Agatha Cross

Und tot bist Du!


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so schwer. Ich weiß, dass Sie ein guter Ermittler sind. Sie werden sich hier schon einleben. Und Ashton ist ein wirklich netter Kerl. Sie haben sich vielleicht schon über sein Auto gewundert.“ Barns nickte.

      „Sie müssen wissen, dass Ashton aus einem altem Adelsgeschlecht in Uptown Shire stammt. Seine Eltern sind die Viscounts of Uptown Shire. Und unser Ashton ist ein leibhaftiger Earl. Sehr zum Leidwesen seines Vaters ist er zur Polizei gegangen.“

      Das erklärte seinen schicken Anzug und die vornehm näselnde Ausdrucksweise. Barns mochte den Adel nicht besonders.

      „Aber keine Sorge. Ashton ist ein guter Polizist. Ihm fehlt nur ein wenig Erfahrung.“

      Barns sah seinem Gegenüber fest in die Augen.

      „Wir werden sehen. Ich gebe mir Mühe, Sir.“

      „Ihr Dienstbeginn ist ja erst morgen. Jetzt fahren Sie erst einmal in Ihr Hotel und ruhen sich etwas aus. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.“

      Michael Reed erhob sich von seinem Sessel und reichte Barns die Hand zum Abschied. Der nickte kurz und verließ innerlich aufatmend das Büro.

      Ashton saß wartend im Vorzimmer.

      „Die Höhle des Löwen gut überstanden, Sir?“ fragte er schelmisch lächelnd.

      Barns antworte nur kurz, dass er jetzt in sein Hotel fahren möchte und ob Ashton hin dort hinbringen könne.

      „Na klar. Und morgen früh hole ich Sie um halb acht wieder ab.“

      Dann verließen sie das Gebäude und fuhren zum St. Michael`s Inn in der Uptownstreet. Barns schien keine Augen für die Gegend zu haben. Missmutig sah er aus dem Autofenster. Ashton hielt in der schmalen Straße vor dem Haupteingang des Hotels.

      „Bis morgen dann, Sir.“

      „Bis morgen“, sagte Barns und stieg aus.

      In der Hotellobby angekommen, ging er zur Rezeption.

      „Zimmer 208 bitte“.

      Die freundliche Dame hinter dem Tresen händigte ihm den Schlüssel aus.

      „Ihre Koffer sind schon angekommen. Wir haben sie bereits auf Ihr Zimmer gebracht.“

      Barns dankte ihr, reservierte sich einen Tisch für das Abendessen und fuhr mit dem Aufzug in den zweiten Stock. In seinem Zimmer angekommen, sah er sich um. Der Raum war nicht zu klein, gediegen eingerichtet und sauber. Der Ausblick aber war wieder enttäuschend, Häuser und Straße.

      Er ließ sich müde auf sein Bett fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte missmutig minutenlang an die Decke. Dass ihm das passieren musste. Er, der Spitzenermittler , die Bulldogge, in London. Und alles nur wegen dieser blödsinnigen Parkaktion.

      Aber es war im Moment nicht zu ändern. Wenn genügend Wasser die Themse hinuntergeflossen war, würde man schon weiter sehen.

      Seufzend erhob er sich und begann seine Koffer auszupacken. Der Kleiderschrank war natürlich zu klein. Also ließ er einige Kleidungsstücke im Koffer, den er auf den Schrank schob.

      Das Bad war einigermaßen großzügig und hatte sogar eine Badewanne. Plötzlich verspürte er Hunger. Das Hotel verfügte über ein gutes Restaurant, so stand es wenigstens im Reiseführer.

      Er hatte zum Glück einen Tisch bestellt, denn das Restaurant, mittlerweile ein Geheimtipp in Devonhall, war schon fast bis zum letzten Platz besetzt.

      Barns bestellte sich einen Sunday roast mit Yorkshirepudding, das wirklich sehr gut war. Er hielt sich aber nicht lange mit dem Dinner auf und ging zurück auf sein Zimmer. Dort zog er sich aus, legte sich hin und schaltete den Fernseher ein. Es dauerte nicht lange und er fiel in einen unruhigen und nicht gerade erholsamen Schlaf.

      Um sechs Uhr am nächsten Morgen klingelte das Telefon.

      „Sie wollten geweckt werden“, ertönte die computergesteuerte Weckstimme des Hotels.

      Barns wälzte sich aus seinem Bett. Er fühlte sich wie gerädert. Er erledigte seine Morgentoilette und ging hinunter in den Frühstücksraum, um zu frühstücken. Nach der ersten Tasse eines starken Tees mit Milch verbesserte sich seine Laune zusehend und er genoss sein reichhaltiges Frühstück.

      „Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen, Sir“.

      Ashton war gekommen, um ihn abzuholen.

      „Guten Morgen, Ashton. Wir können sofort los.“

      Barns betrachtete seinen Kollegen missmutig. Wieder wie aus dem Ei gepellt. Sein eigener Anzug war von der Stange und hatte schon bessere Zeiten gesehen. Für das Londoner East End hatte es immer gereicht.

      Ashton lenkte den Bentley durch die vollgestopften Straßen. Immer wieder musste er bremsen, weil andere Autofahrer oder Radfahrer ihn bedrängten.

      „Verflucht noch eins“, schimpfte er. „Jeden Morgen dasselbe Theater!“

      In London war das auch nicht anders.

      „Stell dich nicht so an, typisch Adel. Immer glauben die,dass jeder denen Platz machen muss“, dachte Barns.

      Endlich fuhren sie auf den Behördenparkplatz und fanden mit Glück noch eine freie Lücke. Sie fuhren wieder mit dem Fahrstuhl in ihr Büro.

      Dort angekommen, nahm Barns an dem freien Schreibtisch Platz, schaltete den PC ein und ordnete seine Bürountensilien. Ashton hatte sich ebenfalls an seinem Arbeitsplatz niedergelassen.

      „Müssten wir nicht über die aktuellen Fälle sprechen?“ begann Barns das Gespräch.

      „Da gibt es zur Zeit nicht viel. Die Verbrecher machen scheinbar Urlaub. Eigentlich haben wir nur zwei Fälle: eine alte Frau mit blutender Kopfwunde in ihrer Wohnung und eine Tablettenvergiftung, junger Mann, 28 Jahre alt. Beides sieht nicht nach Mord aus. Leider“, seufzte Ashton.

      „Na, das ist ja wirklich sehr überschaubar.“

      „Bei Ihnen in London war wohl mehr los, denke ich mir.“

      „Und ob. Über Langeweile konnten wir nun wirklich nicht klagen. Hoffentlich geschieht bald etwas. Nur am Schreibtisch hocken ist nichts für mich.“

      Ashton schmunzelte. Sein neuer Chef sprach mit starkem Cockney Akzent, typisch für das Londoner East End.

      „Wird schon werden. Immer mit der Ruhe.“

      Der restliche Tag verlief ruhig, ohne besondere Vorkommnisse. Ashton führte Burns durchs Haus und stellte ihn den Kollegen vor. Dann zeigte er ihm die nett eingerichtete Kantine.

      „Das Essen ist eben Kantinenessen. Na ja, wer es mag“, Ashton lächelte und zog wieder eine Augenbraue hoch.

      „Ich mag kein Kantinenessen. Wo kann man denn hier in der Nähe was bekommen?“

      „Nur in der City selbst. Aber dafür haben wir eigentlich keine Zeit. So schlimm ist die Kantine nun auch wieder nicht. Und besser als einen knurrenden Magen zu haben.“

      Burns Blick sagte alles. Ashton zog es vor, nicht weiter über das Thema Essen zu sprechen. Sie kehrten wieder in ihr Büro zurück.

      Burns setzte sich an seinen Computer und starrte auf den Bildschirm. Vieles ging ihm durch den Kopf. Der Kollege Ashton schien ja tatsächlich ganz nett zu sein. Für seinen Adelstitel konnte er ja nichts, und es machte ihn schon fast sympathisch, dass er gegen den Willen des Viscounts zur Polizei gegangen war. Die Vorzimmerdame Ms. Ellis war schon eine Augenweide, blond und wohlgeformte Beine. Ob sie verheiratet war? Die anderen Kollegen würde er wohl mit der Zeit besser kennenlernen.

      Aber das ganze Drumherum war einfach nicht seine Kragenweite. Er kam sich ziemlich verloren vor. Abgeschoben eben. Er verfluchte sich jeden Tag aufs Neue. Wie konnte er damals nur so blöd sein. Dies alles nur für den kurzen Augenblick der Rache. Er musste damals wirklich einen Aussetzer gehabt haben.

      Das Auto war nur noch ein Totalschaden, seine Exfrau bekam einen neu eingerichteten