utilitären Ansatz, das heißt als Instrument um politische und wirtschaftliche Ziele zu verfolgen und zum anderen ist sie wertgebend für Gesellschaft und Kultur, also transutilitär. Die utilitäre Raumfahrt dient der Entwicklung von Märkten und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Sie wird für Kommunikation, Mobilität, zur Umwelt-, Wetter- und Klimaüberwachung und zur Wettervorhersage genutzt. Sie dient dem Katastrophen- und Ressourcenmanagment. Als Technologiefeld liefert sie wichtige Beiträge zur Innovation, Verlässlichkeit, Qualität, Miniaturisierung und der Entwicklung neuer Werkstoffe. Durch die spezielle Weltraumumwelt, also Schwerelosigkeit, Hochvakuum und tiefe Temperaturen werden im All hergestellte Industrieerzeugnisse zur Produktion von Gütern führen, die auf der Erde gar nicht oder nur unvollkommen oder sehr aufwendig herstellbar sind; unter anderem Schaummetalle, neuartige Legierungen und Schmiermetalle. Ultragenaue Latexkugeln, um Elektronenmikroskope zu kalibrieren. Hohlkugeln für Kugellager, um Wirkungsgrade von Gasturbinen zu erhöhen, Glasfasern für optische Nachrichtentechnik sowie Halbleiter und andere elektronische Baudelemente. Weiterhin Pharmazeutika, ultrareine Materialien, Monokristalle und submillimeterdünne Siliziumschichten als Träger für elektronische integrierte Baudelemente. Löt- und Schweißverfahren lassen sich in der speziellen Weltraumumwelt effektiver gestalten.
Auch wenn der gesamte Transportbedarf von anfangs einigen 10 Kilotonnen jährlich für weltraumgestützte Industrieanlagen beträchtlich ist, ist allein der Ausblick auf vorteilhafte Weltraumprodukte kurzsichtig; bei hinreichend geringen Transportkosten - etwa durch den Fahrstuhl ins All - gibt es weitere sehr gute Gründe, die Großindustrie soweit wie möglich ins All (oder aufs Meer) zu verlegen: Es steht fast unbegrenzte solare Energie zur Verfügung, die Erde wird von allen Belastungen als Folge dieser Energieproduktion befreit, die Industriegelände werden für andere Zwecke frei - auch zur Renaturierung, die Umweltbelastungen und -Schäden, die durch irdische Industrie anfallen, werden beseitigt. Die transutilitäre Raumfahrt erweitert unser Wissen und unseren Horizont, sie liefert Kenntnisse vom Ursprung und der Vergangenheit des Universums mit Blick in die Zukunft. Sie stimuliert Neugier und Entdeckergeist, gestaltet das Weltbild und die naturwissenschaftliche Kultur. Sie fasziniert und inspiriert, liefert Authentizität und Identifikation und schließlich einen schwer vorhersehbaren aber virulenten Gewinn von Prestige, von Ansehen, Macht und Einfluss durch die Meisterung der Aufgaben der Raumfahrt.
"Utilitär" und "transutilitär" sind Pole; in der Diskussion werden sie oft gegeneinander verwendet und dadurch Raumfahrtbefürworter gegeneinander ausgespielt. Die Frage, was Raumfahrt eigentlich soll, führt oft zur gefürchteten "entweder- oder"-Devise. Selbst innerhalb der Raumfahrt werden diese Pole von Interessengruppen gegeneinander ausgespielt, was ihrer Gesamtbeurteilung erheblich schadet. Diese unbefriedigende und kontraproduktive Situation erfordert das Aufbrechen der utilitären/transutilitären Pole durch eine überlagernde Beschreibung als Brücke zwischen ihnen. In dieser vermittelnden Kategorie steht Raumfahrt für Sicherheit, Frieden, Wohlstand und für Förderung internationaler und interkultureller Zusammenarbeit. Exploration, SETI und schließlich der Mensch im Weltall - diese Kategorie lässt sich mit den Konnotationen Arbeit, Forschung, Tourismus keinem Pol zuordnen. Utilitäre und transutilitäre Raumfahrt kann es nicht geben, denn Raumfahrt als Ganzes erbringt die Leistungen und rechtfertigt die Investitionen. Dieser neue Synthese-Ansatz kann die Richtung vorgeben, um aus tradierten Begründungen für die Raumfahrt auszubrechen und einzelne Raumfahrt-Elemente nicht gegeneinander auszuspielen; Raumfahrt ist ein extrem breiter Sektor mit unvergleichlicher Gewinnvielfalt.
Was lockt uns Menschen von der Erde weg in ferne Bereiche? Was soll beziehungsweise was sucht der Mensch zum Beispiel auf dem Mond, solange wir hier unten noch von so vielen vermeidbaren Problemen und Übeln wie Krankheit, Hunger, Existenzangst usw. gequält werden? Was hätte etwa die Krebsforschung mit dem vielen Geld angefangen? Die Biochemie, das heißt die Gentechnik(!) könnte in kurzer Zeit fast alle Krankheiten und Abnutzungserscheinungen beseitigen, würde man ihr die notwendigen Forschungsmittel zur Verfügung stellen. Ist Raumfahrt nicht nur ein Phantom, dem einige wenige Fantasten nachjagen? Ist sie vielleicht - noch schlimmer - eine Prestigeangelegenheit zwischen den großen Nationen, wie etwa die Mondlandungen während des kalten Krieges; war das Apolloprogramm also doch nur ein Statussymbol? Erst die wichtigsten Probleme auf der Erde lösen, ehe wir uns dem All zuwenden, sagen ihre Kritiker. Doch ohne Raumfahrt lassen sie sich erst mal gar nicht lösen und zweitens könnte diese Vorgehensweise zu risikoreich werden, denn wenn zu viel Zeit vertrödelt wird, sind manche Ressourcen oder noch schlimmer technisches Wissen nicht mehr vorhanden. In die bemannte Raumfahrt muss erst einiges investiert werden; sie wirft keine kurzfristigen Gewinne ab. Um wirklich etwas von ihr zu haben, muss man langfristig und in großen Dimensionen denken. Je länger man also mit der Raumfahrt wartet, desto unwahrscheinlicher wird sie. Deshalb: jetzt oder nie!
Es ist zunächst die jahrtausendealte Astronomie, das überirdisch-göttliche, was sich in Religion und Philosophie ausdrückt; aus ihr geht die Astronautik hervor, der Wunsch, selbst dort zu sein. Anders formuliert ermöglicht die bemannte Raumfahrt im Gegensatz zur Astronomie den Schritt von der Theorie zur Praxis, also vom Imaginären weg hin zum Realen. Unser Fühlen und Handeln war und ist niemals nur das Ergebnis konsequenter rationaler Überlegungen, sondern eine Verwirklichung von Trieben, die zum Beispiel auch in der transutilitären Kunst und Kultur dafür sorgen, dass unsere Welt nicht still steht. Neugier und Gestaltungstrieb sind Motoren in der Geschichte der Raumfahrt bis in unsere Tage. Ihre Bedeutung hat sich im Laufe der Zeit gewandelt: Raumfahrt hat mit Mythen und Märchen begonnen, sie wurde bereits in vorgeschichtlicher Zeit als Handlungsschauplatz gewählt und mit Sonnenwagen und anderen göttlichen Fahrzeugen bevölkert. Ihre weltgeschichtliche Bedeutung erhielt die Rakete erst im 20. Jahrhundert als Vehikel der Raumfahrt. Noch im 19. Jahrhundert war sie wissenschaftliche Gedankenspielerei und Thema phantasiebegabter Schriftsteller, doch ab den 1850ern hat sich ihre Bedeutung geändert. Die immer schnellere Entwicklung von Wissenschaft und Technik erzeugte einen enormen und durchaus berechtigten Fortschrittsglauben. Durch die Industrialisierung ist es möglich, große Abenteuer zu wagen und zum Teil zu gewinnen: der Flug zum Mond und zu anderen Planeten und zu den Sternen mit ihren (Exo-)Planeten.
Die phantastische und die SF-Literatur haben einen wesentlichen Anteil an der Verbreitung dieser Ideen; durch sie rückt die Zukunft scheinbar plötzlich in allernächste Nähe. Außer den Schriftstellern machten vor allem Raumfahrtpioniere wie Ziolkowski, Oberth, Goddard und viele andere die Idee vor allem der bemannten Raumfahrt populär und leisteten Entwicklungsarbeit, von der noch heute profitiert wird; ohne sie würde es keine Raumfahrt geben. Da sie ihre Erkenntnisse fast gleichzeitig, aber unabhängig voneinander gewannen und die Entwicklung von Wissenschaft und Technik entsprechend weit war, scheint da die Entstehung der Raumfahrt zwingend gewesen zu sein? Vor allem durch den 2. Weltkrieg wurde aus großartigen Einzelleistungen eine ebenso große organisierte Massenforschung, aus der innerhalb weniger Jahre das Zeitalter der Raumfahrt entstand. Wäre die Entwicklung der bemannten Raumfahrt nur etwas optimaler verlaufen, hätte es vielleicht schon in den 1930ern Satelliten geben können? Doch auch der Widerstand gegen die bemannte Raumfahrt hat Bedeutung für ihre Entwicklung, denn ohne ihn, ohne ihre Kritiker würde die Welt im Chaos des Neuen ersticken; meistens behalten sie (allgemein bei technologischen Entwicklungen) recht und bringen unfruchtbare Ideen zum Verschwinden, womit sie eine notwendige soziologische Funktion erfüllen. Auch Ziolkowski wusste, dass es tatsächlich Dinge gibt, für die die Zeit noch unreif ist und die von selbst gewaltlos untergehen. Wurden sie auch nicht verhindert, fanden sie dennoch keinen Anklang und erloschen oder versanken allmählich.
Würde heute unter uns ein so außergewöhnlicher Mensch wie seinerzeit Giordano Bruno, Galilei, Kopernikus, Newton, Einstein auftauchen, könnte ihn kaum jemand verstehen, der kleine Kreis seiner Schüler ihn anzweifeln und wer immer ihn versteht, ihm nicht helfen können ... andere Wissenschaftler würden ihn für unwissenschaftlich halten; um sie und die Öffentlichkeit zu interessieren und zu überzeugen, brauchen sie die Klugheit enzyklopädischer Wortbücher und viel Geduld, denn die Öffentlichkeit fragt (noch heute) kaum bis nie danach, warum etwas so oder so ist, sondern will nur wissen, wozu etwas nützlich sein kann - nun, mittlerweile haben sich die Zeiten etwas gebessert, ganz so isoliert sind die Raumfahrtbefürworter nicht mehr, aber sie ist noch kein Selbstläufer ... Auf die Frage, wozu Raumfahrt dienen kann, könnte man als Gegenfrage auch stellen, wozu ein neugeborenes