Kerstin BO

Drei Kinder und eine Entführung


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Aber wir suchen sie nicht, sondern kümmern uns erst einmal darum, dass euch Kindern nichts zustößt. Er könnte wieder kommen“, entgegnete Jack. Auf seine Worte hin wurde Julia blass und Sofie starrte ihn an. Boris aber ballte die Fäuste, weil er vor diesen Männern endlich Ruhe haben wollte. Er nahm an, dass auch noch andere an ihnen interessiert waren. Jack achtete aber weder auf Boris noch auf Sofie und starrte Julia an. Er dachte bei sich: ‚Das kann doch nicht sein. Die hat Angst. Wahrscheinlich steckt ihr der Schreck von letzter Nacht noch in den Knochen und sie ist noch nicht ganz bei Kräften, so einen Schlag steckt man nicht einfach so weg, aber sie ist verändert.“

      Julia sagte: „Ich will nicht, dass den anderen was passiert.“ Sie fühlte sich immer noch verantwortlich für Sofie und Boris. Deshalb hatte sie solche Angst. Jack erkannte das jetzt und verlor kein Wort mehr über diese ganze Geschichte.

      Sie diskutierten, was sie machen sollten. Boris war für die Idee in den Wald zu gehen und dort zu bleiben, bis die Gefahr vorüber war. Aber Jack sagte ihm, dort würden die Männer als erstes suchen. Sie entschieden sich in eine andere Stadt zu gehen und eine Weile unter zu tauchen. Julia sagte, in Hamburg würden sie es bei den vielen Menschen leicht haben, aber Jack war mehr für Süddeutschland, weil er es für sicherer hielt, aus Norddeutschland für eine Weile ganz zu verschwinden. Nach einem heftigen Streit zwischen Sofie und Boris überschrie Julia sie und stimmte schweren Herzens zu, auch wenn sie ihre Heimat nicht verlassen wollte. Aber sie sah ein, dass Jack Recht hatte. Sie wollten in der nächsten Nacht aufbrechen, damit niemand ihren Weggang bemerken würde. Boris grollte, sagte aber nichts mehr.

      Die Kinder packten ihre Rucksäcke mit warmen Sachen und suchten nach geeigneten Nahrungsmitteln, was nicht sehr schwer war. Boris füllte die Wasserflaschen und schimpfte vor sich hin. Er war immer noch der Meinung, dass alles in Ordnung war. Aber Julias Verhalten zeigte genau das Gegenteil. Sie machte immer noch einen schreckhaften und schwachen Eindruck. Sie gab sich zwar Mühe, dieses zu verstecken, aber sie konnte Jack und Sofie nicht täuschen. Boris dachte einfach, dass sie mal wieder spinnt. Boris und Julia gerieten in letzter Zeit immer öfter aneinander, was vermutlich daran lag, dass Boris vier Jahre jünger war und sie sich zudem sehr ähnlich waren.

      Auf der Flucht

      Jack schlug vor, sich jetzt ins Bett zu legen und zu schlafen, da die Nacht vermutlich sehr kurz werden würde. Um 1.00 Uhr in der Nacht fuhr ihr Zug nach Stuttgart, den sie unbedingt erreichen mussten. Die Kinder gingen in ihr Zimmer und Julia schlief ein, sobald sie sich auch nur hingelegt hatte. Sie war noch sehr müde und fast am Ende ihrer Kräfte und das machte Jack Sorgen. Er hoffte sie würde es bis in den Zug ohne Schwächeanfall durchhalten. Sobald sie im Zug waren, würde es nichts ausmachen, wenn sie schlafen würde, da sie vermutlich vier Stunden oder mehr fahren würden.

      Um 21.00 Uhr weckte er die Kinder. Julia schien sich erholt zu haben und auch die anderen machten einen munteren Eindruck. Boris und Sofie machten schon Pläne, was sie in Süddeutschland alles machen wollte. Aber Ben machte ihnen einen Strich durch die Rechnung und sagte, sie würden in einer abgelegen Hütte in den Bergen wohnen, wo keiner sie suchen würde. Boris war wütend: Immer wurde alles, was Spaß macht, unmöglich gemacht. Er hatte sich die Städte anschauen wollen.

      Julia lachte: „Ihr seid komisch! Seid doch froh, dass wir nicht in irgendeiner Großstadt ersticken. Ich finde es nicht schlecht, an einem abgelegen Ort zu sein.“ Damit war die Diskussion beendet. In den meisten Fällen konnte Julia einen Streit zwischen Sofie und Boris beenden.

      Jetzt mussten sie aber wirklich los, um den Zug noch zu erreichen. Ihre Fahrkarten mussten sie ja schließlich auch noch kaufen. Sie fuhren mit dem Bus los und kamen ohne Zwischenfälle am Bahnhof an, was vor allem Jack sehr beruhigte. Kim und Ben versuchten Sofie und Boris zu bändigen, die am liebsten losgesprungen und in den Bahnhofsladen gegangen wären. Aber dafür reichte die Zeit nicht. Julia schaute sich unterdessen nach möglichen Verfolgern um, sah aber zu ihrer Freude nichts Auffälliges. Jack löste die Fahrkarten. Gerade noch rechtzeitig, weil der Zug fast ohne sie losgefahren wäre. Sie konnten ihn gerade noch erreichen. Sie setzten sich ein Abteil für sich alleine und atmeten auf. Boris war sehr müde und schlief nach ein paar Minuten ein. Die anderen schauten aus dem Fenster und waren froh den Zug noch erreicht zu haben. Kim sagte zu Sofie und Julia: „Wir haben uns eine einsame Hütte im Schwarzwald ausgesucht. Der Zug fährt aber nur bis Stuttgart. Von dort müssen wir mit dem Taxi weiterfahren. Macht euch das was aus?“

      „Nein. Aber Stuttgart ist sehr groß. Wie sollen wir da ein Taxi finden?“ wunderte sich Sofie.

      „Am Bahnhof gibt es Taxen. Eins davon können wir nehmen und das wird uns zur Hütte bringen.“ erklärte Julia.

      „Das wird es. Aber ihr müsst die Augen offen halten. Alles klar?“ mischte sich Ben in die Unterhaltung ein.

      „Ist euch eigentlich eingefallen, dass einer der Feinde ein solches Taxi fahren könnte?“ sagte Kim. Sofie fiel vor Schreck fast von ihrem Sitz und stieß einen leisen Schrei aus. Julia sagte nur: „Wir sind doch nicht auf den Kopf gefallen.“ Sie war für den Rest des Abends recht still. Jack wunderte sich, führte dies aber noch auf ihre Schwäche zurück und vermutete, dass Julia sich noch nicht völlig erholt hatte.

      Nun wachte Boris auf: „Was macht ihr denn für düstere Gesichter?“

      „Wir müssen in Stuttgart ein Taxi finden, das von keinem Feind gesteuert wird.“ erklärte Kim.

      „Ist doch einfach. Die Feinde starren doch alle Sofie immer an. Wir schicken sie vor. Wenn sie keiner anstarrt, fahren wir mit diesem…“

      „Nein! Das mache ich nicht. Da habe ich Angst.“ Boris wurde von Sofie unterbrochen. Jack hielt dies jedoch für eine gute Idee und konnte auch Sofie schließlich davon überzeugen. „Wir sind ja in deiner Nähe. Dir kann nichts passieren.“ sagte er zu ihr. Sie gab nach.

      Sie ging zu einem Taxi und wollte fragen, wie viel eine Fahrt in den Schwarzwald kostet als der

      Fahrer sie in den Wagen zerrte. Sie schrie auf und Julia rannte auf den Wagen zu, doch der fuhr mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit los. Sie konnte sich an den Dachgepäckträgern festhalten und versuchte in den Wagen zu gelangen.

      Die anderen schauten versteinert zu. Jack ärgerte sich, dass er nicht schnell genug reagiert hatte und nun beide Mädchen in Gefahr waren. Ben und Kim beruhigten Boris, der sich die ganze Schuld an dem Vorfall gab. In seinem Alter fühlten sich Jungen oft verantwortlich für Mädchen und genau das machte ihm zu schaffen. Das war auch der Grund, warum er oft mit Julia aneinander geriet, weil sie sich als die Älteste für die jüngeren verantwortlich fühlte.

      Doch für den Fahrer war dieses Tempo zu hoch und er raste in eine Mauer. Im gleichen Moment riss Sofie die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Julia wurde aber gegen die Mauer geschleudert. Der Taxifahrer war unverletzt und wollte nun Julia mitnehmen. Doch sie sprang auf, schubste ihn zur Seite und rannte in das Bahnhofsgebäude. Er rannte hinterher.

      Jack und die anderen warteten und machten sich Sorgen, was nun passieren würde. Sofie fehlte nichts. Sie stand nur unter Schock und wünschte sich nichts sehnlicher genauso mutig und stark zu sein wie ihre Geschwister.

      Julia kam wieder und sagte: „Das war’s. Er sitzt jetzt in einem Zug nach Neapel. Ich bin reingesprungen und kurz vor der Abfahrt wieder ausgestiegen. Er hat es aber nicht geschafft. Ich glaube aber wir sollten lieber mit dem Bus fahren. Das ist sicherer. Oder wir können auch zu Fuß laufen. Da brauchen wir aber Wochen.“ Sie grinste die anderen an. Jack starrte sie an und bekam fast Angst vor ihrer Kraft, die genauso groß war wie ihre Intelligenz. Wäre Sofie doch nur halb so mutig aber die war noch genauso schüchtern wie zwei Jahre davor. Julia studierte indessen den Fahrplan und fand einen Bus in den Schwarzwald. Aber da mussten sie noch eine Stunde warten. Julia setzte sich auf eine Bank und war plötzlich sehr müde. Die anderen standen daneben und unterhielten sich. Nur Jack fiel auf, dass Julia eingeschlafen war und das wunderte ihn, weil sie eben noch munter gewesen war. Als ob sie es gespürt hätte öffnete sie jetzt die Augen und fragte: „Warum? Was ist los mit mir?“ und schaute ihn ratlos an. In ihren Augen war auch eine