Gwain Beisemann

Drakoria - Vom Blut des Sternenwolfes


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waren es, die ihm auch gleichzeitig Angst bereiteten. Sie waren bei ihnen, sie hatten sie unterstützt und die Schlacht zu ihren Gunsten gewendet, warum also sollte man ihnen nicht vertrauen? Winterwacht war ihres, doch bis Ajunga Ir sollten die Heere des Ethan Koraki noch eine ganze Zeit lang brauchen. Seufzend hob Ardik Lurnar an und steckte sein treues Schwert in seine extra vom Schmied Barankor angefertigte Scheide. Der Umhang war zerfetzt, die Platten und Schienen zerbeult und mit einer Menge Blut beschmiert, doch sein silber-bläuliches Kettenhemd hatte keinen einzigen Kratzer, geschweige denn eine Delle abbekommen. Ohne dieses meisterhafte Stück Schmiedekunst, so wusste er, läge er bereits tot im Staub bei den anderen Leichen dort unten auf den blutgetränkten Straßen. Langsam wandte er sich gen Osten zum großen Tor, welches in das Innere der Festung führte. Er verließ den Zitadellenbalkon mit einem flauen Gefühl im Magen und trat zurück ins Innere. Wer hier in der großen, mit Runen verzierten Halle noch lebte konnte wahrlich vom Wohlwollen der Götter, oder einfach seinem eigenen Glück sprechen. Drei waren es an der Zahl, welche mit zerlumpten Rüstungen halb kniend auf dem Boden saßen und ihre Gebete sprachen. Es waren die einzigen gewesen, welche Ardik in die Festung gefolgt waren, sie hatten wahrlich große Auszeichnungen verdient, doch ihnen diese zukommen zu lassen, wäre ein schwierigeres Unterfangen als gedacht. Einer von ihnen hielt das Banner des Silbernen Raben an einer Fahnenstange in die Höhe und sprach mit stark erschöpfter Stimme „Daria a tharn se, alton kuron bi Fästning fä tak i“ Ardik nickte nur und antwortete „Sehr gut, ruht euch aus Männer, ihr habt es euch verdient, und beobachtet die Straßen, es ist von äußerster Wichtigkeit, dass wir die Stadt unter unsere Kontrolle bekommen“ Ohne eine weitere Antwort abzuwarten stapfte er unter dem Rasseln seines Panzers los, quer durch den Saal, auf dem Weg zu den unteren Gemächern der Festung. Leichen über Leichen, Ardik wollte das Ausmaß der Wunden, welche diese Männer erlitten hatten gar nicht ansehen, zu grausam waren sie zugerichtet. Noch immer quälte ihn die Frage über diesen merkwürdigen Magier, der ihn in der Schlacht angegriffen hatte, aber er machte sich keine weiteren Gedanken darüber. Dwemblins Gebrülle, welches durch die langen Marmorgänge der Zitadelle hallten waren kaum zu überhören „Ha, habe ich es nicht gesagt? Ja, ich habe es euch gesagt, wir haben die Festung kurz nach den ersten Sonnenstrahlen erobert“ Lauschend folgte Ardik dem Ruf des Zwerges, welcher ihn in einen kleinen Nebenraum des Gebäudes führte. Man konnte sehen, dass sich die Architekten wahrlich Mühe beim Bau dieses Bollwerkes gegeben hatten, viele schmuckvolle Bilder und Wandmalereien zierten die einzelnen Gänge und Räume, obwohl es eine Festung war, was man ihr auch ganz klar anmerken konnte, hatte sie nichts vom einstigen Glanz ihres Baus verloren, und schien heller denn je zu strahlen. Einige Statuen lagen zertrümmert und geborsten am Boden, hunderte Jahre alte Schätze, einfach zerstört. Und es waren nicht einmal die Schätze des Feindes, welche dort zersplittert auf dem Boden lagen. An die meisten Gänge und Räume konnte sich Ardik kaum noch erinnern, so hektisch hatte er sich durch sie hindurch gekämpft, sodass er nun kaum noch den Ausgang fand. Das Wimmern der Verwundeten, das jauchzen derer die ihnen zu helfen versuchten. Es war schrecklich mit anzuhören, die Soldaten hatten notdürftige Lazarette in den großen Speisesälen und Kasernen errichtet, um die verletzten dort zu versorgen. Oft musste sich Ardik den gesamten Ärmel seines Kettenhemdes vor Mund und Nase halten, um nicht einem Anfall von Brechreiz zu erliegen. Denn teilweise zog ein derart widerlicher Gestank durch das Gebäude, das es selbst einen Hojok das Fürchten gelehrt hätte. Es war keine gewöhnliche Schlacht gewesen, so viel war nun sicher, eine derart schnelle Eroberung hätte sich das beste Heer nur wünschen können, zweifelsohne hatten die Drachen einen besonderen Teil dazu beigetragen. In der Ferne erkannte Ardik etwas, eine in schwarz gekleidete Gestalt, welche, gefolgt von einem kleinen Trupp Soldaten den Hauptgang hinunter hastete „Daria!“ Rief Ardik aus und wunderte sich selbst über seinen lauten Ton. Die Asteri nickte, bevor sie sich ihm weiter näherte, in ihren Zügen lag das freudige Gefühl des Sieges, doch auch die bedrückende Last einer merkwürdigen Trauer. Ihre blauen Augen schienen zu funkeln als sie sprach „Aventos hat uns den Sieg geschenkt“ „Nicht nur er..“ „Die Unterstadt ist gesichert, wir haben viele Tote zu beklagen, und noch mehr feindliche Gefangene, sie legten ihre Waffen freiwillig nieder, als sie sahen, dass wir die Drachen auf unserer Seite hatten“ antwortete Daria. Sie bedeutete ihren Männern wegzutreten, welche diesen Befehl auch unter dem leichten Klappern ihrer Rüstungen befolgten „Wir haben es geschafft, Winterwacht ist unser!“ Daria verschränkte auf diese Aussage hin die Arme „Zu einem viel zu hohen Preis, ohne Verstärkung werden wir die Stadt nicht lange halten können“ „Dann werden wir halt örtliche Bürger einziehen müssen, und ich bin mir sicher, dass die meisten freiwillig unserem Heer beitreten werden, und sicherlich auch jetzt schon wollen. Wichtig ist aber nur...“ fuhr Ardik fort „Dass wir das erste Stück Boden erobert haben, die erste Stadt, die erste Bastion“ „Arkanol wird alles tun, um das wieder rückgängig zu machen, sei dir da sicher“ Gab Daria zurück und steckte einen ihrer Langdolche, welchen sie immer noch in der Hand hielt zurück an den Gürtel „Dann werden wir die Stadt ausrüsten, es wird doch nicht so schwer sein eine ordentliche Verteidigung aufzubauen“ „Nein, das ist auch nicht das Problem, aber“ Sie stockte, während sie einige Male tief Luft nahm „Dafür ist jetzt keine Zeit, es gibt da jemanden mit dem du sprechen solltest“ „Und der wäre?“ Sie zögerte, das konnte Ardik erkennen „Es ist besser wenn du es selbst erfährst, er hat darauf bestanden mit dir alleine zu reden. Begib dich am besten direkt zum südlichen Balkon“ „Ja aber...“ „Ich kann dir nicht mehr erzählen, tu einfach was er gesagt hat“ Ardik nickte kurz und begann in Richtung des östlichen Flügels der Festung zu stapfen. Einmal wieder durchfuhr ihn ein merkwürdiges Frösteln, er hatte in den letzten Tagen so viel erlebt, dass dies für ein ganzes Leben gereicht hätte, doch nicht für sein Leben wie es schien. Er strich sich mit dem Handrücken über das Gesicht, als ihm der eiskalte Wind entgegen pfiff und seinen schwarzen Umhang wild hin und her flattern ließ. Vom südlichen Balkon aus, hatte man keinen vergleichbaren Blick wie vom westlichen, denn hier schaute man nur in Richtung der Küstenregion Úsmi Nan. Das Meer war noch viel zu weit entfernt, als dass man es hätte erblicken können, doch die ersten Ausläufer der großen Fjorde waren bereits zu erkennen. So in Gedanken versunken sprang er zurück, als plötzlich ein lautes Rummsen und das Geräusch von berstendem Stein in alle Himmelsrichtungen schallte. Etwas war vor Ardik gelandet, doch vor Staub konnte er noch nichts erkennen, als sich jedoch die dicken Schwaden an grauen Wolken vor seinem Gesicht lichteten, erkannte er, dass vor ihm ein etwa 10 Meter langer Drache, mit dunkelrot schimmernden Schuppen gelandet war. Ardik stockte der Atem und er rang nach Worten, aber das brauchte er nicht, denn schon nach wenigen Sekunden erschallte eine Stimme in seinem Kopf „Vennelig Vaargast. Ich bin Tyr. Drakon, stämma Rok ar Irsia“ „Vennelig“ antwortete Ardik und fuhr fort „Ich bin Ardik, stämma Regnor ar Eistla Vaargast“ Er war froh das er nun auch den Namen seiner Mutter kannte, Daria hatte ihn ihm auf ihrer Reise nach Winterwacht offenbart „Ich habe seit hunderten von Jahren keinen Kontakt mehr mit einem Menschen gehabt, euer Geist fühlt sich immer noch so verwirrt an wie damals. Ihr alle wart sehr verwirrt“ Ardik wusste nicht was der Drache damit meinte, und er wollte es auch nicht. Ihm klafften so unglaublich viele offene Fragen in Seele „Ihr wolltet mich sprechen?“ „Das wollte ich Vaargast, denn es ist wichtig, wichtiger als alles andere momentan“ „Beantwortet mir vorher einige Fragen“ erklärte Ardik „Ich werde euch sagen was ich kann“ Mit dieser Antwort hatte er nicht gerechnet, und genauso verlegen war er nun, was seine Fragen anging „Wa...warum habt ihr uns geholfen?“ Tyr senkte den Kopf und legte ihn behutsam auf den kahlen Steinboden, während die Zacken an der Unterseite seines Maules über den Boden kratzten wie eisiger Stahl „Wir haben noch eine Schuld bei euch offen, ohne euren Vorfahren Tartunax wären wir niemals dorthin gekommen wo wir heute sind, und der Krieg hätte kein Ende gefunden. Daher ist es nur gerecht, dass wir eurem Volk nun helfen, sich gegen die Unterdrücker zur Wehr zu setzen, obwohl das bald unser kleinstes Problem sein wird“ Dies warf mehr Fragen auf, als es ihm Antworten brachte „Es ist auch nicht wichtig warum wir es tun, sondern was wir tun. Es ist ein Krieg im Anmarsch, größer und gewaltiger als alles was ihr je erlebt habt. Wir sind zurückgekehrt, wir mussten zurückkehren, denn Aventos größter Feind hat es ebenfalls“ „Ihr redet von Mutran?“ Wollte Ardik wissen „Genau, wir konnten unseren Krieg damals nicht zu Ende führen, dies muss nun in eurem Zeitalter geschehen. Die Heere versammeln sich, von Norden, Süden und Osten zieht Mutran seine Anhänger zusammen, von Norden, Süden und Osten versammelt Aventos, unser Allvater seine