Andreas Model

Die schönsten Märchen aus Zentralafrika


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Bingo, "so sollst du von jetzt an als Glücksbringerin gelten." Er ging. Auf seinem Weg fand er Viere, die Schlange, und mit einem Tritt seiner Ferse zermalmte er ihr den Kopf.

      Endlich wurde Nsambe der vergeblichen Verfolgungsjagd müde. Er stieg wieder in die Höhe und ließ Bingo in Ruhe.

      Bingo hatte die Weisheit seines Pflegevaters bekommen. Als Otoyom gestorben war, wusch er dessen Körper und salbte ihn sorgfältig. Den Schädel bewahrte er auf, um ihn zu ehren und in seinem Haus zu behüten. Er bestrich ihn mit roter Farbe und ölte ihn zu den großen Festen; so blieb der Geist Otoyoms Bingo nahe. Bingo hat uns beigebracht, die Schädel der Ahnen zu ehren und ihren Geist bei uns zu halten. Schande über alle, die nicht die Häupter der Alten ehren.

      Als Bingo ein großer Mann geworden war, bereiste er die Welt, alle Menschen, alle Stämme. Er war gut und lehrte die Menschen, gut zu sein. Mit einem grünen Stein, den er an seinem Hals trug, konnte er alle Arten von Wundern bewirken. In diesen Stein hatte Nsambe seinen Namen gezeichnet und ihn Bingos Mutter, Mboya, geschenkt, gleich am ersten Tag, als er sie sah. Mboya wiederum hatte den grünen Stein Bingo übergeben. Wenn Bingo wollte, verließ er seinen Körper; die Pfeile erreichten ihn nicht, die Äxte verwundeten ihn nicht, die giftigen Stacheln verletzten nie seinen Fuß.

      Chamäleon und Gecko

      Der Gecko hatte sich niedergelassen, um sich ein wenig in der Sonne auszuruhen. Da ging das Chamäleon vorüber. Es weinte, und so fragte der Gecko: "Warum weinst du denn?" - "Mein Bruder ist gestorben", erwiderte das Chamäleon. Der Gecko schnalzte mit der Zunge und spottete: "Deshalb gehst du so gebückt und niedergeschlagen einher?! Wirst wohl gar krank werden?" Das Chamäleon aber lief, Tränen in den Augen, schweigend vorüber.

      An einem anderen Tag sah das Chamäleon den Gecko weinen und erkundigte sich ebenfalls gleich: "Warum weinst du denn?" - "Meine Schwester ist gestorben", erwiderte der Gecko. Da höhnte das Chamäleon: "Ach, deshalb siehst du so erbärmlich aus und riechst so! Du wirst doch nicht etwa sterben?"

      Da ärgerte sich der Gecko mächtig, und die beiden gerieten miteinander in Streit. "Als ich Trauer hatte", sagte das Chamäleon, "hast du mich verhöhnt, aber ich habe dich in Ruhe gelassen, und heute, da ich dich verhöhnt habe, willst du dich aufregen?" Auf diese Weise entstand das Sprichwort: 'Das letzte Messer verwundet. '

      Das Bußgeld des Stachelschweins

      Der Elefant hatte einst mit der Frau des Stachelschweins Ehebruch begangen. Da sandte das Stachelschwein die anderen Tiere, beim Elefanten das Bußgeld einzufordern. Bevor sie sich auf den Weg machten, riss es sich noch einen Stachel aus und gab ihnen den mit.

      Als die Tiere beim Elefanten anlangten, erklärte er ihnen: "Das Stachelschwein - kenne ich nicht!" Da wiesen die Tiere den Stachel vor und sagten: "Schau her, das ist sein Haar." Der Elefant sah den Stachel und sprach: "Dieser Mann ist stärker als ich, schon seine Haare sind ja viel gewaltiger als meine! Kommt in zwei Tagen wieder, dann zahle ich Buße." Daraufhin kehrten die Tiere heim.

      Nachdem die zwei Tage verstrichen waren, wollte das Stachelschwein unbedingt mit zum Elefanten. "Geh nicht", rieten die Tiere ab, "wenn der Elefant sieht, wie klein du bist, wird er dich nicht mehr fürchten, und du bekommst dein Geld nicht. Sieht er dagegen nur den Stachel, zahlt er die Buße." Das Stachelschwein aber setzte seinen Willen durch und ging mit.

      Als die Tiere wieder beim Elefanten angekommen waren, holte er die üblichen fünfundsiebzig Schillinge herbei. Aber ehe er sie übergab, fragte er noch: "Das Stachelschwein ist wohl nicht mitgekommen?" Und ehe die anderen es verhindern konnten, trat das Stachelschwein vor und sprach den Elefanten an: "Sieh mich an, Herr!" Der Elefant, der nun sah, wie winzig das Stachelschwein war, hob den Fuß, um es zu zerstampfen. Vom Bußgeldzahlen wollte er nun nichts mehr wissen. Da rannte das Stachelschwein, was es konnte, und schlüpfte schnell in einen Termitenbau. Und damit der Elefant sie nicht töten kann, leben Stachelschweine seitdem in Termitenbauten.

      Seitdem fragt man aber auch einen Mann, der Buße fordert, weil jemand mit seiner Frau Ehebruch begangen hat, oder der seine Frau deshalb sogar in das Haus ihres Vaters zurückschickt: 'Gehst du das Bußgeld des Stachelschweins einfordern?'

      Das Erdhörnchen als Richter

      Das ist die Geschichte von den kräftigen jungen Männer und den jungen Mädchen. Eines Nachts raubte die Hyäne dem Löwen eine Ziege und tötete sie. Aber der Löwe fing die Hyäne. Er rief seine Söhne und befahl ihnen: "Bewacht sie und lasst sie nicht nach den Moskitos schlagen, die sollen sie ruhig stechen!" Da setzten die Moskitos der Hyäne mächtig zu. Aber die Hyäne ersann eine List. Sie sprach zu den Jungen des Löwen: "Meine Freunde, ich will euch eine Geschichte erzählen. Einst in unseren alten Zeiten da führten wir einmal einen Kampf, und die Speere trafen uns hier und trafen uns dort, und hier, und dort ..." So erzählte die Hyäne und überlistete ihre Bewacher. Die Jungen des Löwen aber wollten sich ausschütten vor Lachen, und so wurde es schließlich Morgen.

      Da rief der Löwe das Erdhörnchen und forderte: "Sei unser Richter und entscheide unseren Fall. Die Hyäne hat mir nachts eine Ziege geraubt und sie getötet." Das Erdhörnchen gab zur Antwort: "Hat sie ein Leben genommen, so soll man ihrs dafür nehmen." Da rief die Hyäne: "Es gefällt mir nicht, dass hier im Hause Gericht gehalten werden soll. Gehen wir nach draußen und machen es dort." So gingen sie ins Freie und forderten das Erdhörnchen noch einmal auf, Gericht zu halten. Es antwortete wieder: "Hat sie ein Leben genommen, soll man ihrs dafür nehmen." - "Hyäne, hast du das Urteil vernommen?" fragte der Löwe. "Ja!" antwortete die Hyäne. Aber da gab ihr das Erdhörnchen einen Wink. Es sprach: "Hast du denn nicht in das Buch gesehen? Das Buch spricht: 'Der Busch ist weit, aber die Höhle ist eine Höhle. '" Die Hyäne blickte sich um, und dann sprang sie auf und rannte davon. Das Erdhörnchen aber huschte schnell in sein Loch. Und obwohl sich der Löwe noch lange umblickte, sah er niemanden mehr.

      Das Mädchen in der Trommel

      Ein junges Mädchen wollte heiraten. Da riet ihm seine Mutter: "Wenn du fort gehst, so geh den schmutzigen Weg, folge nicht dem sauberen!" Aber die Tochter folgte dem gereinigten Weg und kam in das Haus von Nesi. Nesi nahm sie, steckte sie in seine Trommel und spazierte damit umher.

      Da begegnete er einer Frau, die bei der Feldarbeit war. Er fragte sie: "Was gibst du mir zu essen, wenn ich die Trommel so schlage, dass sie redet und du es hörst?" Die Frau gab ihm eine Banane. Darauf sagte Nesi: "Bumbum, ich schlage, sie redet." Das Mädchen in der Trommel sang nun: "Meine Mutter hat gesagt, wenn ich mich verheirate, soll ich den schmutzigen Weg entlanggehen. Aber als ich fort ging, nahm ich den sauberen Weg und kam in das Haus von Nesi. Nesi, der mich bedroht, Nesi, ach stürbest du doch! Nesi!"

      Nesi ging weiter und traf zwei andere Frauen. Er fragte sie: "Was gebt ihr mir, wenn ich meine Trommel so schlage, dass ihr sie reden hört?" Die Frauen gaben ihm Erdnüsse. Darauf sagte Nesi: "Bumbum, ich schlage, sie redet." Als Nesi das gesagt hatte, fing das Mädchen wieder an, sein Lied zu singen. Oh, da merkten die Frauen, dass es ihre Tochter war, die da in Nesis Trommel sang. Sie lobten Nesi: "Du kannst wunderschön trommeln", und sie gaben ihm auch Süßkartoffeln, damit er noch einmal trommle. Nesi nahm die Süßkartoffeln, doch als er sie aß, würgte es ihm im Hals. Er bat nun die Frauen, sie möchten ihm Wasser zu trinken geben. Da nahmen die Frauen eine leere Wasserkalebasse, durchbohrten den Boden und gaben sie Nesi, damit er sich damit Wasser zum Trinken schöpfe. Nesi ging zur Wasserstelle, doch so oft er auch schöpfte, die Kalebasse blieb leer.

      Inzwischen holten die Frauen ihr Kind aus der Trom­mel und versteckten es. Sie fingen eine Schlange und einen Grashüpfer und setzten sie in Nesis Trommel. Als Nesi von der Wasserstelle zurückkam, fragte er die Frauen, ob er noch einmal trommeln solle. Doch sie lehnten ab, noch einmal wollten sie das Lied nicht hören.

      Da ging Nesi weiter. Er kam an einen anderen Ort und wandte sich wieder an eine Frau: "Wenn du mir Zuckerrohr zu essen gibst, schlage ich meine