Martin J. J. Stark

Der flammende Kreuzzug


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es keinen großen Unterschied. Da das Holzfällerlager sowieso auf dem Weg lag, wäre ich wahrscheinlich ohnehin daran vorbeigekommen. Zudem konnte ich dort vielleicht schon den einen oder anderen Handel abschließen. Außerhalb der Stadt war die Konkurrenz kleiner und die Chancen dementsprechend grösser, einen guten Preis zu erzielen.

      Beim heutigen Abendessen habe ich mich zum Abschied bei allen Anwesenden bedankt. Llane, die Stallmeisterin, hatte sogar eine Träne in den Augen. Sie meinte nur, sie werde es vermissen mir am Morgen beim Training zuzusehen. Mir werden ihre Äpfel ebenfalls fehlen, die sie mir nach dem Lauf zur Stärkung zuwarf, aber ich muss weiter. Ich versprach ihnen, sofort zu Hilfe zu eilen, sollten sie meine Unterstützung noch einmal brauchen. Eagan reichte mir die Hand und bedankte sich für meine Dienste. Unser Training hatte ihm mindestens so viel genützt wie mir und verschaffte ihm die nötige Ablenkung. Lediglich die Heiler schienen froh zu sein, mich nicht mehr als Stammgast in ihren Betten zu haben und konnten meine Abreise kaum erwarten.

      Ich habe nun meine Sachen gepackt. Wenn alles rund läuft, werde ich noch vor Sonnenaufgang losgehen. Dem Wegbeschrieb von Eagan zufolge werde ich ein oder zwei Nächte im Freien übernachten, ehe ich zum Lager und der Hauptstadt gelange. In diesen tiefen Lagen sollte das kein Problem sein. Immerhin muss ich hier keine Erfrierungen fürchten. Zudem ist das Gefährlichste was mir hier begegnen kann ein verirrter Bär, der sich kaum an mein Lagerfeuer wagen wird.

      Tag 51: Neues Lager, neue Aufträge

      Die Reise verlief ziemlich ereignislos. Es gab einen schmalen Weg, der keine einzige Abzweigung hatte. So ging ich also gemächlich durch die Natur, genoss die Ruhe und nutzte meine improvisierte Waffe als Wanderstock. Am zweiten Tag kam ich an einer leerstehenden Jagdhütte vorbei, die definitiv schon bessere Tage gesehen hatte. Ich traf keine anderen Menschen und auch die Tiere schienen sich vom Pfad fernzuhalten. Am Wegesrand entdeckte ich noch einige Kräuter, die ich vorsorglich einsteckte. Keines davon war besonders wertvoll, doch wurden sie unter anderem auch zum Kochen verwendet. Es sollte also nicht schwer werden einen Käufer dafür zu finden.

      Das Holzfällerlager selbst bestand aus insgesamt vier Gebäuden. Es gab eine kleine Gaststätte, die die Arbeiter und vorbeiziehende Reisende versorgte. Daneben stand ein kleines Haus für die Holzfäller und ein Lager mit verschiedenen Werkzeugen. Das letzte Gebäude hatte eine offene Konstruktion, so dass die Baumstämme aus dem Wald direkt hineingezogen werden konnten. Eine große Säge wurde durch ein Wasserrad angetrieben, welches sich langsam mit dem vorbeifließenden Fluss drehte. Wahrscheinlich war es derselbe Fluss, der am Kloster vorbeifloss und aus dem sie mich hinausgezogen hatten.

      Ich fand den Wachmann am Tresen des Gasthauses, einen Humpen wässriges Bier in der Hand. Da er immer noch die alte Offiziersuniform trug, war er nicht zu übersehen. Sein Haar war mittlerweile ergraut, doch konnte man selbst jetzt noch erkennen, dass er einmal ein fähiger Krieger war und noch immer wusste, wie man ein Schwert führte.

      Ich stellte mich kurz vor und gab ihm den Brief. Nachdem er ihn stirnrunzelnd gelesen hatte, blickte er mich finster an. Ich erzählte ihm von den Banditen und dem Gespräch mit ihnen. Auch den Namen Meister Daravol erwähnte ich und seine Miene wurde noch finsterer. Offensichtlich kannte er ihn.

      Er gab mir einen Auftrag. Seine Vergangenheit in der Armee hörte man sofort heraus, denn seine Worte waren kurz, präzise und duldeten keine Widerrede.

      Anscheinend hatte es etwas weiter südlich einen ähnlichen Vorfall gegeben. Bei einem Lager der Jäger hätten sich einige Banditen eingenistet. Ähnlich wie beim Weingut würden sie sich relativ ruhig verhalten, solange sie nicht gestört werden. Sie vertreiben jedoch jeden, der sich dem Lager nähert und scheuen auch nicht vor Waffengewalt zurück. Da ich bereits Erfahrungen mit einer solchen Situation gesammelt hatte, schätzte er es als ideale Aufgabe für mich ein. Er würde mich auch im Namen der Krone dafür bezahlen. Zudem versprach er, mit mir einige Informationen zu diesem Meister Daravol zu teilen.

      Ich bin eigentlich kein Söldner. Meiner Meinung nach sollten sie sich selbst um diese Angelegenheiten kümmern. Immerhin war ich weder ihm noch dem Lager etwas schuldig. Das war jedenfalls einer der größten Pluspunkte gewesen, als ich noch in den Bergen lebte. Alles, was im Tal passierte, all die Unruhen und Aufstände unter der Bevölkerung, konnten mir egal sein. Allerdings wollte ich mehr über diesen mysteriösen Meister herausfinden. Vielleicht sind diese Banditen etwas gesprächiger und sie können mir weitere Informationen liefern. Zudem würde etwas Startkapital für die Besorgungen in der Stadt nicht schaden.

      Ich habe nicht vor, die Banditen zu töten. Mein Stock sollte wieder mehr als ausreichend sein, um die Situation zu regeln. Ich schaue mich aber trotzdem noch bei den Arbeitern um. Viele von ihnen sind ehemalige Soldaten, die aus der Armee entlassen wurden und hier ein ruhigeres Leben führen wollten. Vielleicht gibt es hier doch noch das eine oder andere an Ausrüstung. Die Armee war immerhin mit besseren Waffen ausgerüstet als dem Kurzschwert der Karawane. Zudem wollte ich noch meine Kräuter gegen etwas Proviant eintauschen. Ich werde also erst morgen zu diesem Jägerlager gehen und mir die Sache genauer ansehen.

      Tag 52: Weitere Informationen

      Es gibt gute und schlechte Neuigkeiten. Die Gute ist, dass ich ein neues Paar Stiefel habe. Einer der ehemaligen Soldaten hat mir seine alten Treter überlassen. Ich musste nur einige Holzscheite hacken. Eine Kleinigkeit für mich. Nach einer halben Stunde war die Arbeit getan und ich konnte endlich meine Füße aus den durchweichten Schuhen befreien. Die Größe stimmt und sie sind bereits eingelaufen. Im Vergleich zu meinen alten Schuhen aus dem Kloster sind diese aus wesentlich dickerem Leder gefertigt und besitzen an der Ferse und Zehen Verstärkungen. Auch die Sohle ist genagelt und bietet endlich einen stabilen Stand.

      Die schlechte Nachricht ist, dass ich mich noch länger mit dem Militär herumschlagen muss. Fangen wir aber vorne an. Ich ging wie beauftragt zu diesem Jägerlager. Es war nicht schwer zu finden, da wieder ein schmaler Pfad direkt hinführte. Von außen sah es nicht viel besser aus als die Hütte, an der ich vor zwei Tagen vorbeigekommen war. Eigentlich war es sogar noch einfacher gehalten. Es bestand aus nur einem einzigen Raum. An einer Seite stapelte sich Brennholz und auf der anderen stand ein Gestell zum Aufziehen von Häuten. Davor war ein kleiner Steinkreis für ein Lagerfeuer platziert.

      Wie erwartet, waren auch hier nur Jungs am Werk, die eine große Klappe hatten, aber kaum mit ihren Waffen umgehen konnten. Ich bin mit ihnen gleich umgegangen wie das letzte Mal. Der einzige Unterschied bestand darin, dass es diesmal fünf Männer waren. Nachdem ich aber wieder ihren Anführer umgehauen hatte, verloren sie den Mut und zogen sich zurück. Es erstaunt mich, wie stark sie sich in der Gruppe fühlen. Gleichzeitig bricht jeder Widerstand in sich zusammen, wenn der Anführer fällt. Offensichtlich hatte keiner von ihnen genug Selbstvertrauen, um für sich selbst einzustehen. Umso leichter für mich.

      Wie das letzte Mal quartierte ich mich für die Nacht in dem kleinen Lager ein. Da es nur sehr wenig Raum hatte, brauchte ich nicht einmal die Kochstelle zu nutzen. Es wurde auch so schnell genug warm darin. Leider fand ich diesmal keinen Brief. Einzig einen Ring mit demselben Siegel. Ich steckte ihn vorsichtshalber ein.

      Die Rückreise war wieder ziemlich uninteressant. Ich sah einen Hirsch mit prächtigem Geweih und sammelte nochmals einige Kräuter. Spannend wurde es erst, als ich Bericht erstattete.

      Der Wachmann beorderte mich auf sein Zimmer im Gasthaus. Als ich eintrat verschloss er die Tür und setzte sich an den Tisch. Dort war bereits eine weitere Person anwesend. Eine Frau in blauer Robe mit langem, blondem Haar.

      Er eröffnete das Gespräch, indem er mir die zweite Person im Raum vorstellte. Sie hieß Arendia und war eine Magierin. Mir wurde etwas mulmig zumute, als ich die Tragweite dieses Treffens erahnte, berichtete aber kurz und knapp, was sich zugetragen hatte. Auch den Ring legte ich auf den Tisch und verlangte Antworten zu diesem Meister Daravol.

      Er seufzte tief und erzählte. Die Geschichte begann vor zwanzig Jahren, als der Krieg im Osten in vollem Gange war. Das Königreich brauchte Waffen und Rüstungen und hatte jeden fähigen Schmied einberufen, um die Front zu versorgen. Seinen Erzählungen nach beschäftigte das