Michael Schenk

Die Pferdelords 08 - Das Volk der Lederschwingen


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protestieren.«

      »Nein, alter Freund, ich glaube, du hast recht. Es ist einfach noch zu früh

      für diese Kälte.«

      Tasmund nickte bedächtig. »Immerhin hat es einen Vorteil.« Er sah seinen

      Freund schmunzelnd an. »Fangschlag war gestern bei Barus, dem alten

      Nagerjäger.« Er lachte auf, als Nedeam die Stirn runzelte. »Barus soll ihm aus

      den Nagerpelzen ein warmes Wams fertigen. Diese Kälte setzt den

      verdammten Orks weit mehr zu als uns Menschen. Im Winter können sie sich

      kaum bewegen und erst recht keinen Krieg führen. Wie es die alten Lieder

      schon besingen, die Monde des Winters sind Monde des Friedens.«

      »Solange der Schwarze Lord nicht auch auf den Gedanken kommt, seine

      Legionen mit Pelzen auszurüsten«, lachte Nedeam.

      Tasmunds Gesicht verfinsterte sich. »Reiß die Finsteren Abgründe nicht

      auf, mein Freund, auch nicht im Scherz. Das fehlte uns noch.«

      Nedeam legte dem Freund die Hand auf die Schulter. »Sei unbesorgt,

      Tasmund. Es gibt nicht genug Nager, um all die Orks in Pelz zu hüllen.«

      »Wer weiß?« Der alte Kämpfer zuckte die Schultern. »Niemand vermag zu

      sagen, was in den Landen der Finsternis vor sich geht.«

      Der Erste Schwertmann nickte. »Selbst Fangschlag kann nicht viel darüber

      berichten. Er kennt die Bruthöhlen von Cantarim, in denen er geworfen

      wurde, und die Gegenden, in die ihn seine Kämpfe führten. Aber er war nie

      sehr weit im Osten, dort wo sich der Turm des Schwarzen Lords erhebt.«

      »Nun, wie dem auch sei. Es reizt einen nicht gerade hinzureiten, nur um zu

      sehen, ob es dort genug Nager für Pelze gibt.«

      Sie lachten beide auf und nickten einander zum Abschied zu, und während

      Tasmund langsam zum hinteren Burghof hinüberging, betrat der Erste

      Schwertmann das Haupthaus, um der Hohen Dame Larwyn zu berichten und

      endlich seine geliebte Llaranya wiederzusehen.

      Bei seinem Blick zum Signalturm hatte er sich nicht getäuscht. Als er

      Larwyns Arbeitszimmer betrat, saßen die beiden Frauen neben dem

      Schreibtisch und studierten eine elfische Schriftrolle. Nedeam entbot der

      Herrin seinen Ehrengruß und beugte sich dann zu Llaranya, um das

      Willkommen mit ihr auszutauschen. Larwyn blickte lächelnd zur Seite und

      tat, als betrachtete sie aufmerksam die elfische Karte, die hinter dem

      Schreibtisch an der Wand hing. Als Nedeam sich aufrichtete, wies die Herrin

      der Hochmark auf einen der gepolsterten Stühle.

      »Setzt Euch, mein Freund. Ihr müsst rasch geritten sein, dass Ihr schon so

      bald wieder in Eternas seid. Fiel es Euch schwer?«

      Nedeam wusste, was die Herrin damit meinte, und nickte. »Das Gehöft

      gehört nun Elbort. Er ist ein guter Mann und ein braver Pferdelord, Hohe

      Dame. Es befindet sich bei ihm in guten Händen.«

      »Und dennoch schmerzt es«, sagte Larwyn leise. »Wahrhaftig, Nedeam,

      guter Freund, jeder Verlust hinterlässt seine Spuren in der Fährte unseres

      Lebens.« Sie zögerte kurz. »Gibt es … Neuigkeiten?«

      »Auf meinem Ritt zum Gehöft begegnete ich einer kleinen

      Handelskarawane. Sie ist auf dem Weg nach Norden. Zu den Zwergen und

      zur neuen Nordfeste am Pass des Eten. Die ist wohl beinahe fertig, ein

      Wunder, das wir dem Fleiß und der Handwerkskunst der kleinen Herren zu

      verdanken haben. Die Signaltürme zu errichten, wird weitaus länger dauern.«

      Nedeam trat an die Karte heran und fuhr mit dem Finger den Pass entlang, der

      von der Nordgrenze der Hochmark durch das Gebirge von Noren-Brak hin

      zur Grenze der Öde von Rushaan führte. »Hier oben liegt das Bollwerk und

      deckt den Zugang zum Pass. Der ist recht eng, verwinkelt und sehr lang.

      Unmöglich, die Signaltürme oben auf den Gipfeln zu errichten. Also werden

      sie in die steil aufragenden Felswände gebaut. Ohne die Zwerge wäre das gar

      nicht zu schaffen. Es müssen zehn Türme errichtet werden, und keiner von

      ihnen darf ausfallen, wenn ein Notsignal rasch zu uns gelangen soll. Die

      Zwerge bauen sehr sorgfältig, aber schon ein schwerer Blitzsturm kann einen

      Steinschlag auslösen und alles zunichtemachen. Notfalls wird uns die

      Besatzung in der Feste doch durch einen Reiter benachrichtigen müssen. Aber

      die Anlage wird stark genug sein, auch einer längeren Belagerung

      standzuhalten, und wir würden sie sicherlich noch schnell genug erreichen.«

      »Falls es je einen Angriff auf sie geben wird«, wandte Larwyn ein. »Der

      Pass von Rushaan ist versperrt, und weiter im Norden gibt es keinen Weg,

      den der Schwarze Lord nehmen könnte. Zu weit und zu kalt.«

      »Ja, zu weit und zu kalt«, stimmte Nedeam zu. »Da wir von Kälte sprechen

      … der Winter bricht früh herein, und wir müssen uns eilen, die Vorräte

      einzubringen.«

      Larwyn lächelte sanft. »Die Bauern sind dabei, und zwei Beritte der

      Schwertmänner unterstützen sie. Gibt es Nachrichten von … Garwin?«

      Nedeam zuckte entsagungsvoll die Schultern. »Nein, keine Nachrichten

      über den Verbleib dieses … von Garwin.«

      »Nennt es ruhig beim Namen, mein Freund. Garwin mag mein Sohn sein,

      doch er ist auch ein Verräter und Renegat. Mit dem heimtückischen Verrat an

      unseren Männern in Jalanne und dem Versuch, mich, seine eigene Mutter, zu

      ermorden, hat er mit dem Pferdevolk gebrochen. Nein, Nedeam, Garwin ist

      nun zu einer Gefahr für uns alle geworden. Es gibt Gerüchte, dass er Männer

      um sich sammelt. Gerüchte, dass er den König stürzen und sich selbst zum

      Herrn des Pferdevolkes machen will.« Larwyns Augen verrieten den

      Schmerz, den sie empfand. »Das muss verhindert werden, Nedeam. Garwin

      muss Einhalt geboten werden.«

      »Es gibt keine Spur von ihm.« Nedeam wandte sich erneut der Landkarte

      zu und deutete mit einer ausholenden Bewegung über die Marken des

      Pferdevolkes.