Michael Schenk

Die Pferdelords 08 - Das Volk der Lederschwingen


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Aber schön, so schätzt die Waren eben.«

      Die Schwertmänner verstanden sich darauf, den Wert der Waren zu

      bestimmen. Schließlich begann der besorgte Händler, die Endsumme

      herunterzurechnen, aber der Scharführer ließ sich nicht darauf ein. Erneut

      begann ein erregter Streit üben den zu entrichtenden Tribut.

      Ta Enderos verlor das Interesse an der Auseinandersetzung und trieb sein

      Pferd an den Handelswagen vorbei zum Scharführer. Als dieser den Alnoer

      unvermittelt vor sich sah, brachte er den zeternden Händler mit einer

      Handbewegung zum Schweigen.

      »Seid willkommen in Merdonan, guter Herr. Ich hörte schon von solchen

      metallenen Anzügen, wie Ihr sie tragt«, sagte er und musterte ta Enderos und

      die anderen neugierig. »Ihr seid Panzerreiter aus dem fernen Königreich

      Alnoa, nicht wahr? Da seid Ihr aber weit entfernt von Eurem Streifgebiet.

      Was führt Euch in die Ostmark des Pferdevolkes?«

      »Ein Handel, guter Herr Pferdelord«, erwiderte der Hochgeborene

      freundlich und zugleich irritiert. »Die Garde braucht Pferde, und ich hörte, in

      der Ostmark ließen sich welche finden.«

      Der Scharführer grinste breit. »Daran fehlt es uns nicht. Ihr findet die

      Pferdehändler auf dem großen Markplatz, und dort gibt es auch gutes Quartier

      für die Nacht.«

      Panval Erkat räusperte sich. Obwohl er selbst aus dem Mannschaftsstand

      kam, achtete er sehr darauf, dass man es dem von ihm verehrten ta Enderos

      gegenüber nicht an Respekt fehlen ließ. Als der Scharführer nun den

      Hauptmann ansah, deutete der auf seinen Kommandeur. »Meldet Eurem

      Pferdefürsten die Ankunft von Daik ta Enderos, Hochgeborener des Reiches

      von Alnoa und Kommandeur seiner Garde.«

      Die Augen des Scharführers weiteten sich vor Überraschung. »Das ist

      fürwahr ein bedeutsamer Besuch, Ihr Hohen Herren.« Er salutierte

      respektvoll. »So seid uns nun doppelt willkommen. Ich werde den Hohen

      Lord sofort verständigen.« Er wandte sich um und gab einem seiner Männer

      einen Befehl. Der Mann eilte zu einem am Wachhaus stehenden Pferd,

      schwang sich hinauf und trabte dann auf die Silhouette des riesigen Turms zu,

      so rasch es das Gedränge auf der Straße zuließ. Der Scharführer trieb die

      anderen an, damit man die Wagen zur Seite fuhr, die das Tor teilweise

      blockierten. Natürlich hätten sich die Gardisten daran vorbeizwängen können,

      doch für jeden Kämpfer war es eine Frage von Ehre und Tradition, dass man

      ihnen Respekt erwies und den nötigen Raum schaffte.

      »Sagt, guter Herr Scharführer, habt Ihr keine Kunde über unsere Ankunft

      erhalten? Wir haben zwei Männer entsandt, die uns vorausritten.«

      Der Pferdelord schüttelte den Kopf. »Glaubt mir, Hoher Herr, zwei Reiter

      in Panzern wären nicht unbemerkt geblieben. Sie haben Merdonan gewiss

      nicht erreicht.«

      Ta Enderos runzelte die Stirn. »Das ist seltsam. Sie müssten lange vor uns

      eingetroffen sein.«

      Der Wachführer leckte sich über die Lippen und blickte unwillkürlich zum

      offenen Tor hinaus. »In letzter Zeit kommt es immer wieder vor, dass Leute

      einfach verschwinden. Vor einem Zehntag fand eine unserer Streifen ein

      verlassenes Gehöft. Von seinen Bewohnern und dem Vieh fehlte jede Spur.

      Es gab keine Hinweise auf einen Überfall oder ein gefährliches Tier, das die

      Bewohner angegriffen haben könnte. Irgendetwas sucht unsere Mark heim,

      Hoher Herr, und wir bestreifen sie, um die Übeltäter zu finden und zu

      bestrafen. Nicht jeder will seine goldenen Schüsselchen durch ehrliche Arbeit

      und Handel verdienen.«

      »Das kommt auch im Reich Alnoa vor«, seufzte ta Enderos. »Doch

      überfallen die Ehrlosen keine einsamen Höfe oder Gardisten, sondern

      lohnendere Ziele wie kleine Handelszüge.«

      »Wohl wahr, Hoher Herr, doch wenn Eure Männer unerwartet auf eine

      Bande Gesetzloser gestoßen sind, wird man sie ohne Zögern niedergemacht

      haben.«

      »Das steht wohl zu befürchten.« Daik ta Enderos blickte die Hauptstraße

      entlang. Irgendwo war ein Hornsignal zu hören, und er glaubte am Ende der

      Straße den dreieckigen grünen Wimpel eines Beritts der Schwertmänner

      flattern zu sehen.

      Wenig später erreichte eine berittene Schar das Tor, um ta Enderos das

      gebührende Ehrengeleit zu geben. »Seid willkommen, Hoher Lord«, grüßte

      der Anführer der Schar und bewies damit, dass ihm der hohe Rang des Gastes

      weit bewusster war als dem Führer der Torwache. Dieser errötete prompt, da

      er nicht erkannt hatte, dass ta Enderos einem Pferdefürsten gleichgestellt war.

      »Ich bin Mor, Erster Schwertmann der Ostmark. Pferdefürst Bulldemut

      entbietet Euch durch mich seine Grüße und freut sich darauf, Euch persönlich

      willkommen zu heißen. Wenn Ihr mir nun die Ehre erweisen wollt, mich zu

      begleiten?«

      Ta Enderos nickte und gab Hauptmann Panval Erkat das Zeichen, mit dem

      Beritt zu folgen. Er selbst ritt an Mors Seite und musterte den Ersten

      Schwertmann der Ostmark verstohlen. Die tiefschwarzen Haare waren

      ungewöhnlich für einen Mann des Pferdevolkes. Mor bemerkte seine Blicke

      und lächelte. »Ihr vermutet richtig, Hoher Lord. Ich stamme aus Alneris.« Das

      Lächeln vertiefte sich. »Ich war Wachmann im Dienste eines fahrenden

      Händlers.«

      »Und nun seid Ihr Erster Schwertmann einer Mark?« Ta Enderos zwirbelte

      seinen Bart. »Recht ungewöhnlich, will mir scheinen.«

      »Es ist eine verwickelte Geschichte, gut geeignet für lange Winterabende

      und lodernde Kaminfeuer.« Mors Gesicht wurde ernst. »Darf ich fragen, was

      den Hohen Lord so weit nach Norden und bis nach Merdonan führte?«

      »Pferde«, antwortete ta Enderos knapp.

      Mor