Monika Fischer

21 Shades of Shame


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– Na? Interessiert?

       Ich: (Lache.) Nein, ich bin keine Domina – vielleicht sehe ich so aus oder komme so rüber, aber das ist nicht mein Stil. Deine Geschichte ist aber wirklich spannend und ich hoffe, du findest eine passende Frau.

       Dani: Schade ... aber macht nichts, wir können ja einfach so mal wieder chatten, es war eine spannende Zeit mit dir.

       Ich: Sicher, machen wir und jetzt machs gut bei deiner Sitzung – sollte so langsam Zeit dafür sein, richtig?

       Dani: Ja, have a nice day und bis zum nächsten Mal.

       Ich: Same to you und tschüss.

       Die Geschichte von Dani ist spannend, hat aber auch seine Schattenseite. Dani lebt wie viele Männer ein Doppelleben. In seinem Fall vielleicht etwas komplizierter, da es nicht so viele Dominas gibt, wie Mann sich anscheinend wünscht. Die andere Belastung ist, dass er nach eigenen Angaben, das Spiel der Gesellschaft vorerst weiterspielt. Er ist also der «normale» Manager und Familienvater für die einen und für die anderen ist er ein Sklave, der ab und zu in einen Club geht und etwas Zeit mit einer Domina verbringt. Er ist bereit, dafür zu bezahlen, doch am liebsten hätte er natürlich eine feste Dominabekanntschaft. Echte Profis, wie Dani sagte, sind gut, aber ihm fehlt doch noch das gewisse Etwas. Er fand für kurze Zeit Frauen, die sich auf sein Spiel einliessen, einfach weil sie neugierig waren. Das hat aber nicht lange vorgehalten und so ist Dani immer noch oder immer wieder, auf der Suche. Seiner Aussage nach befriedigt es ihn, einer Frau auf diese Weise zu dienen.

       Auf meine Frage hin, ob er sich als «Büsser» verstehe, welcher auf diese Weise seine Busse tue, sagte er einmal: «Ich lebe zwei Leben. Im einen spiele ich den tollen, erfolgreichen Mann und Vater. Im anderen krieche ich, manchmal auch wimmernd, vor einer Frau in Latex. Ich glaube, das eine geht nicht ohne das andere und vielleicht büsse ich. Büsse dafür, dass ich nicht klar komme mit all meinen Verpflichtungen, dass ich nicht der sein kann, den ich den Menschen vorspiele, oder vielleicht der, den ich tief in mir vergraben habe. Vielleicht brauche ich jemanden, der mir dies auf diese ungewöhnliche Weise klar macht und vielleicht endet das gut oder auch nicht. Im Moment stimmt es für mich so – aber ich weiss, ich werde älter und die Kinder auch. Was dann sein wird, das steht in den Sternen. Sich dazu öffentlich zu bekennen ist ein absolutes «No-Go» (engl. ugs. kommt nicht in Frage, geht nicht). Die Gesellschaft und vor allem mein Umfeld würde das nicht akzeptieren. Es wäre mein «Aus» als Mensch, und mein Job wäre weg. Ich weiss, dass ich nicht der einzige bin, der das in unserer Firma so lebt. Obwohl es nicht ausgesprochen wird wissen wir, wo wir stehen und was wir «sonst» noch sind.». Es ist nicht einfach.

       Wenn ich Geschichten wie die von Dani erzähle, scheint bei einigen Zuhörern so etwas wie «Schadenfreude» aufzukommen. Wenn ich im Weiteren auf den Gesellschaftsteil zu sprechen komme und zum Beispiel frage: «Wer ist eigentlich die Gesellschaft?», folgt erst einmal betretenes Schweigen.

       In Danis Geschichte ging einiges schief, könnte man sagen, und wo die vermeintliche «Schande» liegt …, das lass ich hier jetzt mal so stehen. Es gibt ja noch die Hausfrauen und noch einige andere Geschichten zu erzählen in «21 Shades of Shame», Geschichten, die das Leben schrieb.

       … Was mich aber im besonderen schockiert ist die Tatsache, dass die jungen Menschen bereits so abgestumpft und abgebrüht zu sein scheinen, wie die Darsteller der Pornos, die es ihnen vorleben …

      3 Dana, 20 Jahre, trübe Aussichten auf weitere 60 Jahre Sex

       Sie ist knapp 20 Jahre alt, es kommt mir aber vor, als sässe eine Frau 40plus vor mir. Sie erzählt von ihrer Sexualität, davon wie alles anfing und wie sie sich heute mit ihrem Partner fühlt. Er ist top drauf, was körperliche Fitness anbelangt. Wenn es um die Technik beim Sex geht, wirkt er wie ein echter Profi in den Pornofilmen, und erfüllt die Erwartungen des eigenen Kopfkinos, so wie wir es aus diesen Filmen nicht anders kennen. Jetzt fragst du dich vielleicht, wo das Problem liegt? Da sind zwei junge Menschen, die Erfahrungen sammeln wollen. Dazu gehört natürlich auch Sex. Dem stimme ich zu, meine Frage dazu lautet: Ist Mainstream-Pornografie «natürlicher, normaler Sex»?. Doch schauen wir zuerst, was sie sonst noch zu berichten hat. Dana ist eine attraktive junge Frau, schlank, mit einem schönen Körper. Sie weiss, dass sie die Männer damit anzieht und hat auch schon einige Erfahrungen in dieser Richtung gesammelt. Zurückblickend auf ungefähr vier Jahre Sex, fasst sie zusammen:

       Dana: Ich hatte Sex mit einigen Liebhabern und einen Seitensprung, mal befriedigend, doch öfter auch nicht. Alle meine Partner waren technisch gut drauf. Mein derzeitiger Partner jedoch toppt das Ganze. Es ist nicht so, dass ich keinen Orgasmus hätte, er ist gut, aber … ich schäme mich das zu sagen, ich komme nicht auf die übliche Weise …

       Ich: Übliche Weise?

       Dana: Ja, du weisst schon, klitoral oder vaginal.

       Ich: Wie denn?

       Dana: (Ist ihr peinlich.) ... Ok, als ich etwa 13 Jahre alt war, lud ich ein Musikvideo herunter. Ich dachte es wäre Musik und als ich es öffnete war es ein Pornostreifen mit DP (engl. double penetration), also mit zwei Männern und einer Frau, welche von vorne und von hinten gleichzeitig genommen wurde. Ich hab ihn natürlich angeschaut und seit dem scheint das mein «Standard» zu sein, wenn es darum geht zu kommen, aber irgendwie fühle ich mich nicht richtig dabei und vor allem, ich mag nicht mehr.

       Ich: Was meinst du mit: «Ich mag nicht mehr?»

       Dana: Es fühlt sich nicht richtig an und das letzte Mal, na ja, fing ich an zu weinen und ich wusste noch nicht einmal warum, aber ich fühle, dass etwas definitiv falsch läuft.

       Ich: Hast du das Gefühl, dass es mit der Art des Sex zu tun hat, dass es für dich nicht mehr stimmt oder etwas fehlt?

       Dana: Ich denke schon, dass es mit der Art zu tun hat. Es fühlt sich nach einigen Malen einfach so leer an, so wie wenn ich einen Porno schaue und danach bleibt zwar ein körperlich entspanntes, aber auch irgendwie ein trauriges, unerfülltes Gefühl zurück. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber es fühlt sich nicht richtig an und wenn ich daran denke, dass ich erst 20 bin und es jetzt schon nicht mehr geniessen kann ... was mache ich in ein paar Jahren?

       Ich: Dasselbe wahrscheinlich wie viele der Frauen, mit denen ich gesprochen und die ihre 40 Jahre bereits überschritten haben. Sex wird für dich eine lästige Nebensache. Und wenns ganz schlimm kommt, dann hast du vielleicht Kopfschmerzen und dein Mann geht fremd, bis ihr euch getrennt oder arrangiert habt. Eine andere Möglichkeit wäre, dass du dir jetzt überlegst, was du ändern könntest.

       Dana: Ich mache mir ja schon Gedanken, aber ich komm nicht drauf? Ich meine, welche anderen Möglichkeiten mit einem Mann zusammen zu sein haben wir denn? Es gibt sicherlich nicht viele Männer, die einfach mit einer Frau zusammen sein wollen ohne den gewohnten Sex. Zumindest habe ich das so erlebt und ich bin keine Ausnahme. Also, was tun?

       Ich: Brauchst du denn dein Kopfkino noch, sprich diese Pornosequenzen, die du irgendwann mal angeschaut hast, um dich heute auf Touren zu bringen oder zum Orgasmus zu kommen?

       Dana: Ja, nicht immer und bei meinem derzeitigen Partner läuft es ja fast so ab wie in den Filmen, ausser, dass ich da die Hauptdarstellerin bin. Aber auch hier merke ich, dass mein Kopfkino, wie du es nennst, öfter mitspielt, manchmal auch nervt, aber ja, es ist da.

       Ich: Kannst du dir vorstellen, ohne das Kopfkino und das Wissen um die Szenen der Pornos, Sex mit deinem Partner zu haben?

       Dana: Im Moment schwierig, ich bin es so gewohnt und wie schon gesagt, die DP-Szenen sitzen ganz vorne in meiner Erinnerung.