Michael Schenk

Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes


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      blau gefärbte Rosshaarschweife aus. Jede der Marken der Pferdelords hatte

      ihre eigene Farbe, und die der Hochmark war ein kräftiges Blau.

      Garodem beschattete seine Augen und blickte wieder auf die

      Handelsstraße hinunter. Unten im Süden, dort wo die Straße in die Westmark

      der Pferdelords führte, war Bewegung zu erkennen. Missmutig stellte

      Garodem fest, dass sein Augenlicht ebenso nachließ wie die

      Widerstandsfähigkeit seines Körpers. »Kormund«, brummte er dann, »Eure

      Augen haben mehr Kraft als die meinen.«

      Einer der Reiter, ein stämmiger Mann, der den Wimpel des Beritts führte,

      lenkte sein Pferd neben Garodem. Kormund war Schwertmann und

      Scharführer Garodems, was bedeutete, dass er zu der ständig bewaffneten

      Wache des Pferdefürsten gehörte und berechtigt war, eine Truppe der

      Pferdelords zu führen. Schon oft hatte er diese Fähigkeit bewiesen. Er senkte

      den Kopf ein wenig, sodass der Helm seine Augen beschattete.

      »Eine Handelskarawane, mein Hoher Lord.« Kormund verwendete die

      offizielle Anrede, denn auch wenn Garodem und sein Scharführer gemeinsam

      manchen Schwertstreich und Lanzenstoß Schulter an Schulter und Pferd an

      Pferd ausgeteilt hatten, wahrten die Schwertmänner die Tradition. Nur bei

      seltenen Gelegenheiten fielen die Schranken zwischen ihnen, und sie

      erlaubten sich die direkte Anrede. »Ich erkenne Packpferde und beladene

      Wagen. Holz aus den unteren Marken, Hoher Lord. Dreißig bis vierzig

      Männer, darunter eine Handvoll bewaffneter Begleiter.«

      Garodem nickte.

      Über ihm und seiner kleinen Eskorte war leises Poltern zu hören.

      Automatisch blickte der Pferdefürst über sich und sah einen Mann im grünen

      Umhang am Rand des kleinen Plateaus auftauchen, auf dem sich das äußere

      Signalfeuer des Südpasses befand. Dieses war lediglich auf einem kleinen

      Fundament errichtet worden, da man vom Plateau aus einen guten Überblick

      über die angrenzende Westmark hatte und die fernen Züge des Westgebirges

      erkennen konnte. Von hier war auch ein Stück der alten Handelsstraße

      einzusehen, die kurz vor dem Pass, der an dieser Stelle begann und in die

      Hochmark führte, einen Bogen nach Nordwesten machte, um ins Dünenland

      zu führen, das einst den Pferdelords gehört hatte und nun von Barbaren

      beherrscht wurde.

      »Handelskarawane aus dem Süden«, rief der Posten zu Garodem und

      seinen Begleitern hinunter. »Wird in einem halben Tag den Pass erreichen.«

      »Wir haben sie schon längst gesehen«, rief Kormund hinauf. »Obwohl

      unsere Füße dichter am Boden sind als die deinen, Mortwin. Ihr solltet

      weniger an die Weiber in Eternas denken und stattdessen mehr darauf achten,

      was sich auf der Straße tut.«

      Der Pferdelord oben auf der Plattform stieß einen leisen Fluch aus,

      während Garodem unmerklich lächelte. Die kleinen Reibereien zwischen dem

      Scharführer Kormund und dem ewig nörgelnden Mortwin waren in der

      ganzen Mark bekannt, aber im Kampf gab es kaum ein besseres Paar, als

      diese beiden erfahrenen Pferdelords.

      »Reiten wir zurück, guter Herr Kormund«, befahl Garodem und zog sein

      Pferd herum. »Überlassen wir die Begrüßung der Karawane dem guten Herrn

      Mortwin. Ich will noch vor Ende des nächsten Tages zurück in Eternas sein

      und mir den Holzeinschlag ansehen.«

      Die kleine Gruppe des Pferdefürsten ritt in den Pass zurück. Der Zugang

      wurde hier, an seinem äußeren Ende, durch keine Befestigung geschützt. Es

      gab nur eine kleine Wachmannschaft für das Signalfeuer, doch diese

      Vorsichtsmaßnahme reichte aus, denn der Pass konnte leicht geschützt

      werden. Er war lang und an einigen Stellen sehr schmal, und die Felswände

      ragten hoch empor und waren nicht zu ersteigen. Man konnte ihn nicht

      umgehen. Nur oben im Norden gab es einen weiteren Zugang zur Hochmark,

      von dem aus man direkt in das Tal von Eternas mit seiner Festung gelangte.

      Während Garodem mit der kleinen Schar durch den Pass ritt, hallten die

      Tritte ihrer Pferde hohl von den aufsteigenden Felswänden wider. Hier,

      zwischen den Felsen, staute sich die Hitze des Tages, und Garodem öffnete

      die Schlaufen, die sein Wams verschlossen. Vor ihnen richtete sich ein

      langohriger Wildläufer auf, sah die herantrabenden Reiter einen Moment lang

      erschrocken an und hoppelte dann hastig ein Stück vor ihnen auf dem Weg

      entlang, bis er begriff, dass es wohl sinnvoller war, zur Seite auszuweichen,

      und rasch zwischen einigen Gesteinsbrocken am Wegrand verschwand.

      Erleichtert sah Garodem schließlich den Turm des inneren Signalfeuers

      über der linken Felswand aufragen. Sie hatten das Ende des Passes fast

      erreicht. Nördlich schlossen sich die Seitentäler und dahinter die Ebene von

      Eternas an, wo der kühle Gebirgswind Linderung von der Hitze versprach. An

      dieser Stelle verengte sich der Pass und war kaum noch eine Hundertlänge

      breit. Auch hier waren die Seitenwände unpassierbar, und nur das wissende

      Auge vermochte den schmalen und schwer zu erobernden Pfad zu erkennen,

      der zwischen den aufragenden Felsen hindurch zum Turm hinaufführte.

      Garodem hob grüßend die Hand, als seine Schar unter dem Turm vorbeiritt

      und den Pass verließ. In einem Zehntag würden die Besatzungen der beiden

      Signalfeuer abgelöst werden und ihren eintönigen Dienst unterbrechen, um

      für ein paar Tage in Eternas zu entspannen. Aber der Wachdienst war

      erforderlich, um die Hochmark vor unwillkommenen Besuchern zu schützen.

      Zu gut hatten die Männer und Frauen der Pferdelords die Kämpfe gegen

      die Orks in Erinnerung, die fast zum Untergang der Hochmark geführt hätten,

      und sie alle spürten, dass die Gefahr noch nicht vergangen war und die Orks

      früher oder später zurückkehren würden. Zudem gab es Geächtete, Menschen,

      die von ihresgleichen verstoßen worden waren und ihr Auskommen nun in