arbeitete sich verbissen und mit viel Einsatz hoch und höher. Jetzt hatte sie alles, was sie haben wollte. Ein eigenes Haus, ein Auto, eine gute Arbeit und sie konnte gut leben
.Ein paar Wochen später ging Herbert zu Jürgen und fragte ihn, ob er als Beifahrer arbeiten wollte. Jürgen fiel Herbert fast um den Hals. Damit hatte auch Jürgen wieder eine feste Arbeit nach langen Jahren der nur gelegentlichen Arbeitsstellen.
Die krumme Straße ging wieder einmal in die friedliche Vorweihnachtzeit.
Auf dem Weg zu Ömmes traf Hans auf Beate und gleich darauf kamen Hermann und Jürgen dazu, ein Gespräch kam aber nicht in Gang, jeder hing seinen Gedanken nach.
Herbert, Franz und Rudi saßen bereits am Stammtisch und hatten ihr Pils vor sich stehen. Ömmes begrüßte Beate und nickte den drei Männern zu, während er die Getränke auf den Stammtisch stellte. Es kamen die üblichen Themen zur Sprache, jeder palaverte mit jedem über Gott und die Welt
.Hans ging als letzter der Runde leicht schwankend nach Hause, er freute sich über die Weihnachtsdekoration an und in den Häusern und Vorgärten. Er wurde beinah ein wenig melancholisch.Im weiter laufen kamen ihm die vergangenen Weihnachtsfeste in den Sinn.
Wie schnell die schlechten Zeiten vergessen werden, Zeiten, in denen sich satt essen können schon fast ein Wunder war.Er war zehn Jahre, wie Herbert, als sein Vater aus der Gefangenschaft zurück kam. Der Mann war krank und kaputt, dass konnte er sogar als Kind erkennen. Sein Vater wurde Nacht für Nacht von furchtbaren Alpträumen gequält.
Morgens war er dann oft völlig verstört, so dass er manchmal nicht wusste,wo er war. Es dauerte lange, sehr lange, bis sein Vater auf die Reihe kam, aber so richtig gesund wurde er nie.
An manchen Nachmittagen, wenn Hans mit den Schularbeiten fertig war,nahm sein Vater ihn mit in den Schuppen und zeigte ihm,woran er gerade arbeitete.
Einmal war es ein großer und stabiler Küchentisch, das andere Mal ein zierliches Hängeschränkchenfür die Kleinigkeiten seiner Mutter. Während sein Vater an irgendeinem Teil herum werkelte, saß er gemütlich in der halbdunklen Ecke auf einem Haufen alter Kartoffelsäcke und sah zu.
Und manchmal fing sein Vater an, über den Krieg zu sprechen, erst war es nur ein leises, unverständliches Gemurmel,das dann nach und nach verständlicher wurde. Sowie Hans damals verstanden hatte, musste sein Vater wohl in Finnland stationiert gewesen sein und diese Kämpfe in denfinnischen Urwäldern gegen die Russen müssen furchtbar,entsetzlich grausam gewesen sein.
Sein Vater war anfangs wohl heilfroh, als er an die Ostfront versetzt wurde. Aber ermerkte schnell, dass er vom Regen in die Traufe gekommen war.
Der einzige Lichtblick für seinen Vater war wohl die Zeit in Frankreich, eine kurze Zeit bloß und wieder ging es nach Russland. Den dicken Knacks hat mein Vater wohl in Russland bekommen,als seine Kompanie ein unbekanntes, kleines russischesDorf unbedingt halten musste und dabei höllische Verluste erlitt, sinnierte Hans weiter.
Einmal erzählte sein Vater von einem Hafen an der Ostsee. Es war saukalt und die Flüchtlinge wollten auf das Schiff, es waren Tausende und es war kein sehr großes Schiff.
Die Menschen stürzten in das eiskalte Wasser bei dem Versuch, auf das Schiff zu kommen,Frauen, Kinder, alte Leute. Zu guter Letzt schossen die Soldaten auf die Flüchtlinge, um sie daran zu hindern, auf das Schiff zu kommen.
Die Straße konnte man nur noch daran erkennen, dass links und rechts die Trümmerberge höher waren als sie selbst. Das Dröhnen der Flugzeuge wummerte in den Ohren und das Geräusch der fallenden Bomben war schrecklich, nervtötend.
Ein widerlicher Brandgeruch hing in der staubigen Luft und immer wieder krachte ein Haus oder eine Ruine von einer Bombe getroffen mit einem wahnsinnigen Getöse zusammen.
Die Hitze wabberte infernalisch über den Trümmern. Die nicht mehr vorhandene Straße bog sich etwas nach links, etwas weiter stand ein noch halbwegs intaktes Haus.
Auf den Treppenstufen zum Hauseingang saß ein Kind, ein kleines Kind, die dunklen Augenvor Angst starr aufgerissen, durch das schmutzige Gesicht malten die Tränen helle Straßen.
Das Kind saß wie versteinert in dem Chaos.
Die Bombenabwürfe kamen näher, als plötzlich eine Frau aus dem Inneren des Hauses stürzte, das Kind hochriss und im Haus verschwand.
Eine Bombe krachte in das Haus und hinterließ nur noch einen gewaltigen Krater,über dem sich eine riesige Staubwolke ausbreitete.
Nachdenklich ging Hans weiter und dachte bei sich, dass sein Vater ihm damit schlimme Erinnerungen hinterlassen hat. Aber sein leises Erzählen hat ihm wenigstens etwas geholfen und ich muss damit leben, es gehört zu meinem Vater undmir.
Hans kam nach seiner Schreinerlehre aus dem Sauerland hierher, weil er hier eine Arbeitsstelle gefunden hatte und so blieb er hier hängen. Er war immer noch ledig, heftig sozialkritisch,schon früh um die Umwelt besorgt.
Nach ein paar Jahren konnte er sich das Haus neben Hermann kaufen und renovierte es viele Jahre lang, bis es ein richtiges Schmuckkästchen war. Natürlich mit viel Holz, schließlich ist Hans Schreiner!
Jürgen und Herbert kamen neunzehnhundertneunundvierzig in die Volksschule an der Hauptstraße. Ein Jahr später wurde Hermann eingeschult. Franz war da schon drei Jahre auf der Schule und Wilhelm kam durch den Umzug seiner Elternneunzehnhundertfünfzig in diese Schule.
Wilhelm besuchte nach der Schule das Gymnasium, Jürgen und Herbert gingen auf dem Pütt in die Lehre, während Hermann nach der Schule eine Lehre als Metaller machen konnte.
Trotzdem hielten die fünf eisern Kontakt, trafen sich regelmäßig an den Wochenenden und unternahmen viel gemeinsam. Später kam dann noch Hans und noch etwas später Rudi in die Clique, die Runde machte dann Beate voll.
Der Kontakt mit Wilhelm ging ein bisschen durch sein Studium verloren, aber ganz weg war er nie. Wann immer er es ermöglichen konnte, meistens spielte das fehlende Geld die ausschlaggebende Rolle, tauchte er an dem einen oder anderen Wochenende in der krummen Straße auf.
Einen alten, verschrammten Koffer voller schmutziger Wäsche brachte er dann seiner Mutter mit, für seinen Vater fand er immer irgendein altes Buch als Mitbringsel oder die Kopie eines alten Notenblattes.
Das Wiedersehen der Fünferbande war immer ein Riesen-Hallo und die Jungs mit der Lehrstelle hatten dann doch mal einen Tacken (Groschen!) mehr für ein Bier übrig.
Sie sprachen über die fünf,sechs Jungs, die seit einiger Zeit mit ihren Mopeds und Mofas durch die krumme Straße rasten und mit dem Krach und den Auspuffgasen die Anwohner belästigten und auch verärgerten.
Die Bande wurde immer frecher und dreister, machte sich richtig unbeliebt in der Straße. Alle waren sich darüber einig,dass es so nicht mehr weitergehen konnte.
Hermanns Vater bot sich an, mit den Jungs zu sprechen, was natürlich nichts nutzte, im Gegenteil, die wurden immer respektloser. Am nächsten Freitagabend trafen sich die Burschen wieder an der Parkbank, machten Randale, warfen die leeren Bierflaschen auf die Straße, dass die Glassplitter überall herum flogen, warfen ihren Müll in die kleine Grünanlage, in der die alte Parkbank seit ewiger Zeit stand.
Mit jeder Flasche Bier führten die sich verrückter auf, grölten unflätig, zertraten die Pflanzen und dann waren sehr plötzlich sechs, sieben Männer aus der Nachbarschaft da und sagten den jungen Burschen, dass es jetzt genug sei, sie sollten verschwinden und die Anwohner in Ruhe lassen.
Statt Ruhe zu geben, wurden die rotzfrech und gaben erst klein bei, als die Männer etwas bedrohlich auf sie zu gingen. Alle glaubten, dass damit die Geschichte gegessen war, leider war es aber nicht so.
Am nächsten Freitagabend waren sie wieder da, noch lauter und frecher und mit ein paar Mann Verstärkung. Unauffällig verständigten sich die Anwohner der krummen Straße und dann kam eine Gruppe Männer von der Friederikenstraße und eine zweite Gruppe Männer von der Hauptstraße auf die Rowdys zu. Diese wurden dann sehr schnell sehr kleinlaut, zwei,