Siegfried, Hans Hofmann

HOO


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Wasserpartys und gehört zum allgemeinen Lehr- und, äh, Lernprogramm. Oh! Da ist mir doch noch eine Gesprächspartikel rausgerutscht!“

      Mit diesem sprachlich bedeutungslosen Miniausrutscher brachte Hoo alle zum Lachen. Das fanden sie echt lustig. „Na und? Kann ja mal vorkommen. Ist doch völlig normal. Nobody is perfect – und Energie verbraucht sich“, brummelte Hoo humorvoll. Flink sprang er auf seine Füße und beendete somit den Talk auf Gechturs knallrotem Käppi.

      „Nun, Kameraden, was sein muss, muss sein! Ich denke, da sollte ich doch noch mal nachhelfen. Mir noch mehr von diesem exquisiten Wasser-Eichel-Mix zuzuführen, kann ja nur gut sein! Also, dann passt mal auf!“

      Ohne langes Zögern hüpfte er mit einem mordsmäßigen Salto hinab ins Bassin, sodass es ordentlich spritzte. Birne, Mucks und auch Gechtur, zeigten sich verblüfft über die enorme Sprungkraft, die Hoo jetzt an den Tag legte. Staunend blieben ihnen der Mund, respektive der Schnabel, offenstehen.

      Kaum war Hoo wieder aufgetaucht, schwamm er so irre schnell im Kreis herum, dass sich ein kleiner Strudel bildete. Durch die so entstandene, spiralförmige und rhythmisch pulsierende Sogwirkung ließ er sich plötzlich in die Mitte driften. Dort drehte er sich pirouettenartig mit, bis die Wasserverwirbelung langsam wieder zum Stillstand kam.

      „Na, hat euch das gefallen?“, prustete er ihnen fragend und mit klopfendem Herzen zu.

      „Jaaahh!“, tönten drei begeisterte Stimmen. Birne und Mucks klatschten eifrig Beifall. Gechtur ließ anerkennend einen gellenden Pfiff ertönen.

      „Allererste Sahne!“, rief Mucks mit erhobenem Däumchen.

      „Uiuiui! Da wird einem allein schon vom Zuschauen schwindlig!“, meinte Birne und wackelte mit ihrem Köpfchen.

      „Voll krass! Ein toller Spaß, im frischen Nass!“, setzte Gechtur Hoos Darbietung in gewohnt dichterischer Weise noch eins drauf.

      „Danke für die Anerkennung, Freunde“, entgegnete ihnen Hoo gut aufgelegt. „Damit will ich natürlich keine Lorbeeren ernten. Durch so eine rotierende, kühlende Energiespirale halte ich mich lediglich in Form. So fühle ich mich jung, sportiv und bleibe wassersportlich fit!“

      „Wie sagte schon Schillers Wilhelm Till? Früh übt sich, was ein Meister werden will!“, reimte Gechtur, ein schelmisches Blitzen in seinen Augen.

      „Aber hallo, lieber Gechtur? Du bist literarisch auf Zack!“, äußerte sich Hoo respektvoll, gefolgt von einem kurzen, heiteren Lachen. Ihm war klar, dass der Jungspecht Wilhelm Tells Namensgebung aus dem gleichnamigen Drama von Friedrich Schiller nur deshalb so lustig vorgetragen hatte, damit es sich auch reimte.

      Hoo selbst hatte sich in der Wolkenschule darüber schlau gemacht. Im www-Raum ‚Weltnaturerbe – Weltkulturerbe – Weltliteraturerbe‘, in welchem er des Öfteren verweilte, konnte sich jeder Tropfen Wissenswertes über die drei höchst umfänglichen Themenbereiche vermitteln lassen und sich darin vertiefen.

      Als ihm plötzlich bewusst wurde, dass die Zeit schon wieder im Sauseschritt den Bach runtergegangen war, plagte ihn ein schlechtes Gewissen. Wieder hatten sie sich durch seine Redseligkeit verplaudert! So spornte er jetzt seine drei hungrigen Freunde entschuldigend und entschlossen an. „So, genug gequatscht! Tut mir aufrichtig leid für die nochmalige durch mich verursachte Verzögerung, liebe Freunde, verzeiht mir bitte. Nun ist es aber wirklich allerhöchste Wasserbahn! Ab mit euch zum Fressen fassen!“

      „Jaaahh! Fressen! Fressen! Saugen! Saugen! Es ist soweit!“, piepste Birne. Ihre Äuglein leuchteten malachitgrün. Beide legten sie die Händchen auf ihre Bäuche. Überdeutlich verspürten sie, wie ihre Mägen schon heftig rebellierten.

      „Freunde, ich werde hier auf euch warten. Holt mich bitte nach eurer Jause, wie versprochen, wieder ab, ja?“

      Hoo winkte ihnen fröhlich zu. Er fühlte sich, umgeben von so gesundem Wasser und den liebenswerten Gefährten, rundum glücklich und zufrieden. Mit einem seiner coolen Sprüche verabschiedete er sie: „See you, when you see me! Ich wünsche euch wohl zu speisen!“

      Birne und Mucks winkten zu ihm zurück, krabbelten dann schnell in die Mitte des Käppis und hielten sich sorgfältig im flauschigen Gefieder fest.

      „Kix-Kix-Kix!“, stieß Gechtur gleich dreimal laut aus. Er freute sich auf die leckeren Insektenhappen, die, wie er wusste, auf dem Eichenstamm und unter der rissigen Borke stets reichlich zu finden waren.

      „Ein halbes Stündchen wird uns wohl genügen, lieber Tropfen. Sind wir dann wieder hier, so werd' ich lautstark nach dir klopfen!“

      Winkend und seine Deckfedern schüttelnd, breitete er seine weiß gestreiften Flügel aus. Mit seinen niedlichen Freunden flog er weit hinauf ins dichte Blätterwerk. Dort setzte er das Läusepärchen auf einem großen, würzig riechenden Eichenblatt ab. Da sie ihren mächtigen Hunger nicht mehr zügeln konnten, begannen sie fresslustig daran zu knabbern, zu saugen und zu mampfen.

      „Mmmmhh, sooo lecker!“ ... „Sehr bekömmlich!“ ... „Leicht verdaulich!“ ... „Toller Geschmack!“ ... „Super knackig!“, hörte Gechtur sie zwischendurch noch nuscheln.

      Gechtur selbst kletterte auf der Suche nach allerlei Insekten emsig am massiven Baumstamm, der von dicker, borkiger Rinde ummantelt war, rundherum und rauf und runter. Immer wieder gab er sich durch kräftiges Pochen und Hämmern zu erkennen.

      So führten sich Gechtur, Birne und Mucks ausreichend Nahrung zu. Nach ihrem unbeabsichtigt langen Zwischenaufenthalt, unten an der Tränke, war dies auch eine dringende Notwendigkeit.

      HOO HATTE IHNEN NOCH GLÜCKSELIG NACHGEGUCKT. Kaum allein tauchte er ab und verbrachte einige wohlige Minuten unter Wasser. Dann, nachdem er seine ‚Batterien‘ mit extrafrischer Wasserenergie gefüllt hatte, erzeugte er noch einmal eine sich rasant drehende Energiespirale, die wiederum seiner Fitness zugutekam. Jetzt ließ er sich besinnlich und heiteren Gemüts auf der duftenden Wasseroberfläche treiben.

      Hoo nutzte die verbleibende Zeit mit stillem Schauen. Wie schon im knorrigen Apfelbaum, so gab es für ihn sicherlich auch hier, unter der Krone der uralten, ehrwürdigen Eichenbaumriesin, so manches Neue und Interessante zu entdecken.

      Da Regentropfen wahre Gedächtniskünstler sind, kam ihm dabei eine aufschlussreiche Vorlesung über ‚Baumarten und ihre Eigenschaften‘ in den Sinn, die er sich seinerzeit im stets gut besuchten www-Raum ‚Wasser – Wüsten – Wälder‘ angeguckt hatte. Der robusten Eiche galt damals sein besonderes Interesse. Er erinnerte sich genau an den Wortlaut des ausgewiesenen Meistertropfens, Experten und Referatsleiters namens Hans Baumwälder: „Die Eiche zeichnet sich durch überaus imponierende, erdige Charakterzüge wie Stabilität und Beständigkeit aus, wenn es um Dinge wie Erfolg, Macht, Ausdauer und Treue geht. Aufgrund ihrer gewaltigen Kraft und ihrer langen Lebensspanne – sie kann durchaus über Tausend Jahre alt werden – ist sie der Schutzbaum schlechthin. Ihre ganze Aufmerksamkeit widmet sie den Bereichen Gesundheit, Wohlstand, Heilung, Stärke, Fruchtbarkeit, Würde, Individualität und Glück. Wer nach einer längeren Krankheit nur Energie schöpfen möchte, ist bei der ‚Königin der Bäume‘ stets willkommen. Ganz bestimmte Tierarten, unscheinbare, aber auch extravagante, zieht die stets Licht bevorzugende, gastfreundliche Eiche magisch an.“

      In der oberen Etage des königlichen Baumes, in einer Astgabel in Stammnähe, erkannte Hoo das aus abgenagten Zweigen und welken Blättern bestehende Nest eines Eichhörnchens. Da! Da war es auch schon! Flink kletterte es den dicken, dunkelbraunen Stamm hinauf. Flugs war es in seinen mit Gräsern und Moosen ausgepolsterten Kobel gekrochen, den es nicht nur zum Schlafen, sondern auch als Nahrungsdepot für Eichelfrüchte benutzte. Nur kurze Zeit später kam das schwarzbraun gefärbte Fellbüschel wieder zum Vorschein. Schnell sprang und balancierte der Eichenbaumuntermieter auf den Ästen umher, wobei es seinen buschigen Schwanz als Steuer gebrauchte. Dann sauste das quirlige Eichhörnchen eiligst am knorrigen Baumstamm abwärts und entschwand aus seinem Blickfeld.

      Einen Moment nur schaute Hoo dem Herabtorkeln eines Eichenblattes zu, da tauchte das kleine Säugetier plötzlich, wie aus dem