Petra S. Korn

Champagner zum Brunch


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aneinander. Hier residierte der Geldadel. Unternehmer, Schauspieler, Politiker und sonstige Promis wohnten dort Tür an Tür.

      In ihrer Villa saßen Helmuth Pfortsheimer und seine Frau Verena beim Brunch. Es war am späten Sonntagvormittag. Die beiden nahmen gewöhnlich ihren Brunch um diese Tageszeit ein, man konnte es sich ja leisten. Genauso wie das Glas Champagner, das natürlich dazu gehörte. Von der windgeschützten Terrasse mit der schattenspendenden Markise hatten sie einen herrlichen Blick auf ihren wunderschönen Garten. Am Ende der Terrasse führten drei Stufen auf einen gepflasterten Weg. Rechts und links davon hatte der Gärtner, der zweimal wöchentlich kam, bunte Blumenrabatten angelegt. Im hinteren Teil des Gartens, hinter einer sorgfältig geschnittenen Buchshecke, befand sich der standesgemäße Swimmingpool nebst Liegewiese und Gartenpavillon. Das große Grundstück war außerdem von einer Zweimeter hohen Thujen-Hecke umgeben, so dass die Bewohner vor neugierigen Blicken geschützt waren.

      Pfortsheimer, ein untersetzter Mittfünfziger mit leichtem Bauchansatz und beginnender Glatze, war hauptberuflich Politiker und teilte sich seine Zeit ein, wie es ihm gefiel. Dank seiner Stellung und der Protektion seines Schwiegervaters war es ihm ein Leichtes, nützliche Bekanntschaften und einträgliche Kontakte aufzubauen und zu pflegen. Deshalb liebte er seinen Beruf. Weniger der Politik wegen, eher des Einflusses wegen, den er auch durch die Mitarbeit in verschiedenen Ausschüssen erlangte. Der Gedanke an die Möglichkeiten, die sich ihm boten, jagte ihm stets einen wohligen Schauer über den Rücken. Die Aussicht Macht, Einfluss und Reichtum zu vermehren war für ihn erregender als eine nackte Schönheit in seinem Bett.

      Man verkehrte mit seinesgleichen im elitären Golfclub, traf sich im Jachtclub, begegnete sich bei Vernissagen, auf Charity-Partys oder bei Benefiz-Konzerten. Bei diesen Treffen ging es freilich nicht nur um Wohltätigkeit und Freizeitgestaltung. Dort lernte man die wichtigen Leute kennen, knüpfte neue Verbindungen und erhoffte sich, natürlich so ganz nebenbei und auf Gegenseitigkeit, Begünstigungen und Bevorzugungen geschäftlicher oder gesellschaftlicher Art.

      Pfortzheimer hatte die Möglichkeiten und den Einfluss die Anliegen seiner neuen Freunde zu verwirklichen, und er nutzte jede Gelegenheit. Ganz nach dem Motto: ›Wer kann, der kann.‹ Als Gegenleistung dafür flossen reichlich Spendengelder, die man durch geschickte Buchungen auf geheime Konten umleitete. Auch mit ›kleinen Aufmerksamkeiten‹, wie Urlaubsreisen, prozentualen Beteiligungen oder mittelgroßen Aktienpaketen drückte man seine Dankbarkeit aus. Es war für alle Seiten ein einträgliches Geben und Nehmen, leben und leben lassen. So war sein monatliches Einkommen durch die ›außerordentlichen Zuwendungen‹ mit der Zeit enorm gestiegen.

      Unter diesen Voraussetzungen ließ sich das Leben auf angenehmste Weise genießen.

      Gut gelaunt bestrich der Hausherr sein Croissant dick mit Butter und Marmelade. Seine Frau Verena saß ihm mit einem grimmigen Gesichtsausdruck gegenüber.

      »Was ist los?«, fragte der Hausherr.

      »Wie kannst du nur so gelassen sein!«, warf sie ihm verärgert vor.

      Verena war mit Ende Vierzig noch eine sehr schöne Frau. Sie ging dreimal die Woche zu ihrer Kosmetikerin und ins Fitnessstudio, um sich ihr makelloses Aussehen und die schlanke, straffe Figur möglichst lange zu erhalten. Da sie aus reichem Hause kam hatte sie es noch nie nötig gehabt zu arbeiten.

      »Ich habe genau gehört, wie du mit diesem Kerl gestritten hast. Er hat gesagt, er hätte dich wegen irgendwelcher Unterlagen in der Hand und kann uns ruinieren«, sagte sie gereizt, »was hat er damit gemeint, was sind das für Unterlagen?«

      »Sei unbesorgt«, erwiderte ihr Mann ruhig und lächelte siegessicher, »ich habe bereits Schritte in die Wege geleitet. Glaub mir, der Fall hat sich bald erledigt. Uns wird gar nichts passieren, ich hab mich nämlich abgesichert. Sollte er tatsächlich versuchen uns hinzuhängen, ist er selbst dran. Das weiß er und das kann er sich nicht leisten.«

      »Ich mag diesen Mann nicht. Er ist mir zu überheblich. Und jetzt bedroht er uns auch noch. Sag mir gefälligst, was das für Unterlagen sind. Womit hat er dich in der Hand? Macht ihr etwa illegale Geschäfte?«

      »Schluss jetzt!«, sein Lächeln erstarb und er wurde ungehalten, »ich hab gesagt, dass ich alles im Griff habe, mehr brauchst du nicht zu wissen und damit basta.«

      Sie sah ihn gekränkt an. Nach einer Weile lenkte er ein und sagte lächelnd zu ihr: »Komm schon, mach nicht so ein Gesicht«, er wusste genau, wie er sie von ernsten Themen ablenken konnte, »fahr lieber in die Stadt, kauf dir ein schönes Kleid und freu dich auf die Party heute Abend.«

      4

      Am Montagmorgen strahlte die Sonne bereits am Himmel, als Hauptkommissar Korbinian Kronfeld in die Dienststelle fuhr. Der übliche Stau, den der morgendliche Berufsverkehr täglich mit sich brachte, konnte ihn heute nicht im Mindesten aufregen. Erst gestern war der sportliche Endvierziger von einem wohlverdienten Urlaub in die Stadt zurückgekommen. Er verbrachte seine freien Tage stets in den nahegelegenen Bergen. Ein Bekannter besaß dort eine kleine Hütte, die er dem Freund zur Verfügung stellte. Dort streifte Kronfeld den ganzen Tag in freier Natur umher und ging seinem Hobby, der Fotografie, nach. Er liebte die Einsamkeit in den Bergen. Er liebte aber auch den gemütlichen Dorfgasthof mit seinem schattigen Biergarten. Dort pflegte er abends einzukehren. Die einheimischen Stammgäste des Gasthofs zählten schon seit langem zu seinen Freunden und er saß oft mit ihnen bis in die Nacht hinein am Stammtisch.

      Gut gelaunt vor sich hin pfeifend und voller Tatendrang ging Kronfeld durch die breite Eingangstür des Polizeipräsidiums. Im Flur begegnete er seinem Freund und Kollegen Werner Deininger vom Einbruchsdezernat.

      »Na, alter Bergfex, wieder zurückgefunden ins Tal?«, begrüßte ihn dieser.

      »Hallo Störtebeker«, erwiderte Kronfeld lachend. Deininger war begeisterter Segler und wurde von allen nur Störtebeker genannt. »Ich find immer zurück in die Stadt, das weißt du doch, aber irgendwann kauf ich mir selbst eine Hütte und bleib oben am Berg, darauf geb´ ich dir mein Wort. Wie sieht´s aus? Heute Abend Stammtisch im Biergarten?«

      »Sowieso«, sagte Deininger, winkte und ging davon.

      Auch wenn sie ihre Freizeit mit gegensätzlichen sportlichen Aktivitäten verbrachten, war der Besuch des Biergartens eine Leidenschaft, die sie gern gemeinsam genossen.

      Als Kronfeld seine abgewetzte Aktentasche auf den Schreibtisch in seinem Büro legte, fiel sein Blick auf einen handgeschriebenen Zettel, darauf stand ›Erwarte Sie sofort bei mir, Lackner‹.

      Kriminalrat Lackner war Kronfelds Vorgesetzter. ›Naja, das Verbrechen macht halt keinen Urlaub‹, dachte Kronfeld. Er verzichtete auf seinen obligatorischen Dienstantrittskaffee und machte sich auf dem Weg zum Chef.

      »Guten Morgen, gut dass Sie zurück sind Kronfeld, ich habe gleich einen neuen Fall für Sie«, begrüßte der Chef den Kommissar. »Wie war übrigens der Urlaub?«, fragte Lackner noch der Höflichkeit halber.

      Da Kronfeld wusste, dass der Chef sicher keine Einzelheiten hören wollte, sagte er nur knapp: »Schön, friedlich und zu kurz.«

      »Na dann kann´s ja wieder mit voller Kraft losgehen. Der Fall ereignete sich vorletzte Nacht am Wiedsee. Die Jacht von Dieter Haingruber, dem Tabakgroßhändler, ist in die Luft gejagt worden. Auf den ersten Blick sieht es nach Versicherungsbetrug aus. Allerdings könnten wir es auch mit Mord zu tun haben. Laut Aussage der Ehefrau hat Haingruber am Samstagmorgen das Haus verlassen und ist seither nicht mehr aufgetaucht. Andererseits haben wir noch keine Leiche gefunden«, erzählte Lackner, »die Berichte der Aussagen von den Leuten am Campingplatz und von einer ersten Befragung im Jachtclub habe ich hier.« Er überreichte Kronfeld die Handakte. »Die ersten Ermittlungsergebnisse von der KTU sind auch schon dabei.«

      »Der Haingruber?«, fragte Korbinian Kronfeld. Er nahm die Akte in Empfang und schaute seinen Chef erstaunt an, »Multimillionär und Großkotz?«

      Lackner schaute ihn mit einem leichten Lächeln von der Seite an. Als Chef der Kriminalpolizei genoss er ein hohes Ansehen und