Paul Kübler

Mein Leben begann 1918 in Weimar


Скачать книгу

d="u339923fe-440c-5d0b-b301-11ed9b99f830">

      Paul Kübler

      Mein Leben begann 1918 in Weimar

      Erinnerungen

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Sein Geheimnis

       Die Eltern

       1922

       Das Jugendamt

       Die Pflegefamilie

       Alte Schule

       Feldarbeit

       Sommer 1932, eigenes Geld

       Schustern

       Krieg

       Verlobung 1944

       Rette sich, wer kann

       Ich in Kriegsgefangenschaft

       Heimkehr

       1949, Spareinlagen ungültig

       Meisterbrief

       Der Gewerkschafter

       Abstecher in die Berufsschule 1966

       Neue Ehefrau, Arbeit und Garten

       Ausgezeichnet

       Am Ende ein politisches Statement

       Impressum neobooks

      Sein Geheimnis

      Paul Kübler ist heute, im Jahr 2014, fünfundneunzig Jahre alt.

      In Gesprächen mit Freunden und in der Familie wurde er vor Jahren angeregt, da er gern aus seinem Leben erzählte, seine Erinnerungen aufzuschreiben. Im Alter von 86 Jahren und sechs Monaten hatte er sich entschlossen, dies zu tun. Seine Eltern und Geschwister leben schon lange nicht mehr. Ein Tagebuch hat er nicht geführt.

      So konnte er sich nur auf sein Langzeitgedächtnis stützen und wünschen, dass da noch vieles stecken geblieben ist. Vor zwei Jahren holte ihn sein Sohn aus Thüringen nach Potsdam, wo Paul Kübler in seiner eigenen Wohnung lebt, Kontakt zum nachbarlichen Seniorenheim pflegt, im Chor mitsingt, an Gesprächsrunden teilnimmt, oder neue Bekannte zu sich nach Hause einlädt. Sein Geheimnis, immer mal wieder etwas Neues lernen. Er hat sich ein elektronisches Miniaturklavier gekauft, übt regelmäßig und schreibt nun den dritten Teil seiner Erinnerungen auf. Den ersten Teil hat er in einigen Exemplaren als Buch drucken lassen. Als eine Potsdamerin, die sich eines zum Lesen ausgeliehen hatte, ihn anrief, um sich mit ihm zur Rückgabe zu verabreden, sagte Paul Kübler: „Wieso, hat es Ihnen nicht gefallen?“

      Diese Autobiografie ist kaum spektakulär, dennoch faszinierend aufgrund eines phänomenalen Gedächtnisses und der Genauigkeit im Detail.

      Die Eltern

       Als fünftes Kind meiner Mutter wurde ich am 23. Dezember 1918 in Weimar geboren. Meine Mutter, Martha Kübler, war das zweite Mal verheiratet. Ihr erster Mann, Streipardt, ich kenne nicht einmal seinen Vornamen, ist schon 1914 in Frankreich gefallen. Mit ihm hatte

      meine Mutter drei Kinder: Alfred, Rosa und Hermann. Er wurde nur Männe genannt. Während des

      Krieges lernte meine Mutter den verwundeten Soldaten Alois Kübler kennen.

      Sie heirateten und hatten zusammen weitere zwei Kinder, Alois und Paul - das bin ich, der Jüngste. Als mein Vater tödlich verunglückte, war meine Mutter 28 Jahre und hatte fünf Kinder.

      Und das in der schweren Zeit nach dem ersten Weltkrieg.

      Dieser Zustand beeinflusste den Ablauf unseres Lebens. Meine Mutter, verwitwete Streipardt, geb. Reinhardt, war etwa 1,55 Meter groß. Sie hatte dunkle Haare mit Naturlocken und bis

      zu ihrem Tod kein graues Haar. 1894 wurde sie geboren. Ich kannte sie als eine lebenslustige Frau mit Humor, die immer optimistisch war. Zu ihren Nachbarn und Mitmenschen fand sie schnell Kontakt. Von Charakter war sie gutmütig, doch sie konnte auch recht eigensinnig sein.

      Mein Vater stammte aus dem Oberelsass und war zwei Jahre jünger als meine Mutter. Er war

      bei der Reichsbahn als Streckenarbeiter tätig.

      Sein Humor war beliebt und er konnte bei Familienfesten für Stimmung sorgen.

      Ich bin im Zentrum von Weimar in der Schlossgasse geboren. Meine Erinnerungen reichen bis in mein drittes Lebensjahr zurück. Damals wohnten wir in Notwohnungen am Schießhaus.

      Das Schießhaus war Eigentum des Schützenvereins und dazu gehörte auch eine Gaststätte. Davor war ein großer Platz, teilweise mit kurzem Rasen bedeckt.

      Dort wurden die Frühlings-, Sommer- und Herbstfeste gefeiert. Er war groß genug für alle möglichen Schaubuden, Karussells und andere Belustigungsanlagen. Das Pferdekarussell stand immer gegenüber unserer Wohnung. Es war mein liebstes Spielzeug, besonders weil ein Pferd das Karussell zum Drehen bringen musste. Manche Runde durfte ich umsonst fahren. Ich aß gern

      Oblaten und Eis.

      Von der Stadt aus kam man zum Schießhausplatz, wenn man die Jenaer Straße über die Ilmbrücke beim Schloss hoch lief, in der ersten Kurve die Straße verließ und zwischen Bäumen an der linken Seite und Gärten mit Häusern an der rechten Seite weiterging. Das war dann auch der Weg zum Schießhaus. Kam man auf den Platz, lag links ein kleiner Wald, der den Abhang

      bis zur Ilm bedeckte. Rechts stand eine Reihe von eingeschossigen Baracken, das waren damals Notwohnungen.

      Unsere Wohnung war vom Anfang des Platzes gesehen die letzte Baracke, gegenüber dem Schützenhaus. Wir hatten zwei Zimmer und einen kleinen Teil des Kellers. Das Wohnzimmer

      war groß. Ich schätze, es hatte etwa 18 Quadratmeter. Das Schlafzimmer war genau so groß. Wir waren sieben Personen.