Harald W. Fiori

Erziehung, was ist das eigentlich? Wer schreit hat Recht?


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doch zu lieb, der Kleine! Fast wie ein kleiner Hund, nur dass er nicht mit dem Schwanz wedelt. Aber der treue Hundeblick ist schon da. Das ist doch so richtig was fürs Herz der liebenden Mama!

      Klar, den Hundeblick macht Papa manchmal auch. Zum Beispiel, wenn er hungrig ist oder etwas anderes möchte als Mama.

      Aber eine wirklich gute Mama erzieht doch ihren lieben kleinen Sohn etwa so, wie man sich auch vorstellen könnte, einen kleinen Hund zu erziehen.

      Hauptsache ist doch, dass der Kleine wirklich lieb ist und alles tut, was der Mama gefällt. Mama hat dann immer was zum Kuscheln oder Schmusen. Immerhin ist der Mann sehr oft ja nicht da, wenn er einem Beruf nachgeht oder einer Berufung, zum Beispiel auf den Fußballplatz.

      Da fällt dem gebildeten Mann doch gleich Ödipus ein. In der griechischen Mythologie erschlägt Ödipus seinen Vater und heiratet seine eigene Mutter, was letztlich zum Untergang der beiden führt.

      An so etwas denkt natürlich keine liebende Mama. Sie genießt doch nur die hingebungsvolle Liebe ihres Sprösslings.

      Natürlich wird diese Treue auch belohnt, sehr oft belohnt.

      Die Folge solcher Belohnungen liegt auf der Hand und fällt sofort ins Auge eines unvoreingenommenen Betrachters. Denn sehr häufig sind nicht nur die kleinen Händchen des kleinen Lieblings ausgesprochen gut gepolstert, was eben auf der Hand liegt. Manchmal entdeckt man diese Polsterung am ganzen Körper des kleinen geliebten Fettsacks.

      Denn das ist Erziehung pur: Für jedes erwünschte Verhalten, für jedes erwünschte Lieb sein gibt es von Mama ausnahmsweise etwas Süßes zur Belohnung. Das ist auch Ersatz für mangelnde Zeit, wenn man ausnahmsweise als Mutter mal etwas anderes machen muss, als mit dem Kind zu schmusen!

      Das ist doch richtige Erziehung, oder?

      Erinnert stark an so unheimlich überfettete Dackel oder andere süße fettgepolsterte kleine Möpse.

      Da möchte doch manchmal jemand der lieben Mama zurufen: „Schaff dir lieber einen Hund an, ehe du dein Kind zum treu blickenden Hündchen dressierst! So ein Vierbeiner ist wenigstens geschützt durch Tierschutzparagrafen!“

      Was man mit Erziehung so alles machen kann?

      Aber was, zum Teufel, ist das eigentlich „Erziehung“?

      Wer den Himmel auf Erden sucht, hat im Erdkundeunterricht geschlafen.

      Nicht auf allen Kontinenten und auch nicht auf allen Meeren findet man den Himmel!

      Er ist nur in einem selbst verborgen!

      Ob Tier, ob Pflanze oder Mensch, zu finden ist Glück nur immer im Augenblick!

      Kapitel 3

      Hoheitsbereiche

      Das wird er sich ganz bestimmt noch abgewöhnen, wenn wir erst einmal verheiratet sind!

      Hallo!!?? Hat da jemand etwas nicht so richtig verstanden? Wieso soll jemand sich etwas abgewöhnen? Was genau soll er sich abgewöhnen?

      Also, dass er regelmäßig einmal in der Woche sich mit Freunden in seiner Stammkneipe trifft, ist vielleicht eine üble Gewohnheit. Unangenehm ist vielleicht auch, dass er jeden Sonntag zum Fußballplatz pilgert, um dort seinen ganzen Wochenfrust aus dem Leib zu brüllen und damit seine Mannschaft anzufeuern.

      Schließlich fehlt der Mann dann zu Hause! Klar, auch der Wunsch ständig in der Weltgeschichte herumzureisen, dürfte nicht immer ganz problemlos sein.

      Also sollte er sich solche Gewohnheit ganz einfach abgewöhnen, und zwar ganz rasch, wenn der Familiensegen in der neu gegründeten Familie nicht gleich zu Beginn schief hängen soll.

      Die Frage ist natürlich, ob er auch erwartet, dass sie sich etwas abgewöhnt.

      Klar sollte sie auf jeden Fall möglichst fast immer oder wenigstens meistens zu Hause sein, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt.

      Sie sollte sich auch abgewöhnen, regelmäßig allein oder mit Freundin Schoppen zu gehen. Andere schlechte Gewohnheiten sind auch, ständig zu telefonieren und somit das Telefon zu blockieren, oder regelmäßig in eine Disco oder einen anderen Tanzschuppen zu rennen, wenn er ein ausgesprochener Tanzmuffel ist.

      Ganz klar, dass also jeder Ehepartner Forderungen hat, was man(n)/frau sich eben abzugewöhnen hat.

      Aber Leute! Das geht garantiert schief!! Denn er wird sich niemals lang gepflegte Gewohnheiten abgewöhnen. Gut, man soll nie „nie“ sagen, also wird er sich wohl kaum solche Gewohnheiten abgewöhnen.

      Denn er will geliebt werden, so wie er nun mal ist, mit allen seinen Stärken, Schwächen und verdammt noch mal auch seinen angenehmen und sogar unangenehmen Gewohnheiten.

      Sie übrigens auch. Deshalb führen solche kategorischen Forderungen zu nichts, außer zu Ärger und zu Streit! Manche Gewohnheiten wird er, wird sie sich ganz sicher niemals abgewöhnen!

      Also besser gar nicht erst mit solchen Forderungen in eine Ehe oder Zweisamkeit gehen!

      Tun ja viele Frauen auch überhaupt nicht. Der Mann spornt gerne mit grölender Stimme seine Lieblingsfußballmannschaft an. Kein Problem, latscht sie mit zum Platz und grölt und pfeift mit.

      Doch damit ist noch immer nicht der Mann in seinem Freiraum. Also gründet er ganz einfach für sich und seine Kollegen einen wöchentlichen Herrenstammtisch. Da kann sie ja nun wirklich nicht mit, passt das Geschlecht nicht!

      Hängt deshalb der Haussegen schief, macht nichts, er gönnt ihr doch auch alles, selbst das Schoppen!

      Er geht auch nicht mit zur Canasta Runde, die Frau so gerne um sich hat, schließlich ist Mann Gönner!

      Jeder Mensch braucht auch bei der stärksten Liebe immer einen kleinen ganz individuellen Freiraum, manchmal auch einen ganz persönlichen Hoheitsbereich, den nur er ganz allein beherrschen darf.

      Kennen wir doch noch vom Sandkasten her. Förmchen liegt im Sand, wird nicht gebraucht, ist aber mein! Ich derweil auf der Rutsche. Da, fremdes Kind nimmt mein ganz persönliches Förmchen! Klar, mein ganz persönliches Hoheitsgebiet mit meinem ganz persönlichen Förmchen wird grob verletzt. Was tun?

      Erst einmal schreien, macht sich immer gut! Bisschen weinen kann auch nicht schaden, hin stolpern, Schüppchen handgreiflich verteidigen ist dann die letzte Ultima Ratio! Dummes Geschwätz von Mama, ich solle mich nicht so anstellen, hätte doch sowieso nicht damit gespielt!

      Mein ist mein und darf niemals! Wirklich niemals angerührt werden! Das ist eine eklatante Verletzung meiner ganz persönlichen Hoheitsansprüche! Mein ist mein!

      Wo kämen Mann / Frau denn hin, wenn es nur wegen einer Eheschließung solche hoheitlichen Ansprüche plötzlich nicht mehr gäbe.

      Also wird auch in der gemeinsamen Wohnung ein Eckchen, ein kleiner Raum, eine Mansarde oder gar ein Gemeinschaftsraum gesucht, der ausschließlich von nur einer Person beherrscht werden darf. Ein absolutes Hoheitsgebiet.

      Bei uns zu Hause sind die Hoheitsgebiete ganz traditionell geregelt. Meine Frau beherrscht die Küche.

      Nicht dass ich nicht kochen könnte oder wollte. Aber die Küche ist nun mal unbestritten das Hoheitsgebiet meiner Frau und wird mit lauten Worten, auch mal mit körperlicher Gewalt gegen unbefugtes Eindringen vehement verteidigt.

      Als ordnungsliebender Mensch und Freundlichkeit in Person will ich Abfall in die Küche bringen in den nur dort befindlichen Abfalleimer. Zur gleichen Zeit waltet meine Herzliebste ihres Amtes und bereitet mit genialer Unordnung unter Verteilung verschiedener Töpfe, Messer, undefinierbarer Besteckteile, Gemüse, Gemüsereste, Fleisch auf Brettern eine Mahlzeit vor.

      Wild mit einem langen, äußerst scharfen Messer in Richtung des Eindringlings stoßend, höre ich die unheilschwangere Stimme meiner über alles geliebten, sanften Ehehälfte grollend ausrufen: „Was willst du denn hier? Mach, dass du rauskommst! Du hast hier nichts verloren! Das ist mein Reich! Ewig spionierst du hinter mir her!“

      Mein untertänigstes Gestammel von der Sauberkeit dienenden Hilfestellung bei der Haushaltsarbeit