Andreas Parsberg

Im Zeichen des Ares


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Mann öffnete mit einem kleinen Schlüssel die Schlösser und nahm den Geschwistern die Handschellen ab. Karim rieb sich die Handgelenke, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen.

      „Sie können sich setzen“, sagte der Kommissar und gab dem Polizisten ein Zeichen, dass dieser den Raum verlassen sollte. Er wartete, bis der Uniformierte die Tür von außen verschloss.

      „Sie sind natürlich ab sofort wieder auf freiem Fuß“, sagte Laskari. „Ich muss mich im Namen unserer Beamten bei Ihnen entschuldigen, aber ich wurde leider zu spät über Ihr Eintreffen in Athen informiert.“

      „Von wem informiert?“, fragte Karim verwundert.

      „Es geschieht nichts in meiner Stadt, ohne dass ich darüber informiert werde.“

      „Aber ...“

      Der Kommissar lächelte. „Ich hatte vor wenigen Minuten ein Gespräch mit Prinzessin Targunitoth ...“

      „Mit der Prinzessin?“, unterbrach Karim erstaunt.

      „Ja. Ich wurde über den Grund Ihres Aufenthaltes in Athen informiert“, antwortete Laskari.

      „Aber ich dachte, die Prinzessin ist bei einer Ratsversammlung in Syrien!“

      „Ja, das ist sie auch.“

      „Wie konnten Sie dann mit der Prinzessin sprechen?“

      Der Kommissar blickte Karim leicht verwirrt an. „Sie haben schon von der Erfindung des Telefons erfahren, junger Mann?“

      „Ja, klar!“

      „Na, sehen Sie. Ich habe mit der Prinzessin per Handy telefoniert“, sagte Laskari.

      „Die Prinzessin hat ein Handy?“, meinte Karim verwundert.

      „Wollen Sie mich jetzt verarschen?“ Die Augen des Kommandeurs zogen sich zu schmalen Strichen zusammen.

      „Nein ... äh, warum?“

      „Ihre Fragen lassen den Eindruck entstehen!“

      „Das tut mir leid. Es lag nicht in meiner Absicht, Sie zu beleidigen. Aber es verwirrt mich alles.“

      „Was genau meinen Sie?“

      „Dass die Prinzessin ein Handy hat.“

      „Gibt es denn heutzutage noch jemanden, der kein Handy besitzt?“, fragte Laskari.

      „Fast jeder Mensch, der in der zivilisierten Welt lebt, besitzt ein Handy. Aber meines Wissens ist die Prinzessin kein Mensch, sondern eine Dämonin, oder?“

      „Da haben Sie recht, junger Mann. Aber die Prinzessin bewegt sich frei zwischen den Welten. Wenn sie sich im Reich der Menschen aufhält, benutzt sie selbstverständlich ein Handy, um ständig erreichbar zu sein. Die Kommunikation in der Unterwelt findet auf eine andere Weise statt.“

      „Dann könnte ich jetzt die Prinzessin anrufen?“, wollte Karim weiter wissen.

      „Wenn Sie die Handy-Nummer der Prinzessin haben, dann könnten Sie das tun.“

      „Ich kenne die Nummer aber nicht.“

      „Dann wird Ihnen das Vergnügen versagt bleiben“, meinte der Kommissar schmunzelnd.

      „Aber Sie könnten mir die Handy-Nummer der Prinzessin geben, oder?“

      „Ja, das könnte ich.“

      „Aber?“

      „Das werde ich nicht tun. Wenn die Prinzessin gewollt hätte, dass Sie ihre Nummer haben, dann hätte sie Ihnen diese selbst gegeben.“

      „Aber wenn ich etwas Wichtiges zu sagen hätte?“

      „Dann sagen Sie dieses Ihrem Kontaktdämon – in Ihrem Fall wäre das Fürst Labolas, der Ihre Informationen weiterleitet.“

      „Aber ...“

      „Jetzt reicht es aber mit dem Handy-Thema“, unterbrach Selma die Unterhaltung. „Es gibt wohl Wichtigeres zu besprechen, oder?“

      „Was meinst du?“, fragte Karim.

      „Mich würde zum Beispiel interessieren, warum ein Kommissar der Athener Polizei mit Prinzessin Targunitoth telefoniert.“

      „Stimmt“, meinte Karim und kaute an der Unterlippe. „Würden Sie uns das bitte erklären, Kommissar?“

      „Normalerweise müsste ich jetzt sagen, dass Sie hier keinerlei Wünsche oder Forderungen zu stellen haben. Sie sind ein syrischer Flüchtling ohne Rechte! Aber Ihr Fall ist anders gelagert. Die Prinzessin hat mir befohlen, Sie vollständig zu unterstützen und jede Ihrer Fragen zu beantworten, warum auch immer.“

      Der Kommissar blickte von Karim zu seiner Schwester und anschließend wieder zurück.

      „Ich bin ein Vasall der Prinzessin. Meine Loyalität liegt zu einhundert Prozent im Haus der Nekromanten, deren Herrin die Prinzessin ist.“

      „Sie sind ein Dämon?“, fragte Karim erstaunt.

      „Ja.“

      „Aber ... äh, ja ... äh, Sie sind doch Kommissar der Athener Polizei.“

      „Richtig.“

      „Wie passt das zusammen?“

      „Sie scheinen unzureichend informiert worden zu sein, junger Mann“, meinte Laskari.

      „Das mag möglich sein, aber dem Missstand könnten Sie Abhilfe leisten.“

      „Richtig, ja, das könnte ich.“

      „Dann erklären Sie es mir bitte.“

      „Sehr viele Dämonen halten sich in der Welt der Menschen auf. Übrigens auch Engel und Götter.“

      „Und die arbeiten bei der Polizei?“

      „Das wiederum kann ich nicht beantworten, aber ich kann sicher sagen, dass viele wichtige Positionen, insbesondere in der Politik und dem Militär, von Dämonen oder Engeln besetzt sind.“

      „Warum?“

      „Die Menschen sind wie große Kinder, nicht selbst in der Lage, die Welt verantwortungsvoll zu regieren. Das Streben der Menschen liegt zu stark in den eigenen Bedürfnissen begründet. Sie brauchen Führung.“

      „Und wer entscheidet das?“

      „Da haben Sie einen wunden Punkt angesprochen. Das Gleichgewicht ist nicht mehr vorhanden. Die Vorstellungen der Dämonen sind unterschiedlich, außerdem haben die Engel völlig andere Pläne.“

      „Klingt nach Chaos“, meinte Selma.

      „Da haben Sie teilweise recht, junge Dame. Dies ist auch ein Grund, warum derzeit so viel Hass, Krieg und Angst die Welt der Menschen regieren.“

      „Könnten Sie uns das bitte ausführlicher erklären.“

      „Ich werde es versuchen“, sagte der Kommissar. „Sie kennen die Reiche, die sich direkt unter der Welt der Menschen befinden?“

      „Es wurde uns von Labolas kurz erklärt, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich alles richtig verstanden habe.“

      „Ich werde es nochmals kurz beschreiben. Also: Es gibt den Abyssos, die Unterwelt, die direkt unter der Welt der Menschen liegt. Der König vom Abyssos ist Baal, dessen Tochter, die Prinzessin Targunitoth, Sie bereits kennen. Direkt unter dem Abyssos liegt die Hölle, die sich in vier Reiche aufteilt. Das Reich des Südens und des Feuers wird von Satan, dem Gott der Hölle, selbst regiert. Das Reich des Ostens und der Luft wird von Luzifer beherrscht. Das Reich des Westens und des Wassers wird von Leviathan regiert und das Reich des Nordens und der Erde von Belial.“

      „Und woher kommen nun die Probleme?“

      „König Leviathan ist ein sehr machtgieriger und selbstbewusster Herrscher. Der Hohe Rat befürchtet, dass Leviathan die Weltherrschaft anstrebt.