C. Harrer

Tränen der Finsternis


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Isolde, während sich weitere Ranken um ihren Hals wanden und ihr die Lebenskraft aussaugten. „Hexe, du wirst meinen Zorn spüren! Doch bevor ich mir deine Seele nehme, wirst du noch meinen Kriegern zum Vergnügen dienen!“ Der Totenkopf in der Kristallkugel grinste boshaft, als sich Lord Kolgor von der Hohepriesterin abwandte. Der Hauptmann und seine Männer versuchten verzweifelt dem Ansturm standzuhalten. Aber es schien vergebens. Für jeden den sie töteten, kamen zwei nach. Ithronhir blickte durch die Reihen und musste feststellen, dass seine Männer immer weniger wurden. Nach gerade mal einer Minute hatte er schon die Hälfte seiner Krieger verloren. Er kämpfte, wie ein in die Enge getriebener Löwe, angetrieben durch Wut und Verzweiflung. Beflügelt durch Zorn und Trauer. Ein Hieb zum Kopf, der diesen von den Schultern seines Gegners trennte. Er duckte sich unter einem Kriegsbeil hinweg und setzte zu einem gezielten Gegenschlag an, während er dem Rest seiner Truppen Befehle zurief. „Haltet Stand. Bei Tarun.

      Im gleichen Moment suchte Selyna ihren Sohn. Nachdem sie in allen Quartieren nach Unycron gesucht hatte, rannte sie nach draußen, auf den Tempelplatz. „Verdammt, mein Sohn, wo bist du nur?“ Ihr Blick musterte das Schlachtfeld. Doch sie konnte ihn nirgends entdecken.

      „Denk nach. Denk nach. Wo kann er nur sein?“, sagte sie leise. „Das Ritual. Na klar. Da muss er sein.“ Sie zückte ihre Waffen und stürzte sich in die Schlacht. Mit tödlicher Präzision und übernatürlicher Geschwindigkeit ebnete sich Selyna den Weg zum Hauptgebäude. Lord Kolgor beobachtete sie, während er ganz gelassen einen heranstürmenden Tempelwächter in Stein verwandelte und ihn im Vorbeigehen, mit seinem Stab in tausend Stücke schlug. Anschließend schritt er geradewegs auf die Zeremonienhalle zu. Ithronhir stellte sich dem dunklen Lord in den Weg und setzte mit seinem Bihänder zu einem Hieb auf dessen linke Schulter an. Der Vorbote wich dem Angriff jedoch in letzter Sekunde seitlich aus. Er ergriff mit seiner rechten Hand Ithronhirs Schwert und zog den Hauptmann in einer leichten Linksdrehung zu sich heran. Zoltacs gepanzerter rechter Ellbogen traf das Gesicht seines Gegners und zertrümmerte ihm das Nasenbein. Ithronhir fiel auf die Knie, während ihm der Vorbote den Stab in die Rippen rammte. Schmerzen zeichneten sein blutüberströmtes Gesicht. „Steh endlich auf, du räudiger Hund. Und kämpfe wie ein Mann“, befahl Zoltac, während Klingen aus dem oberen Teil des Stabes sprangen, der sich dadurch in eine mächtige Streitaxt verwandelte. Der Hauptmann spuckte Blut, als er seinen Bihänder ergriff um mit letzter Kraft einen weiteren Angriff auf den Vorboten auszuführen. Blitzschnell glitt Zoltac am Hauptmann vorbei und spaltete dessen Kopf, von vorne nach hinten. Ithronhir fiel darauf, wie ein nasser Sack, zu Boden. In Selynas Augen spiegelten sich Wut, Sorge und Trauer, als sie die Zeremonienhalle betrat und das Ausmaß der Verwüstung sah, welche die dämonische Kraft hinterlassen hatte. Sie musterte den Raum, als ihr Blick auf ein kleines Medaillon fiel, das vor ihren Füßen lag. Sie hob es auf und betrachtete es genauer. „Das sieht aus wie..., hmm? Egal. Darum kümmere ich mich später. Uny! Schatz! Wo bist du?“, schrie Selyna laut. Unycron hob vorsichtig seinen Kopf über das Geländer der Galerie. „I...i... ich bin hier Mutter. Bitte sei nicht böse, ich wollte doch nur dabei sein“, antwortete er kleinlaut. „Und das wirst du auch!“, bestätigte Lord Kolgor, der gerade mit zwei Kriegern die Zeremonienhalle betreten hatte. Selyna zuckte zusammen, als sie die Stimme des dunklen Lords erkannte. „Oh ja. Er wird dabei sein“, fauchte sie mit hasserfüllter Stimme. „Er wird dabei sein, wenn ich dich für deine Taten büßen lassen und dir meine Dolche durch die Kehle jage.“ Zoltac betrachtete Selyna äußerst belustigt. „Du klingst wie meine Ex. Und du hast zwei Sachen die mir gehören. Tikks Talisman und deine Seele. Gibt mir das Medaillon und ich gewähre dir einen schnellen Tod.“ Selyna grinste: „Einen schnellen Tod? Das hattest Du mir schon mal versprochen. Und es hat Dir nur eine bleibende Erinnerung eingebracht. Denn mein Hass hielt mich am Leben.“ Lord Kolgor zuckte mit den Achseln. „Interessant... Ach egal. Tötet den Jungen. Die Schlampe gehört mir.“ Im selben Moment flogen Selynas Dolche knapp am Kopf des Vorboten vorbei und durchbohrten die Helme der Krieger. Sie blickte zu Unycron und warf ihm das Medaillon zu. „Lauf, Schatz.“ Er fing das Amulett, rannte so schnell es ging die Treppe hinunter und kam vor dem Ausgang der Zeremonienhalle zum Stehen. Währenddessen stürmte Selyna auf Zoltac zu und sprang mit einem Vorwärtssalto über diesen hinweg. Sie landete vor den zwei toten Kriegern und ergriff sofort ihre Waffen. Lord Kolgor wandte sich ihr zu, während er seine Maske abnahm. Seine rechte Gesichtshälfte war von einer langen Narbe gezeichnet, die von der Stirn bis zum Mundwinkel reichte. Sein langes schwarzes Haar hatte er zu einem Zopf geflochten, der von einem Totenkopf zusammengehalten wurde. In seinen schwarzen, leeren Augen spiegelten sich die Flammen des brennenden Schädels, der sich in der Kristallkugel seiner Kriegsaxt befand. „Deine Schnelligkeit wird dir auch nicht helfen“, drohte Lord Kolgor. „Komm her und zeigt mir was du kannst“, zischte Selyna, während sie langsam auf den Vorboten zuging. Zoltac hob seine Axt und setzte zu einem Hieb in Richtung ihres Halses an. Der Angriff ging ins Leere, denn sie duckte sich, machte einen kleinen Schritt nach vorne, ließ sich dann blitzschnell auf die Knie fallen und rutschte, mit ausgefahrenen Dolchen, durch die Beine des Angreifers. Anschließend rammte sie ihren rechten Dolch in dessen linken, hinteren Oberschenkel. Selyna drehte sich durch den Schwung ihres Angriffes, an Zoltac linker Seite entlang, nach oben und setzte zu einem gezielten Tritt zu dessen Kopf an. Lord Kolgor fing ihren Fuß mit seiner rechten Hand kurz vor seinem Gesicht ab, wirbelte Selyna herum, um sie anschließend gegen eine der Säulen der Halle zu schleudern. Selyna krachte mit voller Wucht gegen die Säule, während Zoltac ihren Dolch aus seinem Oberschenkel zog. „Du hast dein Spielzeug vergessen“, sagte er mit einem höhnischen Grinsen. „Da hatte die alte Fregatte da draußen, ja mehr drauf als du. Hier nimm und versuche es nochmal.“ Mit diesen Worten warf er ihr den Dolch vor die Füße. Selyna griff sofort danach und rappelte sich auf. Sie breitete ihre Arme aus und musterte den dunklen Lord mit einem grimmigen Lächeln... „Ich wusste dass du langsam bist. Aber so langsam, hmm - ich hatte mehr erwartet.“ Lord Kolgor neigte seinen Kopf zur Seite und sah sie gelangweilt an. „Wir werden ja sehen“, erwiderte er. „Ich erinnere mich an dich.“Er fuhr sich mit den Fingern über die Narbe im Gesicht. „Aber weißt du eigentlich was mir damals an deiner Mutter am besten gefallen hat?“ Selyna blickte ihn verwundert an. „Am besten hat mir Ihre Hingabe gefallen, als sie versuchte euer Leben zu retten. Oh Mann, war die gut!“ Ihr Lächeln wich einem grimmigen, hasserfüllten Blick. Ihre Augen färbten sich tiefschwarz und in ihr entflammte purer Hass. Ihre Muskeln spannten sich wie Sprungfedern, als sie sich in Kampfposition brachte und dann, mit einem lauten Schrei, auf ihren Widersacher zu rannte. Zoltac lachte: „Endlich habe ich deine volle Aufmerksamkeit.“ Selynas Wutausbruch verlieh ihr unglaubliche Schnelligkeit und ihre Dolche webten ein Netz des Todes. Lord Kolgor parierte jedoch jeden ihrer Angriffe mit Leichtigkeit und führte einen Schlag auf ihre Beine aus. Sie erkannte in letzter Sekunde was der Vorbote vorhatte, wich der Attacke seitlich aus und setzte anschließend mit ihrer Linken zu einem gezielten Stich auf dessen Herz an. Zoltac parierte ihren Angriff. Doch es war nur eine Finte. Denn ihr rechter Dolch durchbohrte Sekundenbruchteile später dessen Hals. „Ich hatte es dir versprochen“, keuchte Selyna außer Atem. „Ich hatte es dir versprochen. Und jetzt tu, was sonst alle anderen um dich herum tun. Stirb!“ Mit einem dämonischen Grinsen packte Lord Kolgor, Selynas rechte Hand, die immer noch den Griff ihres Dolches umklammerte. „Hast du wirklich gedacht, dass es so einfach ist?“, fragte der dunkle Lord, während er seinen Griff um ihre Hand festigte. „Das war nicht dein Ernst. Nur die, die meines Blutes sind, können mich töten.“ Ein lautes Knacken war zu hören, als ihre Finger brachen. Selyna biss die Zähne zusammen und versuchte sich aus der Umklammerung zu befreien. „Ich hoffe, daß sich jemand aus deiner Linie findet, der dich vernichten wird“, stieß sie mit schmerzerfüllter Stimme hervor. „Halt endlich still“, befahl der dunkle Lord, als er die Klinge aus seinem Hals zog und sich die Wunde selbstständig versiegelte. „Und was deine Hoffnung betrifft. Das hättest du gerne. Und glaube mir das würden sie auch tun. Nur zu schade, dass von ihnen keiner mehr am Leben ist“, lachte Zoltac. „Ich habe sie alle Drakuna als Opfer dargeboten. Um die Gabe der Unsterblichkeit und grenzenlose Macht zu erhalten. Und nun komm in meine Welt und diene mir, bis in alle Ewigkeit.“ Die Runen auf der Rüstung des Vorboten, trieften vor Blut, als sich eine dunkle, unheilvolle Aura um ihn