Petra S. Korn

Champagner zum Brunch


Скачать книгу

in die Luft gejagt worden und womöglich war er zu dem Zeitpunkt an Bord. Es könnte etwas Schreckliches geschehen sein. Sind Sie sich darüber im Klaren?«

      Als sie sich abwandte, sprach der Kommissar weiter: »Sie haben gestern ausgesagt, dass Sie Ihren Mann am Samstag zum letzten Mal gesehen haben. Sind Sie ganz sicher, dass er auf das Boot wollte? Vielleicht hatte er ja noch wo anders eine Verabredung?«

      »Aber ja…, ich meine nein…, also Sie bringen mich ganz durcheinander. Ich nahm jedenfalls an, dass er auf sein Boot gegangen war. Er ist ja fast jedes Wochenende dort. Das hab ich doch gestern schon ihren Kollegen gesagt. Wann immer er Zeit hat, zieht sich mein Mann auf seine Jacht zurück um Ruhe zu finden. Er hat so viele geschäftliche Termine, da braucht er das um Stress abzubauen und neue Kraft zu tanken, sagt er immer.«

      Sie stand auf, ging zum Fenster und meinte nachdenklich: »Aber vielleicht hatte er doch noch einen anderen Termin und hat nur vergessen, es mir zu sagen.«

      »Gehen Sie denn niemals mit auf die Jacht?« wunderte sich Kronfeld.

      »Nein verdammt nochmal. Hören Sie nicht zu? Er will dort allein sein und seine Ruhe haben. Ich brauch jetzt erst mal frische Luft«, sagte sie verärgert, drehte sich um und ging hinaus auf die Terrasse.

      »Frau Neumann«, wandte sich Kronfeld an die Haushälterin, »haben Sie letzte Nacht irgendetwas mitgekriegt?«

      »Nein, ich wohne ja nicht hier.«

      »Aha, und wann sind Sie heute früh ins Haus gekommen?«

      »Wie jeden Tag um sieben Uhr.«

      »Jeden Tag?«, fragte Kronfeld erstaunt.

      »Ja. Sehen Sie Herr Kommissar, ich lebe allein und ich bin froh, dass ich diesen Job habe. Da macht mir eine Sieben-Tage-Woche nichts aus. Ich gehe ja auch schon am frühen Nachmittag wieder nach Hause. Abends brauchen mich die Herrschaften nicht.«

      »Und worin genau besteht Ihre Tätigkeit?«

      »Zuerst bereite ich den Herrschaften das Frühstück, anschließend räume ich auf und koche das Mittagessen. Ich selbst darf auch hier essen. Und wenn ich in der Küche mit dem Abspülen fertig bin, gehe ich heim. Da ist es meistens so gegen zwei Uhr nachmittags.«

      »Stehen die Herrschaften am Wochenende auch immer so früh auf?«

      »Herr Haingruber schon, er geht zwar am Wochenende nicht in die Firma, aber zu Hause bleibt er auch selten. Frau Haingruber schläft normalerweise länger. Aber heute war sie schon auf, als ich kam. Das hat mich eigentlich ziemlich gewundert.«

      »Und warum sie heute früher dran war, hat sie nicht gesagt?«

      »Nein, sie kam mir gleich ganz aufgelöst entgegen, als ich hereinkam und hat mir von dem Einbruch erzählt. Kurz darauf waren auch schon Ihre Leute da.«

      »Wie lange arbeiten Sie schon bei den Haingrubers?«, wollte der Kommissar noch wissen.

      »Oh, das sind mittlerweile acht Jahre«, sagte sie und lächelte ihn an.

      »Dann kennen Sie die beiden doch einigermaßen. Wie war denn die Ehe so?«

      »Ach, ich weiß nicht. Die große Liebe war es sicher nicht«, nachdenklich schaute sie zur Terrassentür, »oder vielleicht nicht mehr. Gelegentlich haben sie auch gestritten. Ansonsten gingen sie ziemlich förmlich miteinander um. Aber vielleicht ist das nach so vielen Ehejahren normal?«

      »Das habe ich bisher noch nicht herausgefunden«, seufzte der Kommissar.

      »Korbinian, kommst du bitte mal kurz.« Ralf Krüger stand in der Tür und deutete mit einer Kopfbewegung Richtung Arbeitszimmer. Kronfeld folgte ihm dorthin.

      »Schau mal«, fing Krüger an, »hier am Fenster haben wir Einbruchspuren. Es gibt zwar eine Alarmanlage, die hat aber nicht funktioniert. Warum nicht, müssen wir noch rausfinden. Der Safe ist aufgebrochen worden. Altes Modell, dürfte für einen Fachmann nicht schwer gewesen sein. Wenn du mich fragst, hat der Täter Unterlagen gesucht und wahrscheinlich auch gefunden. In den anderen Zimmern deutet nichts auf einen Diebstahl hin.«

      »Danke Ralf. Dann schicke ich euch gleich die Dame des Hauses, vielleicht kann sie feststellen, was gestohlen wurde. Ich fahr jetzt erst mal zum Tatort an den See. Wenn ich nicht im Büro bin, leg mir den Bericht bitte auf meinen Schreibtisch.«

      Frau Haingruber stand noch auf der Terrasse und rauchte hektisch eine Zigarette, als der Kommissar ins Wohnzimmer zurück kam. Er blieb stehen und schaute sie durch die Glastür an. ›Für ihr Alter sieht die Dame noch sehr gut aus,‹ dachte er bei sich ›blond, sportliche Figur, allerdings reichlich nervös, was aber auch verständlich ist‹.

      Dann trat er zu ihr auf die Terrasse.

      »Frau Haingruber, würden Sie bitte ins Arbeitszimmer gehen und soweit es Ihnen möglich ist überprüfen, was gestohlen wurde?«

      »Ich weiß doch nicht, was mein Mann im Safe hatte. Wie soll ich da wissen, was fehlt«, sagte sie aufbrausend und kehrte ihm den Rücken zu.

      Er griff in seine Jackentasche und überreichte der Frau seine Visitenkarte.

      »Noch wissen wir nicht, was mit Ihrem Mann ist. Vielleicht geht es ihm ja gut. Hier ist meine Telefonnummer. Bitte rufen Sie mich an, wenn sich Ihr Mann meldet oder nach Hause kommt.«

      Sie drehte sich zu ihm und schaute ihn traurig, mit Tränen in den Augen an.

      »Hoffentlich ist er bald wieder da«, fügte sie noch etwas kleinlaut hinzu.

      6

      Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Kommissar Kronfeld sein Ziel erreichte. Die etwa 30 Kilometer auf der Autobahn, die von der Stadt hier heraus führte, hatte er schnell hinter sich gebracht. Nun fuhr er am Südufer des Sees entlang bis nach Seehausen.

      Den Weg kannte er gut. Der See war für ihn wie für die meisten Städter ein beliebtes Ausflugsziel, nicht nur im Sommer zum Baden. Da waren große und kleine Gruppen Spaziergänger am Seeufer unterwegs, ältere und jüngere sportbegeisterte Leute trafen sich dort regelmäßig zum Beach-Volleyballspielen, zum Radeln und natürlich auch zum Nordic-Walking.

      Die Gemeinde Seehausen, die von den Einheimischen immer noch als ›Dorf‹ bezeichnet wurde, verdankte dem imposanten Jachthotel mit Segelschule nahezu jedes Jahr eine hervorragende Sommersaison. Außerdem gab es noch zwei Viersternehotels mit Wellness- und Fitnessangeboten und eine Schönheitsklinik, die ganzjährig zahlungskräftige Gäste anzogen.

      Der Jachtclub, unweit des Jachthafens, war seinen elitären Mitgliedern vorbehalten.

      Das Gasthaus ›Zur Seerose‹ lag etwas abseits, aber in Sichtweite des Jachthafens, direkt an der Uferpromenade. Kronfeld war dort schon oft eingekehrt. Das Lokal war im ganzen Landkreis bekannt für seine gute Küche und natürlich für den herrlichen Kastanien-Biergarten. ›Da kann ich ja das Nützliche gleich mit dem Angenehmen verbinden‹, freute er sich. Zuerst wollte er allerdings den Tatort aufsuchen.

      Er parkte sein Auto auf dem großen, öffentlichen Parkplatz, der an diesem Montagvormittag noch fast leer war, und ging zum Jachthafen. Dort wartete am Steg schon das Boot der Wasserschutzpolizei auf ihn. Kronfeld hatte von unterwegs angerufen und sein Kommen angekündigt.

      Polizeiobermeister Rudi Schillinger, einer der Polizisten die in der Unglücksnacht vor Ort waren, lief ihm schon entgegen.

      »Kommen Sie schnell«, sagte er aufgeregt, »ich glaube, die Kollegen haben eine Leiche gefunden.«

      Die beiden kletterten an Bord des Polizeibootes und Kronfeld bemerkte: »Nur keine Hektik, wenn er schon tot ist, läuft er uns ja nicht mehr davon. Ist die Rechtsmedizin schon da?«

      »Nein, oder vielleicht, ich weiß nicht. Sie haben die Leiche ja gerade erst gefunden«, murrte Schillinger beleidigt und startete das Boot. Verwundert schaute Kronfeld den Kollegen an und fragte:

      »Warum sind Sie denn so schlecht drauf?