Richard Mackenrodt

Azahrú


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      Richard Mackenrodt

      Azahrú

      Wer den Weg verliert

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       WIDMUNG

       PROLOG

       TEIL I: LUISE UND FRANZ

       Wildschwein im Büro des Direktors

       Sand, nichts als Sand

       Die Tuareg

       Bilder in den Bergen

       TEIL II: LEO

       Fremdenlegionäre

       Löwen in der Sahara

       TEIL III: AZAHRÚ

       Die Franzosen

       Dafinah

       Die Salzkarawane

       Schatten der Vergangenheit

       Der Schrei des Schakals

       Wirren der Adoleszenz

       Madeleine

       TEIL IV: LÉO

       Paris

       München

       TEIL V: ELBARAKA

       Am Ende aller Zeit

       Mariamá

       Koumamá

       Das ilougan

       Glossar

       Mein ganz besonderer Dank gilt...

       Leseprobe

       Impressum

       WIDMUNG

      Für meine Tochter

      Annalena

      Wer den Weg verliert, lernt ihn kennen.

      (altes Sprichwort der Tuareg)

      Copyright © 2014 by Richard Mackenrodt

      Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe by

      EDITION TAKUBA, Oberföhringer Straße 169, 81925 München

      Umschlaggestaltung: Alexandre Rito, Loule, Portugal

      Alle Rechte vorbehalten.

       PROLOG

      Mein Vater hatte mich stets gewarnt: In der Wüste seien schon mehr Menschen ertrunken als verdurstet. Und wenn er es sagte, wie hätte mir einfallen sollen, es nicht zu glauben? Alles, was ich wusste und konnte, hatte er mir beigebracht. Er war unser Stammesführer. Jeder von uns richtete sich nach ihm. Sein Wort war Gesetz. Er war der amenokal. Trotzdem kam es mir vor wie ein Märchen. Wie eine von den Geschichten, die meine Mutter mir früher vor dem Einschlafen erzählt hatte. Meterhohes Wasser in der Wüste, das zwischen den Dünen auf einen zugeschossen kam? Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen. In meinem Leben hatte ich bisher genau dreimal Regen erlebt. Magische Momente waren das gewesen. Alle kamen aus den Zelten gelaufen, und wir haben es uns aufs Gesicht regnen lassen, mit ausgebreiteten Armen und hüpfenden Herzen. Jedes Mal hatte es nur wenige Minuten gedauert, dann zogen die Regenwolken weiter. Der flüchtige Zauber war vorbei. Aman iman sagten wir - Wasser ist Leben. Es war das kostbarste Gut, das wir kannten.

      Obwohl ich noch ein Kind war, durfte ich zum ersten Mal an der Salzkarawane teilnehmen. Meine Schwester Dafinah war so neidisch, dass sie mir vor der Abreise Sand in die Augen warf. Als ob ich schuld daran gewesen wäre, dass sie nicht mitdurfte. Es war aufregend, mit den Männern auf die Reise zu gehen, die unserem Stamm auch in diesem Jahr wieder das Überleben sichern würde. In den ersten Tagen hatte ich manchmal Heimweh, nach meiner Mutter, unserem Zelt, den anderen Kindern. Ich war der Einzige, der einen Teil des Weges auf einem Kamel reiten durfte. Die Männer gingen zu Fuß. Sie führten die schwer beladenen Tiere vom Morgengrauen bis spät in die Nacht, aber ein elfjähriger Junge war solchen Strapazen über tausende von Meilen noch nicht gewachsen. In jener Nacht, als der Regen kam, lagerten wir in einem wadi, einem ausgetrockneten Flussbett, weil wir dort Schutz fanden vor dem Wind. Und weil wir nicht rechneten mit dem, was mitten in der Nacht über uns herfiel - âdjenna, der Starkregen, den mein Vater mehr fürchtete als jeden Sandsturm. Wenn er kommt, tut er es unvermittelt, und ein wadi wird zur tödlichen Falle, denn es verwandelt sich schneller in ein reißendes Flussbett, als man all die Satteltaschen hinaus schaffen kann. Ich begriff zuerst überhaupt nicht, was vor sich ging. Es war dunkel. Um mich herum schrien die Männer. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen. Einer stolperte über mich und fluchte. Da erst bemerkte ich: Die Decke, die ich um mich geschlungen hatte, war durchtränkt. Alles war nass. Dicht vor mir stampfte ein Kamel auf, Wasser klatschte mir ins Gesicht. Die Tiere brüllten, ich sah sie schemenhaft in alle Richtungen rennen. Die Männer liefen hinter ihnen her und versuchten sie einzufangen. Die Kälte des Wassers war bereits in meinen Körper gekrochen, ich konnte mich kaum bewegen. Ich hatte Angst und wollte mich zusammenkauern, da wurde ich gepackt und herumgerissen.

      »Azahrú!« Mein Vater hatte meinen Kopf zwischen seinen Händen und schrie mich an. »Du musst da hoch! Raus aus dem wadi, hörst du?! Raus! Sofort!« Er zog mich zum Rand des Flussbetts. Um meine Fußknöchel wurde die Strömung des Wassers immer stärker, ich musste