Gerhard Freitag

Der OGG


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ist. So ähnlich geht es mir jetzt.“ Und mit einem unüberhörbaren Schmunzeln in der Stimme setzte er fort: „Aber ich bemühe mich sehr!“

      Van Hanroy beschloss, vorsichtshalber einmal die Überlegenheit Hortals anzuerkennen. Es war sicher besser, solche Wesen zum Freund zu haben: „Bitte noch einmal ganz langsam. Du willst uns also vor einer Gefahr warnen, die im Galaktischen Zentrum auf uns lauert? Warum?“

      Die rote Kugel stieß nun ein echt amüsiertes Lachen aus: „Lassen wir es einmal dabei, dass ich euch vor einer Gefahr warne. Was ich eigentlich von dir will“, - und nun hatte Van Hanroy den Eindruck, dass jetzt er ganz allein gemeint war - „ist folgendes: Ihr habt nun das Recht und die Pflicht, 3 Richter und 300.000 Soldaten an den OGG abzustellen. Das solltet ihr so nicht tun.“

      „Augenblick“, warf Van Hanroy ein, „was soll denn das heißen? Wir arbeiten seit Jahren daran, Vollmitglied nicht nur der GU, sondern auch des OGG zu werden. Jetzt haben wir es endlich geschafft und ich darf vor der >Galaktischen Direktive< sprechen.“

      „Langsam, langsam“, warf Hortal ein. „Lass mich ausreden. Terra soll ruhig seine 3 Richter an den OGG stellen. Auch 300.000 Soldaten sollen es sein. Aber innerhalb der Soldaten sollen mindestens 100 Superior sein, die als Offiziere ausgebildet sind.“

      Van Hanroy warf einen bedeutungsvollen Blick auf Hegenbosch und meinte „Nun, nicht einmal der Kapitän meines Flaggschiffes wüsste etwas über das, was du zuletzt gesagt hast. Da kannst du ja wohl nicht erwarten, dass ich jemand von der GU darüber informiere.“ Nach einer kleinen Pause setzte er noch seufzend hinzu: „Woher weiß ein Wesen wie du etwas über eines der größten Geheimnisse Terras?“

      „Außerdem musst du dafür sorgen“, ignorierte Hortal den Präsidenten, „dass diese Offiziere Bataillonskommandanten oder ähnliches werden.“

      „Soll ich die Kabine verlassen, Sir?“, warf Hegenbosch ein.

      „Bleiben Sie, Commander. Ich weiß im Moment gar nicht, was ich sagen soll.“

      „Zusätzlich informierst du die Delegierten der >Galaktischen Direktive<, dass ich kommen werde, um eine Rede zu halten.“ Hortal hatte nicht die geringste Absicht, sich um die politischen Probleme Terras zu kümmern.

      Während Van Hanroy, Atahasi und Hegenbosch noch überlegten, wie man auf diese Vorschläge reagieren solle, war die rote Kugel plötzlich verschwunden.

      Der Wachführer meldete über ABC, dass er wieder online sei, der Erste Offizier, dass das bläuliche Gebilde plötzlich verschwunden war und die Funkstation, dass Hyperfunkempfang bestehe. Man hätte noch nicht versucht zu senden.

      Commander Hegenbosch machte einen Rundruf an alle Stationen, in dem er mitteilte, dass sie eine interessante Unterhaltung mit einem Fremdwesen gehabt hätten und man auf weitere Weisungen warten solle.

      Dann wandte er sich an den Präsidenten: „Wie geht es jetzt weiter, Mr. President?“

      „Bleiben Sie beide noch hier bitte. Wir müssen überlegen, was unsere Sprachregelung sein wird.“

      Während eine brodelnde Gerüchtewelle durch das Schiff kochte, machten sich die drei daran, die Ereignisse zu analysieren:

      Van Hanroy blickte zuerst auf Hegenbosch: „Es gibt nur ein paar Handvoll Menschen, die wissen, dass wir Mutanten in allen möglichen - auch hohen - militärischen Rängen eingesetzt haben. Grund ist, dass wir uns im Falle eines Konflikts Vorteile daraus erwarten, dass die Gegenseite davon nichts weiß. Ich ersuche Sie, darüber zu schweigen.“

      „Selbstverständlich, Sir“.

      Atahasi meinte: „So wie ich diesen Hortal einschätze, könnte er wohl seinen Willen bei uns durchsetzen. Warum bloß hat er es wie harmlose Vorschläge dargestellt? Warum sollen wir aller Welt plötzlich erzählen, dass es im Solaren Militär Mutanten gibt und welche militärischen Fähigkeiten diese haben? Ich konnte ihn im Übrigen auch nicht espern.“

      Letztere Bemerkung trug ihm natürlich einen vielsagenden Blick Hegenboschs ein. Aber Atahasi fand, dass es gegenüber dem Kapitän mit der Geheimhaltung ohnehin nicht weiter klappte.

      Van Hanroy gab ihm recht: „Und warum sollen wir diese dem OGG zur Verfügung stellen, und was will Hortal dort erzählen?“

      „Genau. Und wie will er nach Zeiss III gelangen und in den Ratspalast der GU eindringen?“, meldete sich Hegenbosch zu Wort. „Wir haben die Verteidigungsanlagen des Zeiss-Systems zwar noch nicht gesehen, aber diese sind legendär.“

      Nun schwiegen alle drei, und jeder wog in Gedanken die Zukunftsperspektiven dieser Geschichte ab. So etwas wie Hortal warf alle ihre bisherigen Lebens- und Berufserfahrungen über den Haufen.

      Van Hanroy bat dann Commander Hegenbosch, eine weitere Hyperraumphase einzuleiten und meinte: „Lassen Sie uns eine Nacht darüber schlafen, bevor wir Entscheidungen treffen, deren Tragweite wir im Moment nicht beurteilen können.

      Nachdem sich sehr rasch herausgestellt hatte, dass einem weiteren Hyperraumflug nichts mehr entgegenstand, war nach und nach wieder der normale Ablauf an Bord eingekehrt, und am nächsten Morgen bat Präsident Van Hanroy seinen Adjutanten und den Kapitän zu einer neuerlichen Gesprächsrunde.

      „Inzwischen kommt mir der gestrige Vorfall noch mysteriöser vor, als unmittelbar danach“, begann er die Besprechung, „Ich stellte mir vor, was unsere Journalisten sagen und schreiben würden, wenn sie erführen, dass die Politik Sols von geheimnisvollen roten Kugeln bestimmt wird, die in noch geheimnisvolleren blauen Amöben angereist kommen“, setzte er dann schmunzelnd fort. „Aber je länger ich darüber nachdenke, was Hortal uns eigentlich sagen wollte, desto mehr bin ich überzeugt, dass wir auf seine Vorschläge eingehen müssen.“

      „Mir geht es ähnlich, Mr. President“, war die Reaktion Atahasis. Wenn wir es schaffen, 100 Superioroffiziere in gehobenen Stellungen bei der GUPOL unterzubringen, kann das auf keinen Fall ein Nachteil sein.“

      „Auch ich denke, dass Sie das machen sollten, was Hortal vorgeschlagen hat, Mr. President“, stimmte auch Hegenbosch zu. „Natürlich werden Menschen, die diesen gestrigen Auftritt nicht miterlebt haben, nicht so leicht zu überreden sein, aber das Holo des merkwürdigen Raumschiffs wird viele überzeugen. Schade, dass es in Ihrer Kabine keine Überwachungskamera gibt, sonst hätten wir auch eine Dokumentation über Hortal.“

      „Sie meinen also beide, dass ich Terras >Geheimwaffen< öffentlich machen und die Delegierten der >Galaktischen Direktive< davon überzeugen soll, dass Hortal eine Rede halten will?“, fragte Van Hanroy nochmals zurück.

      Nachdem beide zugestimmt hatten, war Van Hanroy froh, dass die beiden Berater seine innerliche Haltung teilten. Nachdenklich beendete er die Sitzung.

      Ob Hortal sie mit irgendeinem Trick beeinflusst hatte?

      Außerdem schien dieses Sammelwesen einen merkwürdigen Humor zu besitzen. Wovor aber fürchtete es sich, wenn es so mächtig war als es den Anschein hatte, und warum war es plötzlich verschwunden?

      2 -

      Der Oberpriester schritt durch die zurückweichende Menge. Er hatte die blaue Haut aller Alorer und war mit einem kunstvoll bestickten bodenlangen Mantel aus einem Material bekleidet, das die Bloxer noch nie gesehen hatten. Würdevoll blickte er nach links und rechts und erklomm dann die Bühne aus roh gezimmerten Holzplanken, die zur Ehre seines Erscheinens aufgestellt worden war. Dann wandte er sich der wartenden Menge zu, hob beide Arme und wartete, bis sich Stille über den Marktplatz senkte.

      „Bloxer von Surun!“, rief er über die Menge, und ein fast unsichtbares Kehlkopfmikrophon übertrug seine Worte zu einer Verstärkerstufe in seinem Mantel, von wo die Impulse an die Lautsprecher gefunkt wurden, die unauffällig an der Hauswand hinter der Bühne angebracht waren. Seine Worte wurden vielfach verstärkt und dröhnten über den Marktplatz, wo die Gläubigen sofort auf die Knie sanken. Einige wagten vor Furcht kaum zu atmen. Viele hatten den Kopf gesenkt.

      Auch