sich herum. Plötzlich spürte sie eine warme Flüssigkeit über ihre Waden fließen. Sie schaute nach unten. Sie pinkelte sich an. Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht und rutschte aus. Sie fiel um. Die warme Flüssigkeit lief jetzt über ihre Brust und ihren Kopf.

      „Haha, im Knien pinkeln will gelernt sein.“ sprach Isa.

      Tina setzte sich wieder auf. Endlich war sie fertig.

      „Lach doch nicht. Du bist schuld, weil du das WC belegst.“

      „Nein, du bist schuld, weil du immer an deinem Smartphone herumspielen musst. Sogar auf der Toilette? Das muss nicht sein.“

      „Toll, jetzt kann ich gleich duschen. Ich bin ganz nass.“

      Isa grinste. Sie presste stark. Ihr Gesicht wurde rot. Es sah aus, als würde sie ein Kind gebären wollen.

      „Was machst du denn da?“ fragte Tina.

      „Endlich kommt es raus.“

      „Igitt, das möchte ich gar nicht wissen.“

      „Warum denn? Sieht es bei dir besser aus?“

      „Nein, aber ich mache das nicht vor anderen.“

      „Du bist doch hier eingefallen. Ich war vorhin alleine.“

      „Stimmt auch wieder.“

      „Übrigens, heute wird es etwas später, weil die neuen Hanteln und Geräte kommen.“

      „Alles klar.“

      „Was machst du heute?“

      „Ich treffe Tom, wir besprechen ein neues Video.“

      Isas Gesicht verfinsterte sich: „Ach so, na dann viel Spaß mit deinem Partner.“

      „Hör auf, bist du etwa immer noch eifersüchtig? Das Thema hatten wir schon.“

      „Na und? Es ändert sich aber nichts. Ich werde immer noch von dir verheimlicht.“

      „Das stimmt doch so nicht. Du möchtest doch auch nicht in der Öffentlichkeit stehen. Das mit Tom war schon vor unserer Beziehung. Das hat sich so ergeben. Wie soll man das noch rückgängig machen? Ich kann doch nicht meinen Followern nach all den Jahren sagen: Hey, das mit Tom war ein Fake, ich stehe in Wirklichkeit auf Frauen, hier, das ist meine Freundin Isa.“

      „Das wäre zumindest aufrichtig.“

      Isa schaute nach unten in die Toilettenschüssel und begutachtete den Inhalt.

      „Das ist voll ugly. Warum musst du das noch so genau anschauen? Spül einfach.“ sagte Tina.

      „Ich glaube, meine Periode kommt früher. Haben wir noch Tampons?“

      „Ja klar, im Schränkchen neben dir.“

      „Das sind keine guten, haben wir nicht die normalen?“

      „Wieso nicht gut? Die sind super. Die habe ich geschenkt bekommen. Die sind sehr teuer. Die haben einen integrierten Mikro-Chip mit Sensor. Der erkennt genau, wann es…“

      „Ich halte das nicht mehr aus mit diesen Gimmicks.“ fiel ihr Isa ins Wort. „Ich brauche keine smarten Tampons. Ich brauche keine smarte Zahnbürste. Ich brauche diese komische Matratze nicht. Es fehlt nur noch, dass das Klopapier smart ist.“

      Isa betätigte die Spülung. Dann nahm sie auf dem Bidet neben der Toilette Platz und wusch sich.

      „Mir ist das unangenehm. Die ganze Zeit zielt dein Smartphone auf mich. Muss das sein?“

      „Na und? Ich würde dich doch nie filmen.“

      „Aber trotzdem ist es unheimlich. Warum duschst du dich nicht endlich?“