Jochen Polanski

"Die Jagd, die Beute und der Tod"


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der 4-Zimmer-Wohnung, in gemütlich eingerichteten Wänden in Köln Nippes. Frank war noch am arbeiten, jedoch wollte sie nicht mehr warten mit dem Anruf. Vielleicht machte er sogar Überstunden, das war gut möglich. Die Auftragslage erlaubte es, und er, der zuverlässige Energieanlagenelektroniker.

      Gleich war es 17 Uhr. Sie ging zum schnurlosen Telefon im Flur und wählte die Nummer der Kripo Köln und wurde mit dem Präsidium verbunden.

      „Guten Tag, Stürmer ist mein Name. Ich muss eine Vermisstenanzeige machen. Meine Tochter ist seit Freitagnachmittag spurlos verschwunden.“

      „Kriminalpolizei Köln, Hauptkommissar Brand. Sagen Sie bitte Genaues zum Vorgang, Frau Stürmer. Name, Alter der Tochter, was sie getan hat zu jener Zeit.“

      „Meine Tochter heißt Nicole Stürmer, ist 22 Jahre alt. Sie wollte eine Freundin mit Namen Sandra Berger in Mainz besuchen, die hatte Geburtstag. Sie nahm eine Mitfahrgelegenheit. Sie hatte mir das telefonisch mitgeteilt; sie wohnt nicht zu Hause. Um 18 Uhr sollte sie mitgenommen werden.“

      „Ich muss Sie unterbrechen, Frau Stürmer. Sie hat keinen Führerschein und Auto?“

      “Doch doch, einen Führerschein schon, aber noch kein Auto. Wissen Sie, sie studiert noch, da hat sie nicht so viel Geld. Und heutzutage ist Autofahren fast schon Luxus.“

      „Frau Stürmer, kommen Sie morgen früh um 8 Uhr ins Polizeipräsidium und verlangen Sie nach Hauptkommissar Brand. Wir nehmen die Personalien und ein Protokoll auf, damit Sie Anzeige erstatten können.“

      „In Ordnung, morgen um 8 Uhr bin ich im Präsidium.“

      „Auf Wiedersehen, Frau Stürmer.“

      Sie verabschiedete sich, legte den Hörer auf. Bald musste Frank von der Arbeit kommen. In der Regel hatte er um 17 Uhr Feierabend. Sie konnte sich schon denken, was er für eine Miene machte. Und sie würde ihn vorwurfsvoll anblicken! Warum hast du ihr keinen Wagen gekauft, als sie die Führerscheinprüfung geschafft hatte?

      Dann öffnete sich auch schon die Wohnungstür auf. Sie ging gleich auf ihn zu.

      „Na, Gabi! Wie geht’s? Was ist los? Was siehst du mich so an?“

      „Nicole ist spurlos verschwunden! Seit Freitagabend! Keiner weiß, wo sie geblieben ist!“

      „Sie wollte doch nach Mainz zu Sandras Geburtstag! Und dann?“

      „Frank, das hatte sie vor, sie ist aber nie in Mainz angekommen. Simone, Nicoles Mitbewohnerin, rief mich heute Nachmittag an. Sie hatte das von Sandra gehört. Mensch, Frank! Hoffentlich ist ihr nichts passiert!“

      Frank nahm sie in seine Arme, klopfte sie sanft auf die Schulter.

      „Wir wollen das Beste hoffen.“

      „Die Kripo habe ich schon informiert. Ich soll morgen um 8 Uhr ins Polizeipräsidium. Und, weißt du was, ihr Handy ist nicht aktiv!“

      „Das kann viele Ursachen haben, denk nicht gleich an das Schlimmste Vielleicht ist es kaputt gegangen. Es war ganz schön stürmisch am Freitag und es kamen einige Schauer herunter.“

      „Ach ja, du.“ Dann schwieg sie, ging ins Wohnzimmer. Frank holte sich eine Flasche Kölsch aus dem Kühlschrank. Sie fing an zu rauchen, er setzte sich zu ihr, nahm einen Schluck und zündete sich auch eine an.

      Auf einmal kam sie sich mit ihren 45 Jahren allein vor. 2 Jahre war Nicole aus dem Haus, ab und zu kam sie zu Besuch, doch nicht all zu oft in der letzten Zeit.

      „Ich bin sprachlos,“ sagte er nach einem kräftigen Hieb Kölsch, hastig zog er zweimal an der Zigarette. Ihm wurde bewusst, dass Nicole verschwunden war, dass ihr mit großer Wahrscheinlichkeit etwas zugestoßen war. Konnte es anders sein?

      Er sah Gabi an, sie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus. Nur kurz schaute sie ihn an, leicht verstört und voll erledigt. Sie ging in die Küche, holte Mineralwasser, goss es in einem großen dickwandigen Glas ein, nahm einen Schluck, ging wieder zu ihm. Sie wollte was sagen, doch Zweifel traten in ihr hervor. Sie strich über ihr kurzes blondes Haar, glatt wie es war, - die Locken hatte Nicole von ihr, sie entfernte sie sich seit geraumer Zeit -.sie sah ihr goldiges Gesicht vor Augen, ihr strahlenden Augen, die das lodernde Feuerwerk in ihr und die mentale Zielstrebigkeit offenbarten. Warum sagte er nichts?. Sie saß neben ihm auf der Couch, vor ihnen der Fernseher, der unberührt blieb; und auch Musik wollte keiner hören.

      Es dauerte nicht lange und Simone rief an. Natürlich sagte sie nicht viel. Das was noch zu sagen war.

      Frank war so ruhig. Warum sagte er nichts?

      „Du bist so still.“ Sie legte ihre Hände auf seinen Wangen, streichelte sanft seine Bartstoppeln.

      „Du auch. Weißt du was, morgen nehme ich mir frei. Allein lasse ich dich nicht ins Präsidium gehen. Ich will dabei sein.“

      Gabi hauchte ihre vollen warmen Lippen an seinem Mund, saugte an seiner Unterlippe und züngelte zaghaft fordernd. Traurig-verträumt sah sie ihn an.

      „Du bist ein Schatz.“ Sie kraulte ihm sein Haar.

      Am nächsten Morgen rief er gleich bei der Firma an, schilderte die Sache. Gabi hatte schon den Frühstücktisch gedeckt. Es war 7 Uhr 12. Sie aßen Toast mit Honig, dann Käse, tranken Milchkaffe aus der Espressomaschine.

      „Wir haben noch ein bisschen Zeit, bevor dahin fahren.“ Er bot ihr eine Zigarette an, auch wenn sie sonst leichtere rauchte. Sie machten sich auf den Weg ins Präsidium. Gabi war aufgeregt wie nie zuvor. Frank fuhr wie immer sicher die Neusser Strasse runter Richtung Zentrum.

      „Glaubst du, dass sie noch lebt?“

      „Gabi, sag so was nicht!“

      Als sie das Polizeigebäude erreicht hatten, alle Sicherheitsmassnahmen beim Betreten durchlaufen und vor dem Beamten, der die Personalien aufnahm, gesprochen hatten, nannte man ihnen das Büro des zuständigen Hauptkommissars. Sie betraten den Raum.

      „Guten Morgen, ich bin Hauptkommissar Brand. Wie ich sehe, sind beide Elternteile der vermissten Person anwesend. Nehmen Sie doch bitte Platz.“ Brand saß vor dem Rechner, Kollege Paulsen neben ihm.

      „Morgen, Stürmer mein Name.“ Stürmer und seine Frau setzten sich.“ Das übliche Prozedere nahm seinen Gang.

      „Meine erste Frage: Seit wann genau wissen sie, dass ihre Tochter vermisst wird?“

      Es war Montagmittag, so gegen 13 Uhr, da rief mich Simone Mertens an. Nicole und sie wohnen zusammen in der Südstadt, Altenberger Strasse 44. Durch sie habe ich erfahren, dass Nicole nicht zu der Geburtstagsfeier von Sandra Berger gekommen ist.“

      „Gut,“ unterbrach Brand seinen gepflegten Kinnbart kratzend. „Seit Freitag, den 09.11.2007 vermissen sie ihre Tochter. Sie kam nicht zu der Party. Sie sagten, ihre Tochter sei mit einer Mitfahrgelegenheit oder wollte mit einer nach Mainz fahren.“

      „Ja, das stimmt. Und Simone Mertens teilte mir telefonisch mit, dass ihr Handy nicht mehr aktiv sei.. Sandra Berger hatte versucht, sie zu erreichen, nachdem sie zum vereinbarten Zeitpunkt nicht in ihrer Wohnung erschienen war.“

      „Frau Mertens. Ihre Tochter will mit einer Mitfahrgelegenheit nach Mainz, sie kommt dort nicht an, ihr Handy ist deaktiviert und seitdem fehlt jede Spur.“

      HK blickte zu Paulsen, der alles kontrollierte, der dann beide Handflächen zusammendrückte. „Wir werden die Mitfahrzentralen befragen und die Person ermitteln. Es könnte ein Problem werden, festzustellen, wer der Fahrer war, das sage ich ihnen gleich.“

      „Was wollen sie damit sagen?“ schob Frank Stürmer ein.

      „Nehmen Sie einmal an, der Fahrer suchte ein Opfer. Er wird mit Sicherheit versucht haben, alle personenbezogenen Daten zu fälschen, verstehen Sie?“

      Brand sah, wie Stürmer die linke Hand seiner Frau nahm, mehrmals kopfschüttelnd, dann beide Hände ergriff.

      „Wir müssen die Möglichkeiten, die In Frage kommen,