Andreas Model

Die schönsten Märchen aus Zentralafrika


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sie etwas, und wählte indessen zwei von den wildesten Hunden aus. Während sie die beiden streichelte und liebkoste, wisperte sie ihnen zu, dass sie in dieser Nacht ihren Herrn bewachen müssten, die Fremde wolle ihm ans Leben. Es waren Zauberhunde, wie die Frau wohl wusste. Als sie nun traurig ins Haus gegangen war, nicht etwa, um zu schlafen - bewahre -, da erhoben sich die Hunde und schlichen dorthin, wo Atikawt an der Seite der Fremden lag.

      Einige Stunden verstrichen, und alles blieb still. Ada, denn sie war es ja, nur verwandelt in eine schöne Frau, Ada war sicher, dass es ihr jetzt glücken würde, Atikawt zu töten. Sie schlug sich auf den Leib, da sprang das rot glühende spitze Eisen heraus. Ada holte aus, um den Mann an ihrer Seite im Schlaf zu töten, aber schon bei der ersten Bewegung sprangen die Hunde auf und warfen sich mit fürchterlichem Gebell auf sie. Der Jäger schrak auf, und Ada, voller Zorn, schlug noch einmal auf ihren Leib, das rot glühende Eisen sprang hinein und war verborgen. Dann tat sie so, als wäre auch sie von den Hunden geweckt worden, und sagte, dass sie mit den Hunden in einem Raum nicht schlafen könne. Also erhob sich Atikawt, schlug die Hunde, die ihm doch das Leben gerettet hatten, und kettete sie auf der Veranda an. Während er sich beeilte, zu seinem Gast zurückzukommen, schlich sich Atikawts zauberkundige Frau aus ihrem Raum, befreite die Hunde und flüsterte ihnen zu, dass sie wachen sollten wie bisher.

      Als Ada den Jäger wieder schlafend wusste, erhob sie sich erneut, schlug auf ihren Leib, und das rot glühende Eisen erschien ein zweites Mal. Da sprangen die Hunde durchs Fenster, packten sie und bellten so laut wie zuvor. Von dem Lärm erwachte Atikawt, und in dem Augenblick krähte der Hahn. Dieser Laut versetzte Ada in höchste Erregung, sie sagte zu Atikawt, dass sie sich unverzüglich auf den Weg machen müsse, er möge doch die Hunde einsperren und sie begleiten.

      Der Mann war so einfältig, dass er nicht nur alles tat, was sie sagte, sondern auch noch den Raum, in dem er die Hunde gelassen hatte, so fest verschloss, dass niemand an sie herankam, solange er fort war. Unterwegs forderte die Fremde Atikawt auf, voranzugehen, sie wollte ihm folgen. Aber dem widersetzte er sich, und dies war die erste und sehr nötige Weigerung gegenüber der Fremden, der nun, weil Atikawt hinter ihr ging und sehen konnte, was sie vorhatte, die Hände gebunden waren. Aber bald hatte sie sich einen Plan ausgedacht.

      Nahe am Weg stand ein Baum, an dem viele Früchte wuchsen. Ada bat den Jäger, hinaufzuklettern und ihr Früchte zu pflücken. Aber kaum war Atikawt ihrem Wunsch gefolgt, ließ sie den Baum durch Zauberkraft wachsen und wachsen, bis er höher war als jeder Baum auf der Welt. Dann schlug sie wieder auf ihren Bauch. Ungefähr zwanzig bewaffnete Männer sprangen heraus, umringten den Baum und schrieen zu dem Jäger hinauf: "Nun, flieg doch!" Auch Ada fing an zu prahlen und rief ihm zu: "Du kannst schauen und schauen, wohin du willst, du siehst nur Schlimmes!"

      Als Atikawt das alles sah und hörte, fielen ihm die Warnungen seiner Frau wieder ein, und er verstand nun auch, warum die Hunde in der Nacht so sehr gebellt hatten. Von der Spitze des Baumes aus, wo er sich festgeklammert hatte, sah er seine Stadt und dachte daran, dass er die Hunde auch noch eingesperrt hatte. Er rief nach ihnen und weinte bitterlich über seine Dummheit. Inzwischen befahl Ada ihren Männern, den Baum zu fällen. Da nahmen die Männer ihre Äxte und schlugen auf den Baum ein. Als die Schläge einer nach dem anderen fielen, flog ein Papagei vorüber, sah, was da vorging, und brachte die Kunde eilends in Atikawts Haus. Sie sollten sofort die Hunde loslassen, riet er, sonst würde der, der am Morgen das Haus verlassen hätte, niemals wiederkehren.

      Andere hätten verzweifelt aufgegeben, als es einfach nicht gelingen wollte, die Hunde frei zu bekommen, aber Atikawts zauberkundige Frau, die nur zu gut wusste, dass ihr Mann verloren war, wenn die Tiere ihren Herrn nicht rechtzeitig erreichten, nahm einen Stein, schlug auf die Ketten ein, bis sie zerbrachen, und schickte die Hunde dann in die Richtung des Baumes.

      Sie hatten kaum die Hälfte des Weges geschafft, da fiel der Baum, prallte aber glücklicherweise gegen einen anderen und schlug nicht auf der Erde auf. Ada erteilte den Befehl, auch den zweiten Baum zu fällen, damit Atikawt endlich in ihre Macht geriete. Wieder machten sich die Männer an die Arbeit, und als auch dieser Baum fiel, hatten die Hunde den Platz erreicht. Der wildeste von allen, er hieß Oro Njaw, warf sich sofort auf Ada, die anderen stürzten sich auf die Männer und zwangen sie zur Flucht. Viele wurden getötet, nur wenige vermochten zu entkommen. Ada selbst wurde in Stücke gerissen.

      So endet die Geschichte von Awsang Atikawt, dem berühmten Jäger, und Ada, der schrecklichen Beherrscherin des Waldes, die in ihrem Leib alle Musik der Welt trug und auch alle Waffen, die je geschmiedet wurden. Und wir sehen, die Verschwörung der zwei Elefantenmenschen, die Felder des Jägers zu zerstören, hat uns einen großen Dienst erwiesen: den Tod von Ada, der Beherrscherin des Waldes, hat sie herbeigeführt. Atikawt muss tatsächlich ein großer Jäger gewesen sein, denn er hat den Wald von einem so grausamen Ungeheuer befreit.

      Akulenzame, der Mann mit dem Sack

      Eines Tages ging eine junge Frau in den Wald Obafrüchte pflücken, um Öl zu bereiten. Als sie mit einem Korb voller Früchte auf dem Heimweg war, traf sie Otutuma, den Geist der Wälder. Kaum war sie in ihrer Hütte angekommen, brachte sie ihr erstes Kind zur Welt, einen Sohn. Ihr Vater setzte ihn auf ein Bananenblatt, erkannte den Jungen als sein Kind an und nannte ihn Akulenzame, das heißt 'der Verrückte'. So kam Akulenzame zur Welt.

      Akulenzame wuchs auf wie alle anderen Kinder aus dem Dorf, ohne das etwas Besonderes an ihm zu bemerken war. Er wurde zum Jüngling und wollte heiraten. Weil er klein und hässlich war, konnten ihn die jungen Mädchen aber nicht leiden, keine wollte sich mit ihm einlassen, als er in den Dörfern umherwanderte und die eine oder andere mit Geschenken bedachte.

      Seine Mutter zu Hause war verzweifelt, denn sie war alt, ihre Arme ermüdeten rasch, und es fiel ihr immer schwerer, Akulenzames Hunger zu stillen. Denn ich muss euch sagen, dieser Akulenzame aß ungeheuer viel. Trotz seiner kleinen Gestalt war das, was zehn Menschen wie du und ich in zehn Tagen essen, für ihn kaum an einem Tag genug. Wohin steckte er denn diese Menge Essen? Ihr glaubt in seinen Mund? O nein, er steckte es in einen Sack, den er immer mit sich herumtrug. Seine Mutter machte eine Mahlzeit zurecht, kyo, kyo, war sie schon im Sack, sie bereitete eine andere, kyo, kyo, war auch sie im Sack, und so ging es weiter. Sobald eine Mahlzeit zubereitet war, öffnete sich der Sack, und sie verschwand darin. Anschließend forderte Akulenzame derart eindringlich nach mehr, schlug solchen Lärm und drohte so schlimm, dass seine Mutter wieder auf die Felder eilte, gebückt von der Last zurückkam, und wieder neue Mahlzeiten kochte.

      Die arme Frau schrumpfte richtig zusammen. Sie wurde magerer und magerer, und ihre Brüste hingen wie leere Schläuche. Es war wirklich eine schreckliche Sache, Akulenzame zum Sohn zu haben, einen solchen Vielfraß.

      Eines Tages begegnete Akulenzame auf seinen Streifzügen einem Mädchen, das mit Ketten und Perlen geschmückt und wunderschön mit Rotholzfarbe bemalt war. Er traf sie am Fluss, wo sie ihre Kupferketten mit Sand putzte. Sofort beschloss er, sie zu heiraten. Es war die Tochter eines mächtigen Häuptlings.

      Dieser Akulenzame hatte eigenartige Gewohnheiten. Zunächst den Sack, der ihm über die Schultern hing. Den legte er um nichts in der Welt ab, nicht bei Tag und nicht bei Nacht. Niemals hängte er ihn an einen Haken, niemals erlaubte er einem Menschen, wer es auch sei, ihn zu öffnen oder auch nur einen Blick hineinzutun. "Eki", sagte er, "das ist verboten, das ist heilig." Und noch eine andere Gewohnheit hatte er. Wenn im Dorf oder im Nachbardorf jemand starb, ein junger Mann etwa, der als Krieger oder Jäger berühmt war, eine junge Frau, die wegen ihres Fleißes oder ihrer körperlichen Kräfte bekannt war, versäumte es Akulenzame niemals, sich in das Haus des Verstorbenen zu begeben, an der Trauerfeier teilzunehmen und sich am Totentanz zu beteiligen. Warum er dies tat, wusste niemand, und er hütete sich, es zu sagen.

      Der Grund war: Er hatte von seinem Vater, dem Geist der Wälder, gelernt, sich der Seelen der Toten zu bemächtigen. Wenn eine Seele den Körper verließ, war Akulenzame zur Stelle, und während die Seele unsichtbar den Körper umschwebte, den sie soeben verlassen hatte, und noch unsicher in der wiedergewonnenen Freiheit war, fing Akulenzame sie ein und setzte sie rasch tief in seinen Sack. Von dort konnte sie nicht mehr entkommen, weil sie durch die Kraft eines Fetischs gebunden war. Darum also brauchte Akulenzame so viel Essen,