Paul Gustav Kretschmar

Jagdabenteuer auf drei Kontinenten


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den beiden aufzunehmen. Jetzt waren alle in Alarmbereitschaft. Sofort wurden alle verfügbaren Naro-Stammesangehörigen, die des Färtenlesens kundig waren, zusammengetrommelt. Über mehrere Stunden verfolgten sie die Fährte der beiden Italiener im Lichte von Taschenlampen auf dem staubigen Wüstenboden und ließen sich dabei trotz Dunkelheit nicht von der Spur abbringen. Schließlich wurden die beiden gefunden. Sie hatten sich völlig verlaufen und schließlich unter einem Baum ein Nachtlager bereitet, um in Ungewissheit über ihr weiteres Schicksal dem kommenden Morgen entgegen zu harren.

       Auf Kalahari-Springbock

      Bereits eine Viertelstunde nach Verlassen des Camps entdecken wir ein stark lahmendes Springbockweibchen. Ein klarer Hegeabschuss. Es hat sich in eine Dickung eingeschoben. Doch für das 7 mm Rem. Mag. Geschoss sind die vor dem Wildkörper befindlichen Zweige des Dornenbuschs kein Hindernis, und das Tier verendet im Knall. Riaan bestätigt die bereits vermutete Fraktur des rechten Vorderlaufs. Es handelt sich um ein wirklich altes Stück, Riaan schätzt es auf 12 Jahre. Das Weibchen hätte wohl auch ohne die Verletzung die nächste Saison nicht überlebt. Für mich ist dies ein ganz besonderes Erlebnis, denn dies ist der erste Springbock, den ich erlegen durfte. So freue ich mich natürlich ganz besonders über diese Gelegenheit.

      Nur eine halbe Stunde später entdecken die scharfen Augen von Besa einen starken Springbock in einem kleinen Rudel. Die Springbock-Population in dieser Gegend ist durch starke Eingriffe von Räubern in den letzten Jahren stetig gesunken. Dem Rechnung tragend, will ich nur einen reifen Bock erlegen, der bereits ausreichend Gelegenheit hatte, seine Gene weiterzugeben. Leise pirschen wir uns im Gänsemarsch auf dem sandigen Kalahariboden näher an das Rudel heran. Zielsicher führt uns Besa bei gutem Wind in einem großen Halbkreis näher an das Rudel heran. Jetzt heißt es auf jeden trockenen Ast, auf jeden Zweig zu achten. Denn bereits das kleinste Geräusch kann den Jagderfolg vereiteln. Die letzten Meter bewegen wir uns auf allen Vieren pirschend vorwärts. Zwar hat der Sandboden den nächtlichen Regen quasi verschluckt, doch das Wüstengras und niedrige Büsche sind zum Teil noch ziemlich nass, so dass unsere Hemden, Hosen und Jagdstiefel bald vor Nässe triefen. Endlich - wir sind heran. Das Glas bestätigt einen braven Bock, der auf etwas mehr als 100 Meter zu uns zurück sichert. Riaan stellt den dreibeinigen Pirschstock auf, und ich bereite mich mental auf den Schuss vor. Jetzt steht der Bock breit, doch ist das Rudel nervös und hat wohl doch etwas von unserer Anwesenheit mitbekommen. Der Bock dreht sich und steht spitz zu uns. Ich ziele auf den Stich und lasse fliegen. Erleichterung - der Schuss sitzt. Ein braver Springbock ist zur Strecke gekommen, und das ganz unverhofft. Schon lange wollte ich auf dieses wunderbare Wild waidwerken und nun hatte ich das Glück, gleich zweimal an einem Morgen auf das Wappentier der Republik Südafrika zu pirschen.

      Hin und wieder können wir Gabelracken (engl.: Lilac Breasted Roller) beobachten. Diese äußerst farbenfrohen Gesellen (Brust violett, Kopf grün mit rotem Gesicht, Bauch und Unterseite der Flügel in einem leuchtenden Hellblau) sind die Nationalvögel Botswanas. Riaan erklärt uns, dass ein Aberglaube hinsichtlich dieser Vögel weit verbreitet ist. Überfährt eine Frau einen dieser Vögel mit dem Auto, werde sie kurze Zeit später schwanger. Riaan meint, dass aus diesem Grund besonders darauf geachtet werde, keinen dieser Vögel zu überfahren. Ich äußere die Vermutung, dass vielleicht manche Frauen extra das Gaspedal drücken, wenn sich einer dieser gefiederten Burschen nähert ... was der frisch verheiratete Riaan mit einem Schmunzeln quittiert.

      Um die Mittagszeit steht die Sonne fast im Zenit und wir ziehen uns in den Schatten einer großen Akazie zurück, die am Rand einer mit Wasser gefüllten Salzpfanne liegt. Christoph und ich nehmen auf zwei Feldstühlen unsere Position ein. Hohes Schilfgras versperrt einen Teil der Sicht, so dass Riaan und Besa sich etwas abseits positionieren. Sie können jetzt den verbleibenden Teil der Felsenwanne abglasen. Dieser Ort wird laut Riian häufig von Warzenkeilern frequentiert und auch wir hoffen, heute hier Beute zu machen. Während des über fünfstündigen Ansitzes sehen wir unzählige Warzenschweine, aber es handelt sich entweder um führende Bachen mit Frischlingen oder um Überläuferkeiler. Nicht ein Kapitaler ist dabei. Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren ...

      Nachmittags brechen wir hier die Zelte ab und beschließen einige andere Wasserstellen anzupirschen. Das überkniehohe Gras erschwert die Sicht auf etwaige passende Keiler erheblich. Allerdings lässt es sich auf dem sandigen Boden der Kalahari fast lautlos pirschen. Als wir eine Wasserstelle anpirschen, geht vor uns ein Keiler flüchtig ab und dreht in ca. 20 Meter Entfernung nach links ab, wobei er seine Flanke freigibt. Christoph hat die Sako bereits angebackt, entsichert und zieht mit dem fliehenden Keiler mit. Er lässt fliegen - der Keiler hat Schuss! Schnell repetiert und dem Wild hinterher, im Laufschritt durch Büsche und Sträucher. Christoph möchte verhindern, dass der Keiler in einen Erdbau einschlieft, aus dem wir ihn nicht mehr rausbekommen. Doch so weit kommt es nicht. Ein Nachschuss bannt den flüchtigen Bassen auf den Fleck. Waidmannsheil zu Christophs erstem Warzenkeiler! Insgesamt hatte Besa heute 71 Warzenschweine gesichtet, aber dies war der einzige starke Keiler.

       Wundfährte im Gewittersturm

      Zunächst ist guter Rat teuer. Wir haben noch fast zwei volle Jagdtage, aber alle unsere geplanten Abschüsse sind bereits erledigt- und unser Geldbeutel ist entsprechend leer. Eigentlich war ja auch die Jagd auf Gnus fest eingeplant gewesen, aber da unser Budget bereits ausgeschöpft ist, müssen wir das wohl verschieben. Oder doch nicht? Riaan zieht sich in sein Chalet zurück, um unsere Optionen in Ruhe mit dem Outfitter zu sprechen. Chris und ich warten am Feuer, angespannt, wie es jetzt wohl weitergehen wird. Riaan kommt mit äußerst guten Nachrichten zurück. Unser Abenteuer ist noch lange nicht vorbei. Wir dürfen uns an einer Reduktionsjagd auf Gnus und Elands beteiligen. Auch ein Gnu-Trophäenbulle ist freigegeben. Für Anfang nächster Woche wird eine größere Reisegruppe für das „Foto-Camp“ erwartet, und auch diese Gruppe will verpflegt sein! Da lassen wir uns nicht lange bitten, wir wollen doch nicht, dass die Gäste hungern!

      Als wir am Nachmittag das Camp verlassen, ist mir angesichts der zunehmenden Bewölkung nicht wohl zumute. Es hat sich eine üble Gewitterfront zusammengebraut, die den Himmel verdunkelt und in Form einer tiefschwarzen Wand drohend näher zieht. Der Wind frischt merklich auf. In der Ferne durchzucken grelle Blitze das Dunkel der Wolkenmasse, und Donner rollt heran. Auf dem Dach des Pirschwagens fühle ich mich wie auf dem sprichwörtlichen Präsentierteller, zumal der uns umgebende Bewuchs niedriger als der Wagen ist. Der Wagen ist ein wahrer Magnet für Blitze. Der Land-Cruiser quält sich durch die vom peitschenden Regen aufgeweichte Sandpiste. Ein Rudel Gnus hat sich in den Schutz einer Gruppe Akazien zurückgezogen. Doch Besas Adleraugen entgehen sie nicht. Nach kurzer Pirsch beschießt Christoph einen jungen Gnubullen auf ca. 100 Meter spitz vor vorne, das Tier geht mit einem Kammerschuß zu Boden. Die Tracker machen sich an die Versorgung des Bullen. Wir pirschen sofort weiter, denn Besa hat nicht weit entfernt einen verhoffenden, alten Streifengnu-Bullen ausgemacht. Noch verhofft der Bulle, und Christoph lässt fliegen. Doch der Schuss sitzt etwas zu tief und trifft den rechten Vorderlauf ... das Tier geht flüchtig ab. Nach wie vor regnet es wie aus Kübeln und es blitzt. Doch wenigstens befinden wir uns nicht mehr auf dem Dach des Land-Cruiser ... Mein einziger Wunsch ist gerade, heil aus diesem Unwetter wieder herauszukommen. Und doch erfordert die Waidgerechtigkeit eine umgehende Nachsuche. Jetzt ist die Stunde der Buschmann- Fährtenleser gekommen.

      Zunächst gilt es, die Fährte des verwundeten Tieres unter der Vielzahl der Hufabdrücke auszumachen, wobei der starke Regen auf dem sandigen Untergrund alle Anstrengungen zunichte zu machen droht. Doch unbeirrbar nehmen Besa und sein älterer Stammesgefährte und Lehrmeister Matlewa die Fährte auf. Hierbei achten sie weniger auf die kaum wahrnehmbare Schweißspur als vielmehr auf die verstärkte Spreizung der Schalen des linken Vorderlaufs. Denn aufgrund der Verwundung schont der Bulle seinen rechten Vorderlauf und belastet den linken Lauf stärker. Riaan weist mich an, mich ebenfalls zu bewaffnen. So tausche ich meine Spiegelreflexkamera gegen die alte Musgrave im Kaliber .30-06 und folge ebenfalls der Wundfährte. Zum Glück lässt der Regen bald nach, doch unsere Hemden, Hosen und Jagdstiefel triefen vor Nässe. Mittlerweile ist über eine Stunde vergangen und mit pochendem Puls und keuchendem Atem verfolgen wir weiter die Fährte. Hinter einer Dickung wird der Bulle plötzlich hoch und geht sofort wieder flüchtig ab. Christoph und ich schießen je zwei Mal nach, doch alle vier Schüsse verfehlen