Hubert Wiest

Lomoco spioniert


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Hand. Doch der hatte sich längst umgedreht. Das Dröhnen kam näher. Immer lauter. Zitternd wandte sich Fabius um, versuchte sich hinter dem kleinen, himmelblauen Roboter zu verstecken.

      Da sah er einen riesigen HX-Roboter heraneilen. Seine Biomotoren dröhnten ärgerlich. Der schwarze Roboter war mindestens zwei Meter groß und auf den breiten Schultern saß ein kleiner Kopf mit stechenden Augen. Die Mundwinkel zog er nach unten, als hätte er gerade ein Glas Essig getrunken.

      Mit aufheulenden Motoren stoppte der HX-Roboter vor Fabius und Lomoco, schien die beiden zunächst nicht zu bemerken und fauchte den Bauern an: „Protzki, was soll das? Wir haben eine Abmachung. Dir gehört der goldene Tresor und ich besorge all das Gold für dich. Dafür bin ich Chef über den Bauernhof. Es ist dir ein für alle Mal verboten die LWPH1 zu betreten. Wenn ich dich noch einmal hier erwische, nehme ich dir deinen Fernseher weg. Und jetzt raus hier, bevor ich mich vergesse.“

      Protzki zitterte am ganzen Leib. Wimmernd rannte er los: „Nein, nicht den Fernseher. Bitte nicht.“ Und es kam wie es kommen musste. Eines der dünnen Beinchen konnte den dicken Körper nicht länger tragen, rutschte weg und Protzki stürzte in den Schweinematsch. Unter heftigem Umrühren und Zappeln tauchte er wieder auf, über und über mit Matsch bedeckt. Mühsam keuchend rappelte er sich auf und eilte gebückt davon.

      „Mit dem braunen Schweinematschgesicht sieht er gesünder aus, nicht so wachsweiß“, witzelte Lomoco.

      Jetzt fixierte der schwarze HX-Riese Fabius und Lomoco. Er beugte sich ganz dicht zu Fabius herunter und herrschte ihn an: „Wer bist du, Kleiner? Was machst du hier? Weißt du nicht, dass das Betreten der LWPH1 STRENGSTENS verboten ist?“

      Fabius fand keine Zeit zu antworten, da wandte sich der HX an Lomoco: „Du unverschämter Zwergenroboter. Du sollst arbeiten, Schweinerollen säubern, Schweine entknoten. Ab mit dir in den Schweinematsch.“ Der schwarze HX funkelte Lomoco zornig an. Er hob ihn mit seinen kräftigen Armen ohne Mühe hoch und setzte den himmelblauen Lomoco vor eine verschmutzte Schweinerolle mitten in den Matsch.

      „Halt, das ist ein Irrtum“, widersprach Lomoco. „Ich gehöre gar nicht hierher. Ich bin doch der Roboter der Bröm...“ Weiter kam er nicht. Der HX drückte Lomocos Kopf zu einer verschmutzten Schweinerolle in den Matsch: „Bröm interessiert mich nicht. Ich hasse Widerreden. Alle Roboter arbeiten hier Tag und Nacht. Ich akzeptiere keine Ausnahme. Absolut nicht.“ Lomoco musste einsehen, dass es keinen Zweck hatte - zumindest im Moment musste er mitspielen. Lustlos stocherte er an der verdreckten Schweinerolle herum, während Schweinematsch von seinem Kopf tropfte.

      Der schwarze Roboter verschwendete keinen Blick mehr an Lomoco, schnappte sich Fabius, den er unsanft hochhob und in Richtung Aufzug trug: „Dich Knirps, möchte ich hier nicht mehr sehen.“

      Fabius schlug wild um sich und schimpfte auf den HX-Roboter ein. Doch nach zwei verzweifelten Hieben auf seine harte Oberfläche war ihm klar, hier tat er sich höchstens selber weh. Dem HX konnte er nichts anhaben. Fabius` Angst war furchtbarer Wut gewichen.

      „Das ist mein Roboter“, schrie er verärgert.

      Der HX-Roboter schien Fabius nicht zu hören. In dem rumpelnden Aufzug ging es hinab, und als sie das Freie erreicht hatten, trug der riesige Roboter Fabius vor die Einfahrt des Protzki-Bauernhofes und ließ ihn dort wie eine reife Pflaume fallen.

      „Wenn ich dich hier noch einmal erwische, wird es dir schlecht ergehen“, hallten die drohenden Abschiedsworte über den Hof.

      Wut rumorte in Fabius` Bauch wie eine ganze Schüssel Bohneneintopf. Das durfte nicht wahr sein. Der HX hatte Lomoco einfach einkassiert. Der kleine Roboter saß nun im Matsch und musste Schweinerollen säubern. Er würde Lomoco auf keinen Fall im Stich lassen. Fabius hockte sich unter ein mickriges Bäumchen am Rand der vierspurigen Landebahn. Sein Arm schmerzte vom zangenharten Griff des HX-Roboters.

      Ein bekanntes Flattern riss ihn aus seinen Gedanken. „Hugo“, rief er begeistert. „Wo kommst du her?“

      „Hallo Fabius. Aus dem Schweinestall natürlich.“

      „Ich meine, wie bist du da herausgekommen? Der blöde HX hat doch die Aufzugstür hinter mir abgeschlossen.“

      Hugo wedelte mit seinen Flügeln: „Kein Problem, ich bin durch die Lüftungsschlitze geflogen.“

      „Hast du Lomoco auch mitgebracht?“

      „Neee, die Lüftungsschlitze sind viel zu hoch, direkt unter der Decke, da kommt Lomoco nie hinauf. Es sind fünf oder sechs Meter. Und außerdem liegen die Lüftungsschlitze im 19. Stock. Was passiert wohl, wenn Lomoco herunterfällt? Fliegen kann er bestimmt nicht. Mit einem Arm? Niemals!“

      Darüber wollte Fabius nicht nachdenken. Ihm war einmal eine Dose Tomaten aus dem fünften Stock runtergefallen. Sie war hinterher nur noch Matsch.

      „Gleich nachdem der HX dich weggeschleppt hatte, kam ein Aufpasserroboter. Er sah aus wie ein riesiger Hund aus Blech zusammengenietet. Er ging auf zwei Beinen und war in grellem Orange lackiert. Der Blechhund bellte um sich, packte Lomoco einfach an seinem Arm und zerrte ihn hinter sich her, hinaus ins Treppenhaus. So wie es dort schepperte, zog er Lomoco ein ganzes Stockwerk nach unten. Mehr weiß ich nicht“, erzählte Hugo ganz aufgeregt und seine Stimme überschlug sich.

      „Hugo, du bist unser Joker. Niemand hat dich bemerkt. Du kommst jederzeit in die LWPH1 hinein, und noch viel besser, auch wieder heraus.“

      „Ich bin doch kein Joker, sondern eine Endurofledermaus“,

      entrüstete sich Hugo.

      Fabius nickte und streichelte Hugo über den Kopf. „Ja ja, du hast schon recht“, murmelte Fabius und fuhr fort: „Wir müssen Lomoco retten. Er ist dort oben in der LWPH1 gefangen. Nur drei Wege führen nach draußen: Der Aufzug, die Treppe und die Lüftungsschlitze. Aufzug und Treppenhaus sind abgeschlossen, die Lüftungsschlitze liegen zu weit oben.“

      Hugo hörte artig zu und kratzte sich mit seinem Flügel über den Kopf.

      „Als Erstes musst du Lomoco finden“, plante Fabius. „Du schaffst das, du bist klein genug. Du fliegst durch die Lüftungsschlitze in jedes Stockwerk der LWPH1 und suchst es ab, von oben nach unten. Ganz sicher findest du Lomoco. Dann organisierst du einen Schlüssel für den Aufzug oder das Treppenhaus. Flieg einem der blechernen Wachhunde nach. Irgendwo müssen sie den Schlüssel versteckt haben. Mit dem Schlüssel könnt ihr gemeinsam fliehen.

      Falls das nicht klappt, müsst ihr versuchen, über die Lüftungsschlitze zu fliehen. Vielleicht findet ihr ein langes Seil, an dem sich Lomoco herablassen kann oder eine Feuerleiter. Ich werde am Waldrand hinter der LWPH1 auf euch warten. Da hinten, bei der Eiche treffen wir uns wieder.“

      „Alles klar, wird gemacht“, sagte Hugo. Mit durchgedrückten Beinen stand er stocksteif da und hielt seine Hand wie ein General an die Stirn.

      „Viel Glück“, sagte Fabius und Hugo sauste senkrecht in die Luft.

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