sodass er locker auf eine tägliche Arbeitszeit von 10-12 Stunden kommt. Es hatte sich bewahrheitet, was schon Tucholsky einst über diese Generation schrieb: „Sie haben ein starkes Gefühl für die Macht des Geldes. Die Welt ist nichts als ein Schaufenster für sie. Das Leben eine Hetzjagd. Man hat keine Zeit. Liebe in Eile, Erholung in Eile, Bildung in Eile. Ständig außer Atem – immer hinterher.“
*
Aus diesem Wahnsinn hatte ich mich ganz bewusst ausgeklinkt. Geld, Ansehen und Ruhm interessierten mich nicht mehr. Ich hatte all das im Übermaß erfahren und die Schattenseiten in allen Variationen erlebt. Meine sozialen Kontakte beschränkten jetzt sich auf belanglose Gespräche mit Verkäuferinnen oder Bedienungen in Gaststätten. Trotzdem fehlte mir nichts von dem täglichen Gewese, das in den Büros der Unternehmen abläuft.
Ich hatte mir die drei Fragen gestellt, die Hans Peter Unger in seinem Ratgeber „Bevor der Job krankmacht“ verfasst hat:
1 Achte ich gerade genug auf mich selbst, meine Rhythmen, Körpersignale und Bedürfnisse?
2 Handle ich im Moment verantwortlich und wertschätzend mir selbst und mir wichtigen anderen Menschen gegenüber?
3 Entspricht meine Arbeit meinen persönlichen Wertvorstellungen und Lebenszielen?
Alle Fragen konnte ich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Wobei ich bei Frage 2 nicht „anderen Menschen“, sondern „meinen Hunden gegenüber“ und bei Frage 3 nicht „meine Arbeit“, sondern „mein Leben“ einsetzte. In Wirklichkeit hätte es dieses „Tests“ aber gar nicht gebraucht. Meine erstklassige Gesundheit und mein Gemütszustand, der sich in einer vollkommenen Balance befand, bewiesen mir täglich, dass ich mit meinem Status quo sehr zufrieden sein konnte.
Kapitel 9
Jedes beliebige Licht vertreibt in einem Augenblick
Die Dunkelheit ganzer Zeitalter.
Das starke Feuer des Geistes verbrennt mit einem Blitz
Den Schleier der Unwissenheit.
(Tilopa)
Auf diesem Planeten währt nichts ewig. Die Beendigung dieses wunderbaren Lebensabschnitts begann damit, dass unbemerkt von mir die Versuchung in Gestalt einer besonders schönen Frau in den verschlafenen Ort gezogen war, die eines Morgens mit ihrem jungen Schäferhundmischling an meinem Garten vorbei lief, in dem ich nur mit einer Badehose bekleidet in der Sonne schlief. Pauline hatte es sich auf meinem Bauch bequem gemacht und Bugsy lag schlummernd im Gras neben mir. Durch einen Spalt in der Hecke erspähte der kleine Hund der Spaziergängerin meine beiden friedlich schlafenden Gefährten. Laut bellend durchbrach er das Gesträuch und rannte in den Garten. Pauline sprang knurrend von mir herunter, wobei sie mir mit ihren Hinterpfoten schmerzhaft in meine Kronjuwelen trat.
„Aua, verdammte Scheiße“, fluchte ich laut. Unsanft aus meinen Träumen gerissen richtete ich mich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. Verblüfft sah ich den kleinen Schäferhund auf meine Liege zu laufen, vor der sich Bugsy und Pauline inzwischen mit aufgerichteten Schwänzen und heraufgezogenen Lefzen knurrend aufgebaut hatten. Jederzeit bereit, mich mit ihren Leben zu verteidigen.
Um die beiden vor dem heranstürmenden Vierbeiner zu beschützen, wollte ich aufspringen. Plötzlich krachte die Liege unter mir zusammen. Ich verlor den Halt, stürzte und landete mit dem Gesicht im Gras.
Ein glockenhelles, schallendes Gelächter ertönte. Wütend rappelte ich mich hoch. Als Erstes registrierte ich, dass die drei Hunde sich schwanzwedelnd beschnüffelten. Sie schienen sich gerade anzufreunden. Beruhigt sah ich zu der Stelle, von der das Lachen gekommen war. Mein Blick fiel auf zwei wogende, voluminöse Brüste, die den dünnen Stoff eines sich über ihnen spannenden weißen T-Shirts zu zerreißen drohten, auf dem in roter Schrift „I love NY“ zu lesen war.
Über den außerordentlich wohlgeformten Titten sah ich in ein sehr attraktives Antlitz. Es wurde von einer schwarzen Mähne lockigen Haares umrahmt, die bis auf die Schultern herabfiel.
„Das ist überhaupt nicht komisch, mit einem Tritt in die Eier geweckt zu werden und dann auch noch auf die Schnauze zu fallen“, blaffte ich die mich dreist Auslachende zornig an.
„Doch. Für mich schon“, gab sie frech grinsend zurück. „Aber vielleicht kann ich den Schaden ja begutachten? Und ihn wieder sanieren? So quasi als Nachbarschaftshilfe. Ich heiße übrigens Louisa, bin gerade hierhergezogen und wohne nur ein paar Hundert Meter entfernt von Dir.“
Verblüfft vernahm ich, dass sie ein perfektes Deutsch mit einem leichten amerikanischen Akzent sprach. Erst Bruchteile von Sekunden später wurde mir klar, dass sie mir gerade ein eindeutiges Angebot gemacht hatte. Ich kniff die Augen zusammen und sah sie mir genauer an. Sie war eine Augenweide. Volle sinnliche Lippen, eine fein ziselierte Nase und mandelförmige dunkelblaue Augen. Unter ihren hervorstehende Wangenknochen zierten beim Lachen zwei Grübchen ihre Wangen. Sie hatte sich ihr T-Shirt unter ihren prächtigen Brüsten zusammengeknotet, was ihren flachen Bauch freigab und mich den oberen Teil eines Tattoos sehen ließ, das irgendwie an einen Schwanzquast erinnerte.
Es schien aus ihrer hauteng sitzenden Hotpants herauszuwachsen, unter deren seidigen Stoff sich die Konturen ihres weiblichen Kelches deutlich abzeichneten. Ich fühlte, wie mein so lange verleugneter Freund sich in meiner Hose heftig bemerkbar machte.
„Nur, wenn ich mir das vollständige Tattoo ansehen kann“, konterte ich. Einerseits wollte ich die Ernsthaftigkeit ihrer Offerte testen und andererseits wieder Herr der Lage werden.
Ihre Reaktion war bemerkenswert.
„Aha, der Tollpatsch ist ein Kunstliebhaber“, lächelte sie mich schelmisch an. „Und sieh mal da, einen Pinsel hat er auch in seiner Hose. Ist ja interessant. Den will ich mir aus der Nähe anschauen.“
Sie lief mit dem wiegenden Gang einer Raubkatze an meiner hüfthohen Hecke entlang und betrat mit ihren endlos langen, wohlgeformten Beinen meinen Garten. Ich fühlte, wie das Blut in meinem besten Stück immer wilder pulsierte. Wortlos ging ich auf sie zu, nahm sie an der Hand und zog sie ins Haus. Ein Blick auf die drei friedlich miteinander spielenden Hunde signalisierte mir, dass ich mir um meine Beiden keine Sorgen zu machen brauchte. Ich würde mich die nächsten Minuten voll auf meine neue Errungenschaft konzentrieren können und sie nach dem anstehenden Akt höflich, aber bestimmt wieder loswerden. Oh ich tumber Tor des Glücks! Wie sehr ich mich wieder bei einer Frau irrte!
An diesem Morgen öffnete ich meine persönliche Büchse der Pandora, die ich doch mit meiner meditativen Sublimierung des Sex so sorgsam verschlossen geglaubt hatte. Heraus flog mit unwiderstehlicher Gewalt meine vermeintlich transzendierte Lust. Louisa entpuppte sich als eine Meisterin des schwarzen Eros, die mich von der ersten Sekunde an in ihren Bann zog. Sie war das erregende Abenteuer, die Lust des Augenblicks und der unverantwortliche Genuss in einer Person. Keine Spielart des Sex war ihr zu ausgefallen, kein Extrem war ihr tabu.
In den folgenden Monaten zog sie mich immer tiefer in einen Rausch der Sinne, den sie durch die Miteinbeziehung ihrer Freundinnen oder wahllos auf der Straße oder im Internet aufgelesener Personen beiderlei Geschlechts in unsere sexuellen Eskapaden immer variantenreicher gestaltete.
Der ungewöhnlich schöne und gefährlich attraktive Körper dieser in Manhattan aufgewachsenen Frau, in deren Adern deutsches und haitianisches Blut flossen, barg irgendein geisterhaftes, verdorbenes satanisches Element, das jeden faszinierte. Und sofort süchtig nach ihr werden ließ, sobald sie sich entblößte und sich in ihrer provozierenden Nacktheit mit der über ihren Schamlippen eintätowierten Löwin präsentierte, deren Schwanzende mir als Erstes ins Auge gefallen war. Obwohl sie ihren Körper lustvoll zur Verfügung stellte und sich leidenschaftlich hingab, blieb sie in Wirklichkeit unnahbar. Jedes Mal waren ihre Gespielen und Gespielinnen wie zerschmettert, wenn sie sie nach Gebrauch achtlos fallen ließ und jede weitere Begegnung mit ihnen verweigerte.
In mir hatte sie einen willigen Begleiter für ihre Exzesse gefunden. Ich faszinierte sie, weil sie wusste, dass sie nicht wirklich Macht über mich hatte. Zwar warf