Jo Jansen

Nach(t)Klang


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hat mich gebissen!, heulte sie. Ihre Wut wuchs. Sie trat und stampfte, schlug mit den Händen. Stieß dabei immer wieder ans Holz. Etwas kroch über ihren Bauch, sie packte mit beiden Händen zu. Spitze Zähne schlugen sich in ihren Daumen. Pia heulte erneut auf, noch wütender.

      Ungeahnte Kräfte wurden in ihr freigesetzt. Pia drückte und drehte, was sie festhielt, ignorierte das Zappeln und auch den Schmerz, den die spitzen Zähne ihr wieder und wieder zufügten, während sie sich in ihrem Daumen verbissen. Endlich, nach mehreren knackenden Geräuschen, erstarb die Bewegung, das fellige Etwas in ihren Händen wurde schlaff. Es war vorbei. Die Ratte war tot.

      In diesem Moment war Pia beinahe dankbar für die Dunkelheit, die sie umgab und ihr den Anblick auf das tote Tier ersparte, das jetzt neben ihrem rechten Knie lag. Pia schluchzte. Ihr Daumen tat höllisch weh, sie spürte das Blut heruntertropfen. .

      Sie führte die wunde Hand zum Mund und saugte ihr eigenes Blut . Ihre ausgetrocknete Kehle schrie MEHR!, und so biss und kaute sie auf ihrem zerfetzten Daumen herum, genoss jeden einzelnen Tropfen ihres warmen Lebenssaftes wie einen Schluck köstlichen, kühlen Quellwassers.

      Ein Glücksgefühl wie nach einem hart erkämpften Sieg durchströmte sie. In diesem Moment verspürte sie einen stechenden Schmerz in der linken Wade.

      Es war noch nicht vorbei! Instinktiv schnellte Pias rechte Hand neben ihr Knie und zuckte angeekelt zurück. Der Kadaver der Ratte lag immer noch dort. Es musste eine zweite Ratte hier sein. Pia schrie, tobte, trampelte und schlug um sich. Sie kreischte, als kleine, krallenbesetzte Füße über ihre nackten Waden huschten. Spürte den langen, nackten Schwanz, der den Füßen folgte. Immer wilder strampelte sie, stieß dabei schmerzhaft mit dem Kopf gegen das Holz, konnte die Ratte aber nicht erwischen.

      „Verdammt!“ Nein, sie wollte das nicht mehr. Nicht mehr schreien, nicht mehr kämpfen. Sie wollte raus aus dieser Dunkelheit, aus dem Geruch nach Pisse und Blut. Wollte nach Hause, zu ihrer weißen Couch, den Blumen auf dem Fensterbrett, die im Licht der Abendsonne leuchteten.

      „Verdammt! Verdammt! Verdammt!“ Mit jedem heftig herausgepressten Fluch stampfte Pia, so kräftig sie nur konnte, gegen das Holz zu ihren Füßen. Es war ihr egal, dass sie sich dabei die Knie aufschlug, Blut nun auch ihre Jeans tränkte. Beim dritten Verdammt spürte sie etwas Weiches unter ihren Füßen. Hatte sie das Vieh tatsächlich erwischt? Wie irre trampelte Pia nun, immer und immer wieder auf das Fellbündel, das ihre nackten Füße spüren konnten. Es bewegte sich längst nicht mehr, doch sie trat weiter und weiter … bis sie das Gefühl hatte, kein Tier, sondern einen unförmigen Lappen zu treten. Jetzt hörte sie auf, schwer atmend und zitternd vor Wut und Erregung. Ruhig, ganz ruhig, redete sie sich selbst gut zu. Doch es gelang ihr nicht, ihre Atemfrequenz herunterzufahren. Pia brauchte eine Weile, bis ihr der Grund dafür einfiel – natürlich, die Atemluft hier drinnen war verbraucht.

      Jemand hatte die Klappe geschlossen. Und die Ratten hier hereingesetzt.

       Wer hasst mich so? Wer hat die Macht, mir das anzutun?

      „Hilfe! Ich will hier raus!“

      Salzige Tränen rannen über ihre Wangen, vermischten sich mit dem Blut auf den Händen, an denen sie zwischen ihren Schreien immer wieder kaute und sog. Der Schmerz hielt sie wach, denn sie spürte Schwindel in sich aufkommen, hatte Angst, das Bewusstsein zu verlieren und in ewiger Nacht zu versinken.

      Pia schniefte.

      Ihr Schluchzen ging in ein Wimmern über. Ihr Atmen war nur noch ein Keuchen. Pia spürte, wie sie kraftloser wurde, ihr Bewusstsein schwand und ihr Hirn stattdessen tröstende Bilder vorgaukelte.

      Ein Wald, in dem die Vögel zwitscherten.

      Das Rauschen des Meeres.

      Vor allem aber Sonne. Licht.

      Es sollte nicht für immer Nacht sein.

      Pia erwachte aus einem traumlosen Schlaf. Unter größter Anstrengung gelang es ihr, die Augen einen Spaltbreit zu öffnen. Da war wieder dieser schwache Lichtschein. Jemand hatte die Klappe erneut geöffnet. Sie konnte frei atmen. Eine vertraute Stimme sprach zu ihr:

       6

      „Hallo Pia, wie fühlst du dich?

      Lachen erklang.

      „Du sagst ja gar nichts? Hatte dein k.o-Tropfen-Kater Spaß mit den beiden Ratten?“

      Er kniete nieder, sodass sein Kopf dicht über dem kleinen Schacht im Boden war.

      Die Bodenplatte war längst ausgehärtet. Nur noch über diesen Zugang ließ sich die Klappe an der Seite der Holzkiste erreichen.

      „Weißt du Pia, alles wäre anders gekommen, wenn du bescheidener gewesen wärst. Aber du konntest ja nicht genug kriegen. Dein Ehemann sollte dir dein Traumhaus bezahlen. Ich sollte es nicht nur bauen, sondern dir auch noch jeden Mittwoch deine Langeweile wegficken.“

      Seine Hand zog einen Mörteleimer heran.

      „Pia, Pia. Du hast dich für ihn und gegen mich entschieden. Ich akzeptiere das. Da hast du dein Haus! Liege deinem Mann ewig zu Füßen!“

      René beugte sich noch tiefer hinab. Zuerst schloss er sorgfältig die kleine Holzklappe. Dann füllte er das Loch in der Bodenplatte mit Beton.

      „Gute Nacht, Pia.“

      Ihre Schreie hörte er nicht mehr.

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