George Curtisius

Das FBI gegen die Macht des Gebets II


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Methodik und seine Erfolge hatten sich schnell herumgesprochen. Die meisten Menschen hatten mit der konventionellen Psychologie und Psychotherapie keine guten Erfahrungen gemacht.

      Devrier konnte sich über einen Mangel an Patienten nicht beklagen. Er musste sogar vielfach Interessenten abweisen oder konnte ihnen nur sehr späte Termine anbieten. Sein kleines Unternehmen brachte ihm auch ein weit überdurchschnittliches Einkommen ein, was ihm aber nicht so wichtig war.

      Devrier pflegte einen relativ bescheidenen Lebensstil. Für ihn stand sein Lebensziel immer im Vordergrund, den Menschen helfen zu wollen. Leitschnur seines Handelns war aber auch der biblische Grundsatz, dass eine gute Arbeit eines guten Lohnes wert ist.

      Während seiner Tätigkeit als Professor an der New York University hatte er seine im Ausland erworbenen neuen Fähigkeiten der Transpersonalen Psychotherapie weiter entwickelt. Er hatte darüber eine Reihe von Aufsätzen in Fachzeitschriften veröffentlicht. In den USA galt er als Spezialist für diese psychotherapeutische Disziplin. Er stand auch weiterhin im Kontakt mit Professoren von der Sorbonne in Paris. Der Austausch von Erfahrungen und Konzepten mit diesen ehemaligen Professoren war hilfreich für die Beratung seiner Patienten.

      Mit der Anwendung seiner neuen Kenntnisse in seiner psychotherapeutischen Beratungspraxis hatte sich seine Erfolgsquote von früher nur maximal 27 Prozent dramatisch auf etwa 60 Prozent verdoppelt. Das stellte ihn sehr zufrieden.

      Seine Kollegen, mit denen er über seine weit überdurchschnittlichen Erfolge sprach, glaubten ihm seine Erfolgsquote nicht. Sie führten seine Erfolge auf besondere Umstände zurück. Sie waren aber nicht bereit, von seinen Erfahrungen zu lernen. Dann hätten sie ihre eingeübten und gewohnten Vorgehensweisen ändern müssen. Das hielten sie für unnötig, da sie doch auch mit ihrer weniger erfolgreichen Beratung viel Geld verdienten.

      Ein Kernpunkt seines Beratungskonzeptes war für Devrier die Vergebung, wie sie das Vaterunser in der Bibel vorsieht. Hilfreich waren für ihn noch verschiedene wissenschaftliche Studien zur Vergebung, die in der Vergangenheit in den USA durchgeführt worden waren. Ebenso gab es Studien in Frankreich und Deutschland, die sich mit der Vergebung beschäftigt hatten.

      Ein Ergebnis dieser Studien war, dass sich jemand vor allem selbst schadet, wenn er anderen nicht vergeben kann und nicht vergibt. Die Vergebung hatte ebenfalls einen positiven Einfluss in Bezug auf Gesundheit und Krankheit sowie die psychische und mentale Souveränität.

      Devrier hatte deshalb schon seit Jahren seinen Patienten bei vielen Problemen mit anderen Menschen geraten, um Vergebung zu bitten und den anderen zu vergeben. Es hatte sehr häufig wie Wunder gewirkt und seine Patienten waren befreit von ihrem Problem. Oft hatte es jedoch nicht gewirkt, so dass er versuchte, ihnen mit einer Langzeitbehandlung zu helfen.

      Bei allen neuen Patienten, die er neben seinen üblichen Langzeitpatienten von morgens 9 a.m. bis jetzt 8 p.m. beraten hatte, handelte es sich um Patienten, die sehr stark unter ihrem Sündhaften litten.

      Am Dienstag hatten ihm erstmals einzelne Patienten berichtet, dass sie unter quälenden Gedankenbildern litten, die wie Filme in ihrem Bewusstsein abliefen. Sie hatten auch stechende Kopfschmerzen und Schmerzen in der Bauchgegend. Er hatte die Gedankenbilder für Halluzinationen gehalten.

      Die Schmerzen hielt er für Anzeichen von einem grippalen Infekt. In dem Sinne hatte er seine Patienten behandelt. Für die Kopfschmerzen und Bauchschmerzen hatte er ihnen die Einnahme von Vitamin C und Aspirin empfohlen.

      In Bezug auf die Halluzinationen hatte er ihnen Valium verordnet. Er hatte ihnen gesagt, dass es sich bei den Gedankenbildern wohl nur um Stresssymptome handle, die bei einer Entspannung wieder verschwinden würden. Er mochte sich nicht vorstellen, dass es sich um Wahnvorstellungen handeln könnte. Gegen Wahnvorstellungen hätte er hochpotente Neuroleptika verschreiben müssen. Es hätte dann auch längere Zeit gedauert, bis diese Medikamente wirken würden.

      Mehrere Patienten hatten ihn am Dienstag auf die Botschaft aus der geistigen Welt aufmerksam gemacht, die seit Montagabend im TV-Programm von NBC zu hören war. Er hatte sich gewundert, dass jetzt sogar im Fernsehen eine Sendung über die Vergebung gesendet wurde.

      Aus seiner Sicht könnte es ein Versuch von NBC gewesen sein, christlich geprägte Fernsehzuschauer an die Programme von NBC zu binden. Einer seiner Patienten bestand jedoch darauf, dass es sich hier um eine ganz besondere Botschaft gehandelt habe.

      Er konnte das so nicht glauben. Was sollte schon Besonderes an dieser Botschaft sein. Das Prinzip der Vergebung war seit der Lehre des Jesus von Nazareth allen Christen allgemein bekannt. In seiner Beratungspraxis auf der Basis der Transpersonalen Psychologie und der Christlichen Psychotherapie war die Vergebung ein bedeutender Baustein. Was sollte es daran schon Neues geben?

      Devrier dachte sich, dass er sich mit dieser Botschaft nicht weiter befassen müsse. Er wollte dazu aber noch die Meinung eines Kollegen einholen. Deshalb hatte er am Abend Dr. Ruby angerufen, mit dem er sich gelegentlich über neue wissenschaftliche Arbeiten unterhielt.

      Auch Dr. Ruby hatte die TV-Botschaft der sich so nennenden geistigen Welt gesehen bzw. gehört. Er hielt die dort verbreitete Botschaft für einen Versuch fundamentaler Christen, ihrer Religion wieder größere Bedeutung zu geben. Für seine psychotherapeutische Praxis der Gesprächstherapie nach Carl R. Rogers habe die Botschaft aus der geistigen Welt keine Bedeutung, so sagte er.

      Ein weiterer Kollege, dessen Arbeit sich auf Verhaltenstherapie stützte, maß der angeblichen Botschaft aus der geistigen Welt ebenfalls keine Bedeutung bei. Deshalb kümmerte sich auch Devrier zunächst nicht weiter um diese Botschaft.

      Am späten Mittwochabend hatte Devrier eine für ihn erstaunliche und überraschende Erfahrung gemacht. Nicht nur seine Patienten litten unter ihrem Sündhaften. Auch in seinem Bewusstsein zeigten Gedankensplitter Sündhaftes in seinem Leben auf.

      Er hatte es nicht für möglich gehalten, sich selbst sündhaft verhalten zu haben. Er hatte sich von seiner Kindheit an für einen guten Christen gehalten, der sich bemühte, die 10 Gebote und ethischen Regeln des Christentums einzuhalten. Deshalb maß er diesen Gedankensplittern keine Bedeutung bei. Er schob sie beiseite.

      Am Morgen des Donnerstags war Devrier von vielen Gedankenbildern seines sündhaften Verhaltens in der Vergangenheit überfallen worden. Sie ließen sich nicht mehr wegschieben. Er konnte sich nicht erklären, warum er diese Gedankenbilder seines Sündhaften so quälend empfand.

      Sie waren dazu noch verbunden mit heftigen Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich des Solarplexus. Er hatte gedacht, dass nur seine Patienten solche Probleme haben würden und haben könnten. Doch das hatte sich nun als großer Irrtum erwiesen.

      In einer Filmszene machte ihm Sissy Max, seine damalige Mitschülerin an der Highschool in Boston, heftige Vorwürfe. Sie beschuldigte ihn, dass er sie mit seinen Buddies wegen ihrer Sommersprossen und ihrer korpulenten Figur gehänselt habe. Er habe sie immer wieder als sommersprossige Fettbombe bezeichnet.

      Dick Renner, einer seiner Mitschüler an der Highschool, warf ihm in Gedankenbildern vor, ihn wegen seiner schlechten Leistungen als Versager abgewertet zu haben. Ken Wolf, sein ehemaliger Professor an der Michigan State University, die er nach der Highschool besuchte, machte Devrier in einem Gedankenfilm den Vorwurf, ihn vor anderen Studenten als Arschloch bezeichnet zu haben.

      Alle diese Vorwürfe stimmten Devrier sehr traurig. Leider war alles wahr. Er hatte Professor Ken Wolf deshalb vor anderen abgewertet, weil er sich von ihm in einer Leistungsbewertung ungerecht behandelt fühlte. Als Devrier selbst Professor war, hatte er erkannt, dass Ken Wolf mit seiner damaligen Leistungsbewertung von ihm ganz richtig gehandelt hatte.

      Devrier hatte sich nie Gedanken über sein früheres Verhalten gemacht. Es schien ihm ganz normal, menschlich üblich gewesen zu sein, sich über seinen Nächsten negativ zu äußern, wenn einem etwas nicht gefallen hatte.

      Noch mehr als seine Jugendsünden quälten ihn in seinen Gedankenbildern die Vorwürfe seiner früheren Freundinnen in New York, mit denen er eine Liebesbeziehung gehabt hatte.

      Nachdem er in der Beziehung mit jeder dieser Freundinnen nicht das gefunden hatte, was er sich vorgestellt hatte, hatte er die Beziehung