„Oh, Justin!", rief sie aufgeregt. „Ich sitze schon die ganze Zeit vor dem Telefon. Ich habe mit mir gewettet, dass du anrufen wirst, aber ich habe schon gefürchtet, die Wette zu verlieren."
„Nein, du hast gewonnen. Vielmehr: Ich habe gewonnen. Oder noch besser: Wir haben gewonnen. Ich habe heute einiges an mir entdeckt. Ich kann zwar nicht dafür garantieren — aber wir werden es nie bestätigt bekommen, wenn wir es nicht einmal probieren. Ich liebe dich und will dich eben nicht verlieren."
„Ich liebe dich ja auch", sagte sie freundlich.
„Bevor wir beide den entscheidenden Schritt tun, sollten wir uns beide noch einmal prüfen. Ich bin für heute Abend zu einer Party eingeladen. Ja es ist eine von diesen Partys. Außer Marcel und Chloé Zimmermann, den Gastgebern, kenne ich sonst niemanden. Willst du mit-kommen? Es wird eine richtige Orgie! Marcel und Chloés Partys sind bekannt dafür."
„Wie arrangieren sie es denn, dass sich die Paare finden? Werden sie vielleicht ausgelost?”
Sie lachte.
„Nein. So formell sind sie nicht. Der einzige Fehler, den man machen könnte, wäre, wenn man sich mit der eigenen Frau oder Freundin einlässt. Und nach der Party gehen wir dann zu dir nach Haus und sehen nach, wie wir es überstanden haben. Ja?"
„Gut. Um wie viel Uhr soll ich dich abholen?"
Das Gespräch klang noch lange in Justin nach. Er verbrachte den Rest des Tages teils in Vorfreude und teils in Zweifel.
Er war sexuell erregt, und weder eine kalte Dusche noch Alkohol konnten die Erinnerung an Vanessa auslöschen. Er sah sie nackt in seinem Bett liegen. Er sah aber auch immer wieder die beiden Mädchen am Strand mit ihren jungen Liebhabern.
Justin war ein intelligenter Mann und kannte sich selbst recht gut. Er wusste, dass er nun einen schwankenden Boden betreten würde — nach dieser langen Abstinenz und Einsamkeit würde das wie ein Sturm über ihn hereinbrechen.
Sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, dass es nicht leicht sein würde für jemanden, der so scheu und introvertiert war wie er, diese Prüfung so ohne weiteres zu bestehen. Er fürchtete, in einer solchen Lage vielleicht sogar überzuschnappen und seine innere Ausgeglichenheit zu verlieren.
„Zum Teufel mit dieser sogenannten Ausgeglichenheit!", murmelte er wütend in sein leeres Glas. „Das war es ja gerade, was mich mein Leben lang geplagt hat — diese blödsinnige Attitüde."
Er lachte. „Mussten erst diese Gören von heute Nachmittag kommen, damit mir die Augen aufgehen? Wenn es Vanessa Spaß macht, mit anderen zu schlafen — warum soll sie es nicht tun? Schließlich ist doch nichts dabei, wenn man es mit einer Frau treibt oder einer anderen dabei zuschaut!"
Um acht Uhr abends holte er den Wagen aus der Garage und fuhr übertrieben vorsichtig zu Vanessa — er wusste, dass er genug getrunken hatte.
Die Art, wie sie ihn in die Arme schloss, erinnerte ihn an ein kleines Püppchen, das er als Junge besessen hatte. Sie trug ein leichtes Sommerkleid, das wenigstens fünfzehn Zentimeter über ihren Knien endete.
Als er seinen Arm um sie legte, fühlte er, dass sie keinen Büstenhalter trug.
„Hallo", rief er. „Ich möchte wetten, dass du keinen BH trägst!"
Sie kicherte.
„Ich möchte wetten, dass ich auch sonst nichts darunter anhabe!"
Sie trat ein Schritt zurück und hob ihr Kleid über die Hüften. Er sah ihre braunen Schenkel und die goldenen Härchen, die sich vor ihrer nackten Scham kräuselten.
„Nein, nein, nein — nicht anfassen! Ich würde es ja auch gerne mögen, aber wir sind schon spät dran. Und nach der Party gehen wir zu dir nach Hause, ja?"
„Okay, ja.“
„Ich hoffe, du bist nüchtern genug zum Autofahren", sagte sie, als er ihr beim Einsteigen half. „Trotzdem ist es ganz gut, dass du ein paar Promille in dir hast — schließlich ist es ja das erste Mal, dass du so etwas machst. Warte nur auf den prächtigen Rotschopf, den ich dir verschaffen werde!" plapperte sie aufgeregt. „Diese Chloé Zimmermann. Ich habe sie angerufen, nachdem ich mit dir geredet habe, und sie hat mir versprochen, sich deiner anzunehmen, sobald wir da sind. Sie wird dich durch den Abend begleiten."
Sie legte ihre Hand in seinen Schoß.
„Du bist ja bereits hart!", rief sie.
„Mit dieser Erregung laufe ich schon den ganzen Nachmittag herum", erklärte er ihr und berichtete von seinen Erlebnissen am Ufer.
„Das ist ja sehr erfreulich", sagte sie. „Da ist schon das Haus!“
„Sind wir zu früh?", fragte sie, als die Tür aufging und ein blonder Mann in Justins Alter sie begrüßte.
„Zu früh gibt es nicht", erwiderte er. „Wie geht es meinem Püppchen?"
Er küsste Vanessa auf den Mund. Einen Moment lang empfand Justin Eifersucht, aber diese Eifersucht war vermischt mit einem seltsam erregenden Gefühl in seinen Lenden. Justin wurde Marcel Zimmermann vorgestellt und bekam seinen Drink.
„Wo hast du denn Chloé versteckt?" fragte Vanessa.
„Im Schlafzimmer", gab Marcel zur Antwort.
„Sie macht sich schön.“
Es läutet schon wieder.
„Gib dich nicht zu sehr mit den anderen Konkurrenten ab, Vanessa!", scherzte Marcel. „Du weißt, dass du mir allein gehörst!"
Er ging, um zu öffnen.
„Du siehst, wie natürlich die ganze Sache ist", sagte Vanessa zu Justin, nachdem Marcel gegangen war. „Die machen kein großes Trara aus dieser Sache. Sex ist zum Spaß da. Das ist unser Motto. Spröde sein ist nichts für uns. Du bleibst jetzt da und begrüßt die Gäste. Ich geh' inzwischen zu Chloé hinüber."
Justin blieb also da und begrüßte die Gäste. Vier Paare kamen noch. Sie waren alle zwischen Zwanzig und Dreißig.
Die Männer alle gutaussehend, die Frauen meistens blond und alle sehr hübsch. Er konnte sich keine Namen merken — nicht nur wenn er betrunken war. Tobias und Michelle Schubert waren die einzigen, die er später noch beim Namen nennen konnte, und das auch nur, weil diese beiden ihn am meisten beeindruckt und interessiert hatten.
Tobias war fast so groß wie Justin. Doch er wirkte schon deshalb kleiner, weil er die Figur eines Ringers hatte. Er hatte dunkle Haare, sein Gesicht trug einen offenen Ausdruck und seine blauen Augen versprühten ein teuflisches Glitzern. Aber eigentlich war es doch Michelle, Tobias Frau, die Justins ganze Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
Sie war so ganz anders als die übrigen Mädchen hier — sie war die einzig wirklich große Frau und entsprechend gebaut. Was Justin an ihr faszinierte, war hauptsächlich die Art zu gehen und sich zu bewegen.
Sie machte den Eindruck eines ganz und gar natürlichen Menschen und einer Frau, die sich überhaupt nicht darum kümmert, was andere Leute über sie denken.
Justin konnte im Augenblick noch nicht sagen, ob Michelles offenes Wesen durch ihre Schönheit bedingt war oder ob sich umgekehrt ihre Schönheit einfach nur durch ihr natürliches Wesen ergeben hatte. Er empfand keinerlei erotische Wünsche, wenn er sie ansah. Und dennoch wurde er von ihr magisch angezogen.
„Hallo, meine Lieben!"
Er drehte sich um und sah ein großes rothaariges Wesen aus einer der Schlafzimmertüren herauskommen.
Es war Chloé Zimmermann. Sie war in Begleitung von Vanessa.
Die beiden Frauen steuerten direkt auf Justin zu. Im Gegensatz zu den sonnengebräunten Leuten hier im Raum war Chloé von bleicher Schönheit. Sie hatte eine wohlgeformte Figur und ihre grünen Augen sprühten vor Lebendigkeit.
„Ich versteh' jetzt, was du meinst", sagte sie zu Vanessa.
Sie