Erich Puedo

Vier Tage


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so lässig zu sein wie früher.«

       »Ich finde dich lässig.«

      »Noch bin ich vielleicht ein bisschen lässig.«

      Was erzähle ich denn da eigentlich. Gerade war noch alles lustig und jetzt wird das Thema auf einmal ernst. War sie das? War ich das? Und wieso muss ich mich schon wieder als der depressive Depp darstellen?

       » Du hast Torschlusspanik.«

      Was? Ja, vielleicht ein bisschen. Aber das ganze Thema nur, weil sie ihre Shorts ein Stück nach oben geschoben hat, ein bisschen Haut gezeigt hat und ich lustig sein wollte. Mach’ nie Witze über das Alter der Frauen. Und schon gar nicht über schrumpelnde Frauenhaut.

      »Vielleicht habe ich manchmal ein ganz kleines bisschen Panik.«

       »Du kannst doch noch mit 50 Kinder zeugen.«

      »Aber will ich das?«

       »Aber jetzt anfangen zu heulen, bringt ja auch nichts.«

      Jetzt reicht es aber. Wechsel einfach irgendwie das Thema.

      »Richtig. Ich wollte auch gar nicht heulen. Zumindest noch nicht.«

      Das ist doch kein Themenwechsel, du Depp!

       »Na dann ist ja gut. Ich kann heulende Männer auch nicht ausstehen.«

      »Wie ist es denn bei dir? Zweifest du nie? Solltest du nicht langsam mal seriös werden? Heiraten? Kinder kriegen?«

       «Ich bin seriös. Ich habe seit sieben Jahren einen Freund. Wir wohnen zusammen. Meine Familie mag ihn. Seine Familie vergöttert mich. Er hat einen guten Job. Ich hab’ einen guten Job. Und heiraten werden wir schon irgendwann. Und für’s Kinder kriegen bin ich noch viel zu jung.«

      »Mit 29?«

       »Ich bin doch selber noch ein Kind. Außerdem bin ich noch 28. Fühlst du dich erwachsen?«

      »Weiß nicht, ein bisschen wahrscheinlich.«

       »Und wo stehst du im Leben?«

      »Wie meinst du das?«

       »Na, in welcher Phase des Lebens steckst du gerade?«

      »Hmm. Wahrscheinlich irgendwo zwischen gerade erwachsen geworden sein und verfrühter Mid Life-crisis.«

       »Ein bisschen früh für Mid Life mit 33.«

      »Dann bin ich vielleicht irgendwo zwischen erwachsen werden und verfrühter Sinn-Krise.«

       »Auch nicht schön.«

      »Hört sich auf jeden Fall nicht schön an. Aber so schlimm ist es auch wirklich nicht. Bin gerade eigentlich ganz glücklich.«

      Außer, dass die Stimmung zwischen uns von lustig auf ernst kippt, bin ich sogar ausgesprochen glücklich, mit dir hier zu sitzen.

       »Aber?«

      »Nichts aber. Warum bist du hier in Tarifa?«

       »Ich wollte Kitesurfen lernen?«

      »Kurz vor’m Kinder kriegen?«

       »Wie gesagt, da bin ich noch viel zu jung dafür.«

      »Und warum allein.«

       »Er ist auf Geschäftsreise.«

      »Auf unbestimmte Zeit?«

       »Nein, für drei Wochen. Ich hab’ das nur als Anlass genommen, mal rauszukommen.«

      »Und wie lange bleibst du?«

       »Ich weiß es nicht.«

      »Wie? Du weißt es nicht? Lässt dich dein Chef spontan und unbegrenzt Urlaub machen?«

       »Der liebt mich. Er meinte, ich soll mir die Zeit nehmen, die ich brauche.«

      »Und wofür brauchst du Zeit?«

       »Werden wir da gerade ein bisschen indiskret?«

      »Na wenn dein Leben so seriös und intakt ist. Wofür braucht es dann Zeit? Unbestimmt viel Zeit?«

       »Indiskret?«

      Oh, jetzt Achtung. Versau’ es nicht.

      »Entschuldigung, wollte nur...«

       »Schon gut. Ich... ich wollte mal nachdenken. Ich musste mal raus.«

      Lass’ sie einfach reden.

       »Weg vom Alltag. Weg von der Routine. Weg von einer Zukunft, die so trist vorhersehbar ist. Ich wollte weg von der Gefühllosigkeit. Ich wollte einfach, dass wieder etwas passiert. Irgendetwas. Wieder irgendetwas spüren.«

      Das glaube ich jetzt nicht. Wir sitzen hier nebeneinander in Spanien aus fast genau den gleichen Gründen? Aber das erzähle ich dir ein anderes Mal, hoffe ich.

      »Beim Kitesurfen spürt man auf jeden Fall das Leben.«

       »Ja genau. Das war heute so krass. Es fühlt sich an, als wäre alles, die ganze Welt und das ganze Leben, in bester Ordnung. Nur weil ein riesiger Kiteschirm an meiner Hüfte zieht, fühle ich mich wie neu.«

      »Ich glaube es ist der Adrenalinkick. Der bringt das Kind in einem wieder zum Vorschein. Auf einmal ist das Leben nicht mehr alltagsgrau, sondern gefährlich und bunt.«

       »Oder vielleicht steckt in uns allen auch noch ein Kind, das aber nur noch herauskommt, wenn wir etwas völlig Neues entdecken. Was mit zunehmendem Alter und im Alltag generell ja nicht mehr so oft vorkommt.«

      »Oder so.«

       »Ich finde, allein der Wind ist schon der Wahnsinn. Er bläst einem den Verstand raus«

      »Kleiner Freud’scher Versprecher?«

       » Was? Nein! Notgeiler Bock. So kriegst du nie eine rum mit dem plumpen Gelaber.«

      »Aua.«

       »Versuche nur, zu helfen.«

      »Danke.«

       »Bitte, und viel Erfolg bei den 18-Jährigen.«

      Holger, jetzt einfach mal ein bisschen aufpassen. Du willst sie doch beeindrucken. Also ihr einfach nicht gleich die dunklen Abgründe der Männerwelt auftischen. Keine Witze über schrumpelnde Frauenhaut und keine Anspielungen auf Oralverkehr. Kann doch nicht so schwer sein. Und jetzt einfach wieder das Thema wechseln.

      »Und was sagt dein Freund zu deinem Trip?«

      Nicht gut, Idiot. Erst nachdenken. Jetzt bloß nicht den Eindruck machen, dass du eifersüchtig auf ihren Freund bist.

       »Der weiß noch gar nicht, dass ich weg bin.«

      Oh, vielleicht doch ein gutes Thema.

      »Wie? Ihr wohnt doch zusammen?«

       »Ja, aber er ist noch bis übernächste Woche auf Geschäftsreise.«

      »Telefoniert ihr nicht?«

       »Doch.«

      »Und was sagst du, wo du bist?«

       »Nichts.«

      »Nichts?«

       »Nein. Er hat aber auch noch nicht gefragt.«

      »Er denkt, du wärst zu Hause?«

       »Ja.«

      »Schöne