Herbert Speer

Zlatorog


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doch schon nach einer kleinen Weile kehrte sie dorthin zurück. Unmittelbar darauf waren sie am Ziel.

       „Alles aussteigen“, forderte sie der Vater auf, nachdem er den Wagen am Straßenrand abgestellt hatte. „Mama und ich erkundigen uns, wo wir die Zelte aufstellen sollen. Ihr könnt euch derweil ein wenig umsehen. Und nehmt Zorro mit!“

      Zorro, der schwarze Chow-Chow, der die Fahrt geduldig im Heck des Wagens miterlebt hatte, war überglücklich, endlich aussteigen zu dürfen. Ausgelassen sprang er zwischen den Kindern hin und her, während diese hinunter zum Wasser gingen. Zwischen Straße und See erstreckte sich eine Liegewiese. Hunderte von Menschen tummelten sich dort. Viele Kinder planschten im Wasser.

       „Wie findet ihr das?“, fragte Sophie.

       „Also ich find’s toll!“

       Michael ließ seinen Blick schweifen.

       „Ich weiß nicht“, bemerkte Kai. „Ziemlich viel los...“

       „Vielleicht finden wir ja eine andere Stelle, an der man baden kann. Eine einsame Bucht zum Beispiel.“

      Michael hob ein Stöckchen auf, das neben einem Baum lag, und warf es für Zorro, der ungestüm losspurtete.

      „Lasst uns da lang gehen“, schlug Sophie vor. „Dort kann man Ruderboote leihen, seht ihr?“

       „Ja, lasst uns mal sehen, was das kostet.“

      Michael ging mit Zorro voran, die anderen folgten ihm.

       Auf einem Klappstuhl hinter einem kleinen Tisch, direkt am Ufer, saß eine alte Frau und blickte freundlich drein. Neben ihr saß ein Mädchen mit kurzen Haaren, das etwas älter sein mochte als die Kinder. Vier Ruderboote waren an einem kleinen Steg vertäut. Die Kinder näherten sich und Sophie wandte sich an die Frau.

       „Dober dan.“

       „Dober dan.“

      Die alte Frau schenkte den Kindern ein Lächeln. Das Mädchen betrachtete sie stumm.

       „Dober... was?“, fragte Michael, der nur Bahnhof verstand.

       „Ich habe nur Guten Tag gesagt“, gab Sophie zurück. „Sprechen Sie deutsch?“

       „Oh ja, ich spreche deutsch. Wollt ihr ein Boot mieten?“

       „Wir möchten gerne wissen, was es kostet.“

       „Eine Stunde kostet 12 Euro. Ihr könnt bis zu einer halben Stunde länger auf dem Wasser bleiben. Wenn ihr noch später zurückkommt, bezahlt ihr eine zweite Stunde.“

       „Wir sind gerade angekommen“, sagte Sophie. „Wir müssen erst unsere Eltern fragen.“

      Zorro hatte sich inzwischen von dem slowenischen Mädchen anlocken lassen.

       „Der hat aber ein weiches Fell!“, sagte sie in einwandfreiem Deutsch.

       „Er ist ein Chow-Chow.“

      Michael kam hinzu und kraulte Zorro hinter den Ohren.

       „Seid ihr zum ersten Mal hier?“

      Das Mädchen sah die drei der Reihe nach an.

       „Gerade angekommen.“

       „Wenn ihr wollt, kann ich euch ein wenig herumführen. Darf ich, Großmutter?“

      Die Frau verabschiedete sie mit einem verständigen Kopfnicken, dann trollten sich die Kinder.

       „Wie heißt ihr eigentlich? Mein Name ist Mira.“

       „Ich bin Michael. Das ist Kai und dies meine Schwester Sophie.“

       „Schwester...? Na, die Ähnlichkeit ist ja nicht gerade verblüffend!“

      Mira glaubte, Michael wolle sie auf die Schippe nehmen.

       „Sie ist natürlich nicht meine leibliche Schwester. Sie...“

       „Ich wurde adoptiert“, fiel ihm Sophie ins Wort.

       „Und woher kommst du?“

       „Geboren wurde ich im Senegal. Das ist ein Land in Westafrika. Nach Deutschland kam ich im Alter von drei Jahren.“

       „Und weißt du irgendetwas über deine richtigen Eltern?“

      Sophie schüttelte den Kopf.

       „Nein, keine Ahnung.“

      Inzwischen waren sie am Badestrand vorbei und schritten auf einem geteerten Weg unter schattigen Bäumen aus. Nach kurzer Strecke tauchte eine hohe Tribüne auf, die sich links vom Weg befand und auf den See hinausblickte.

      „Wozu ist die denn da?“, fragte Kai.

       „Hier finden regelmäßig Ruderregatten statt. Weiter vorne befindet sich der örtliche Verein. Dort gibt es auch eine Badestelle, die nicht ganz so überlaufen ist.“

      Schon nach kurzem erreichten sie einen breiten Steg. Kurzentschlossen rannte Zorro bis zu seinem Ende und sprang ins Wasser.

       „He! Das darfst du nicht!“

      Sophie eilte ihm hinterher, konnte aber nur noch zusehen, wie der Hund einen kleinen Bogen schwamm und dann feststellte, dass er nicht mehr aus dem Wasser herauskam. Sophie lockte ihn näher an den Steg heran und gemeinsam mit Michael und Kai zerrte sie ihn nach oben. Hinterher waren alle drei Kinder klatschnass.

       „Ich glaube, wir müssen zurück und uns umziehen...“

      Mira musste unwillkürlich lachen.

       „Ich begleite euch.“

      Am Campingplatz machten die Eltern große Augen, als sie die nassen Kinder auf sich zukommen sahen. Michaels und Sophies Mutter nahm die Sache gleich in die Hand. Sie konnten Mira gerade noch zum Abschied winken, dann wurden sie schon in das große Zelt gescheucht, das die Eltern während ihrer Abwesenheit aufgebaut hatten.

       Als sie umgezogen waren, durften sie mithelfen, das kleinere Zelt aufzubauen, in dem die Jungen schlafen sollten. Sophies Schlafstelle befand sich im Eingangsbereich des großen Zeltes. Als schließlich alles erledigt war, dämmerte es bereits. Sie gönnten sich ein schmackhaftes Abendessen in der Gaststätte am See und dann war auch schon Schlafenszeit. Sophie schlüpfte in ihren Schlafsack und legte einen Arm auf Zorro, der sich dicht an sie kuschelte. Dann waren die beiden auch schon eingeschlafen. Michael und Kai hingegen lagen noch lange wach. Im Licht ihrer Taschenlampen lasen sie Comics und dann erzählten sie sich gegenseitig bis weit nach Mitternacht Spukgeschichten.

      2. Blejski grad

      „Fang, Zorro! Hol das Stöckchen!“

      Die Stimme drang unangenehm an Michaels Ohr. Er drehte sich in seinem Schlafsack auf die andere Seite und versuchte, weiter zu schlafen.

       „Guter Hund, braver Hund!“

      Oh nein! Muss dieses Mädchen schon in aller Früh so einen Höllenlärm veranstalten?

       Er meinte Sophie, die draußen mit dem Hund spielte.

       „Du, Michi, es ist schon halb zehn!“

      Kai stupste den Freund an der Schulter, der aber nur unwillig brummte.

       „Ich glaube, deine Eltern sitzen schon beim Frühstück.“

       „Frühstück?“

       Michael richtete sich kerzengerade auf.

       „Nicht ohne mich!“

      Kai musste lachen. Die Jungen schlüpften aus ihren Schlafsäcken, zogen sich an und krabbelten aus dem Zelt.

       „Da seid ihr ja! Wir wollen bald aufbrechen.“

      Sophie strahlte sie an, während Zorro an ihr hochsprang, um an das Stöckchen zu gelangen, das sie am ausgestreckten Arm hielt.

       „Guten Morgen, Jungs. Setzt euch zu uns. Wir haben frische Semmeln gekauft.“

      Die Eltern saßen an einem Klapptisch und tranken Kaffee. Michael und Kai setzten sich dazu und machten sich wie zwei ausgehungerte Wölfe über das Frühstück her. Anschließend wurden sie zum Zähneputzen