Sylvia M. Dölger

Zum Teufel mit Barbie!


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manga_girl: schule nervt wie immer, ansonsten alles cool, du hörst pink? was sonst noch?

       jimmy: naja, alles was cool ist, muse, paramore, linkin park und claire de lune von debussy find ich toll

       manga_girl: echt? magst du etwa twilight? ist ja crazy ^^

       jimmy: ja klar, cooler film

       manga_girl: das gibts doch net, du bist der erste typ, der darauf steht.

       jimmy: die musik ist aber auch toll und der film war stark, so nah am buch

       manga_girl: hast du ihn gesehen?

       jimmy: ja, klar, habe auch die bücher gelesen, alle vier

       manga_girl: liest du viel? ich habe nur die ersten beiden bücher gelesen, band drei ist aber als nächstes dran *ehrlich bin*

       jimmy: nee, eigentlich nur ab und zu und für die schule, kafka halt immer noch

       manga_girl: das habe ich auch angefangen, gab´s in der schulbücherei, ganz schön krass, hast du noch eine empfehlung?

       jimmy: schön dass es dir gefällt. btw ich habe eine idee. wir hören beide pink. geichzeitig. jetzt. du suchst das lied aus, okay?

       manga_girl: cool, bad influence ist mein lieblingssong

       jimmy: okay mom … läuft, schlaf schön.

       manga_girl: cu

       jimmy: hf

      War der Typ etwa romantisch? Solche Jungs mochte sie eigentlich nicht. Trotzdem fand sie Jimmy nett. Sue zündete sich am offenen Fenster bei ›bad influence‹ eine Kippe an. Bella saß im Terrarium in einer Ecke auf ihrem schimmernden Gespinst. Die Vogelspinne bewegte sich nicht, sah aus, als würde sie schlafen. Dabei war sie hungrig. Sue nahm die Schachtel mit den Heimchen und versuchte eins mit der Pinzette zu greifen. In der Schachtel summte und sirrte es. Die Viecher entwischten ihr immer wieder. Jetzt hatte sie eins am Bein gepackt, hob die Scheibe an und setzte das zappelnde Tier hinein. Bella wartete darauf. Noch hüpfte das Heimchen im Glaskasten herum, aber die Spinne würde es bis zum bitteren Ende jagen.

      6 »Ich glaube dir kein Wort!«

      Sue war auf dem Weg zu Fritz, die Taschen voller Lebensmittel für ihn. Gestern hatte sie nur seine Kumpels angetroffen. Heute freute sie sich besonders auf das Treffen. Auf Fritz` Meinung über ihren neuen Freund Jimmy war sie gespannt. Doch als sie den Rohbau erreichte, fand sie eine abgeschlossene Tür vor. Wo kam die plötzlich her? Sie spähte durch die Fensteröffnung. Niemand zu sehen. Die Obdachlosen waren alle weg, die Decken verschwunden. Sie schluckte, suchte das Grundstück ab. Tränen schossen in ihre Augen. Er würde frieren! Und Goethe auch. Es wurde doch Winter. Und sie hatte einen tollen Schal für ihn gekauft. Sie durfte jetzt nicht daran denken, woher das Geld stammte.

      Sue ballte fluchend und schimpfend ihre Hände zu Fäusten. Das Leben war ungerecht und nervte. Traurig zerknautschte sie die Tütensuppen in ihrer Jackentasche. Würde sie Fritz und Goethe je wiedersehen? Würden die beiden den Winter überleben? Wo zum Teufel waren sie? Sue stampfte mit dem Fuß auf, warf ihre Kippe auf den Boden und trat sie aus. Sie wollte schreien, aber kein Wort kam über ihre zitternden Lippen. Sie zog den Helm über und fuhr tränenblind los. Wie von selbst fand sie den Weg – zu Vanessa. Sie klingelte zögerlich. Die Mutter öffnete sofort.

      »Sue. Schön dich zu sehen. Wie geht es dir?« Frau Klein lächelte.

      »Gut. Ist Vanessa da?«

      »Nein. Leider nicht. Sie ist mit Benni unterwegs. Kann ich ihr etwas ausrichten?«

      »Nein.«

      Sie verabschiedete sich. Niemand hatte Zeit. Sue ließ die Schultern hängen und trat auf dem Weg vor dem Haus Steine vor sich her. Da sie ohnehin schon spät dran war, fuhr sie nach Hause.

      Statt einer herzlichen Begrüßung wartete hier die nächste Überraschung an diesem beschissenen Tag auf sie.

      »Gut, dass du kommst! Wo hast du denn den neuen Schal her?« Die Augen ihrer Mutter blitzten, ihr Gesicht wirkte blass. Sie zog an dem bunten Schal, den Sue um den Hals trug. Sie sah ihre Mutter überrascht an. Bis auf die üblichen Diskussionen kamen sie gut miteinander aus. Doch nun war die Mutter wütend. Sehr wütend. Das hörte Sue am Tonfall. Und zu essen gab es wohl auch nichts.

      »Hallo, Mom.« Sue versuchte ein zaghaftes Lächeln.

      »Komm mir nicht so. Wir zwei haben ein Wörtchen miteinander zu reden!«

      »Warum? Was ist denn los?«

      »Das wirst du schon noch sehen! Komm rein und erklär mir, wo du den Schal herhast. Den habe ich noch nie gesehen. Dieses Braun und Grün – furchtbar schaut der aus!« Ihre Mutter atmete heftig. Widerworte würde sie jetzt nicht dulden.

      »Klaust du wieder? Und lüg mich jetzt nicht an!«

      »Wie kommst du denn darauf?« Sue täuschte Entrüstung vor. »Traust du mir so etwas zu?«

      »Gib mir deine Jacke!« Wie eine Marionette gehorchte sie.

      Ihre Mutter zog zwei Tütensuppen aus der Tasche. »Was ist das? Warum schleppst du die mit dir rum?«

      Sue zitterte. »Die … die sind fürs Abendessen … da hatte ich Lust drauf.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihre Mutter an.

      »Was? Lüg mich nicht an, habe ich gesagt.« War es möglich, dass das Gesicht ihrer Mutter noch roter wurde? Sie folgte ihr mit weichen Knien in die Küche. Was wusste Mom? »Du hast doch noch nie Essen für uns mitgebracht und dann solches Fertigzeugs? Für wen ist das wirklich?« Sue setzte sich an den Tisch und blickte auf den Boden, während sie redete.

      »Na, gut. Für einen Typen aus meiner Klasse.« Sue ahnte nichts Gutes. So hatte sie Mom noch nie erlebt. Nicht einmal als sie damals von dem bescheuerten Privatdetektiv beim Klauen erwischt worden war.

      »Was? Ich glaube dir kein Wort. Und der Schal? Ich weiß immer noch nicht, wo der herkommt!« Die Mutter wurde immer lauter, ihr Zopf hatte sich beinahe ganz aufgelöst. »Okay, ich muss mich beruhigen.« Sie atmete tief ein und aus, bevor sie leise fortfuhr: »Warum stiehlst du unser Geld? Hast du nicht alles, was du dir wünschst?«

      »Was?« Sue sprang auf.

      »Tu nicht so. Ich weiß es genau. Paps hat´s bestätigt. Hier«, sie langte an eine Schublade, »lagen zwanzig Euro für die Dame von der Tupperware bereit. Und heute Morgen waren sie verschwunden. Das war auch nicht das erste Mal. Ich habe schon öfters das Gefühl gehabt, dass noch mehr Geld in der Börse sein müsste. Was hast du dazu zu sagen, Fräulein?«

      Sue blieb die Spucke im Hals stecken.

      »Nichts. Das war ich nicht. Wahrscheinlich hast du das Geld selbst verschlampt!«

      Zack! Die Hand ihrer Mutter traf. Die zog sie so schnell zurück, als hätte sie sich verbrannt. Sue hielt sich die schmerzende Wange, starrte ihre Mutter mit offenem Mund und aufgerissenen Augen an.

      »So was traust du mir also zu!« Sie stieß ihre Mutter weg, ließ sie spüren, wie hart sie von diesen Unterstellungen und der Ohrfeige getroffen wurde. »Du bist ja eine tolle Mom!«

      »Na, dann denk mal drüber nach. Du hast Hausarrest, bis dir die Wahrheit einfällt«, hörte sie die Mutter schreien, als sie die Treppe hinauf stolperte.

      Sue schmiss die Tür hinter sich zu. Es fühlte sich an, als würde sie auf ein großes Tief zusteuern und es nicht mehr aufhalten können. Sie hatte das Ruder verloren. Alles lief schief. Alle hatten sich gegen sie verschworen. Sie hatte die Kohle doch nur geliehen. Fritz fror, und ihre Eltern hatten genug. Was sollte sie nur tun?

      Die Wange brannte.