Alexander Schöppner

Sagenbuch der Bayrischen Lande


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       K . G e i b . H . F ö r i n g e r im Oberb. Archiv I.,

       397

       Pipin wohnte eine Zeit lang auf der Burg zu Weihenstephan

       bei Freising. Nun gedachte er sich zu vermählen

       und schickte seinen Hofmeister, einen bösen Ritter,

       die Braut abzuholen. Da wurde der und sein ruchloses

       Weib mit einander eins, die fremde Prinzessin

       zu tödten und statt derselben ihre eigene Tochter unterzuschieben,

       die jener sehr ähnlich sah. Der Hofmeister

       führte die fremde Königstochter von ihres Vaters

       Hof im prächtigen Zuge fort. Der Abschied war unendlich

       traurig, als hätte die Aermste geahnt, welch'

       Unglück ihrer warte. Nach dem letzten Nachtlager vor

       Weihenstephan nahm der Hofmeister einen starken

       Umweg in die tiefe Wildniß zwischen dem Würmund

       Ammersee. Dort harrte seiner verborgen Weib

       und Tochter. Er nahm bei der Nacht der Prinzessin

       königliche Gewänder und ihren Fingerring, legte ihr

       dafür seiner Tochter Anzug vor ihr Lager und befahl

       Zweien seiner treuesten Knechte, wie er in aller Stille

       abgezogen sei, die Königstochter ungestüm aufzuwecken

       mit dem Begehren, sie sollte ihnen ohne Widerrede

       folgen. Das that sie, obgleich mit großem

       Schrecken. Ihr geliebtes Hündlein folgte ihr. Auch

       vergaß sie nicht ihr Werkzeug und Gold und Seide,

       denn sie konnte gar herrlich wirken.

       Als sie nun mitten im finstersten Dickicht waren,

       sagten ihr die Knechte, sie hätten geschworen, sie zu

       tödten, ließen sich aber doch erbarmen an so viel

       Schönheit und Jugend, und brachten als Wahrzeichen,

       daß sie gethan, wie ihnen befohlen, dem bösen Hofmeister

       ihr blutiges Oberkleid und ihres Hündleins

       Zunge. Der war dessen froh und die Hochzeit seiner

       Tochter mit Pipin wurde vollzogen. Die arme Königstochter

       in der Wildniß trieb aber der Hunger wieder

       zu den Leuten. Ein häßlicher Köhler, dessen sie anfangs

       gar sehr erschrack, weil sie ihn für den leibhaften

       bösen Feind hielt, der ihrer Seele nachstelle, führte

       sie zum Müller in der Reismühle bei dem alten

       Heidenorte Gauting. Dem Müller war nun des edlen

       Königs Tochter eine Magd, nur sagte sie nicht, wer

       sie sei und was mit ihr geschehen. Sie machte wunderschönes

       Kunstwerk in Gold und Seide, das trug

       der Müller auf ihr Bitten gen Augsburg und verkaufte

       es dort fränkischen Handelsleuten. So schwanden

       Jahre und Tage dahin. Da verirrte sich einst Pipin in

       dem weiten Wald mit seinem Knecht, seinem Arzt

       und Sterndeuter. Der Abend brach herein. Von den

       Hörnern der Gefährten hatten sie schon seit vielen

       Stunden keines mehr erschallen gehört. Der Knecht

       war auf eine Tanne gestiegen, und sah ganz in der

       Nähe Rauch. Sie ritten rasch darauf los und fanden

       den Köhler, und verlangten zu essen. Er konnte ihnen

       nichts geben, denn er hatte selbst nichts, aber er führte

       sie auf die Reismühle gen Gauting, da erquickten

       sie sich. Der Sterndeuter trat vor die Hütte und blickte

       an den Himmel und kam hocherstaunt wieder herein

       und sprach zu Pipin: »Herr! ihr sollt diese Nacht von

       Eurer Hausfrau einen Sohn gewinnen vor dem die

       Christenkönige und die Heidenkönige sich neigen.«

       Da sprach Pipin: »Wie kann das sein? Es ist halb

       Mitternacht und noch weit auf Weihenstephan.« Der

       Sterndeuter ging noch einmal hinaus und sprach:

       »Dennoch ist es so, Ihr werdet bei der sein, die Euere

       Hausfrau ist und schon lange war.« Da stürmte Pipin

       auf den Müller, er solle sagen, ob nicht jene Frau bei

       ihm verborgen. Der König hätte ihn getödtet, als er

       gestand, es sei wohl schon sieben Jahre eine engelschöne

       Jungfrau bei ihm, die keines Menschen Auge

       gesehen. Da mußte die Jungfrau herfürgehen, und

       Pipin schmeichelte ihr: »es stehe in den Sternen, sie

       sei sein ehelich Weib.« Da war zwischen ihnen viel

       Frage und Antwort, obgleich die Jungfrau ihr Geschick

       lange nicht offenbaren wollte, wegen des

       schweren Eides, bis der König ihr erklärte, er sei

       durch Todesfurcht erzwungen und ungültig. Die edle

       Bertha zeigte ihm nun seinen eigenen Brautring, den

       er ihr durch den verrätherischen Hofmeister gesendet

       und Pipin war außer sich vor Freude, gebot den Seinigen

       Schweigen, so lieb ihnen ihr Leben sei, nahm

       zärtlichen Urlaub und erreichte des Abends noch die

       Burg, die jetzund Pael heißt und kam des andern

       Tages gen Weihenstephan. Dort erzwang er das Geständniß

       der Knechte, die Bertha verschont, ließ seine

       Weisesten rufen, den Hofmeister dazu, erzählte seine

       Falschheit und Missethat, als wäre sie einem andern

       geschehen, fragte darauf mit schrecklichem Blick und

       Ton den Hofmeister: »Was gebührt einem für solche

       Missethat?« Blaß und zitternd sprach dieser: »Ich will

       kein Urtheil fällen über mich selbst.« Da verdammte

       ihn der gemeine Rath zum schmählichen Tode. Die

       Hofmeisterin, die den verdammlichen Rath gegeben,

       ward eingemauert, und ihre Tochter, die unterschobene

       Königin, in einem besondern Gemach verwahrt,

       doch starb sie bald aus Gram.

       Wie Pipin heimkam aus dem langen Feldzug wider

       die Sachsen, eilte er auf die Reismühle am Würmsee.

       Der Müller trat ihm entgegen und reichte ihm einen

       Pfeil zum Wahrzeichen, in der Mühle sei ihm ein

       Sohn geboren von der schönen Bertha. D a s w a r

       d e r g r o ß e K a r l .

       Pipin führte seine Fürsten und Ritter zu seiner

       Frau, zeigte ihnen ihr armes Kämmerlein, und ihr

       Lager blos von weichem Moos, und zog dann mit ihr

       ab unter lautem Schall und Ruf und Waffenklang auf