Jo Thun

Club Infantil


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keinen Alkohol. Leg ihn nicht auf den Bauch, sonst kann er am Plötzlichen Kindstod sterben. Wenn irgendwas ist, ruf den Kindernotdienst an. Hast du die Nummer? Warte, ich hol sie dir.“

      Doch glücklicherweise kam in dem Moment Alba raus mit sechs Taschen: einem Reisebett, einer Wickeltasche mit Windeln und Feuchttüchern, einer Kühltasche mit den fertigen Fläschchen, die zu Hause gleich in den Kühlschrank sollten, einer weiteren Tasche mit dem Flaschenwärmer, Kuscheldecke und Babyphone, einer Reisetasche mit Ersatzwäsche und schließlich ein Beutel mit Spielzeug, Teddybär und Einschlafuhr.

      „Babywanne brauchst du ja nicht für eine Nacht. Aber den Kinderwagen. Oder hättest du lieber das Tragetuch?“

      „Äh, keins von beiden. Es sei denn, ihr habt einen Anhänger.“ Jetzt verstand ich, warum Familienautos die Ausmaße von Lieferwagen hatten.

      „Sehr witzig. Hier ist noch die Liste, da steht genau drauf, wann Ben seine Flasche kriegt, und wann er schläft. Also viel Spaß mit ihm, ruf an, wenn was ist, aber ich hoffe, du musst nicht anrufen.“

      „Doch!“ warf Rana ein. „Ruf auf jeden Fall an. Am besten jede Stunde. Oder schick zumindest eine SMS.“ Alba stand hinter Rana und schüttelte von ihr unbemerkt heftig mit dem Kopf.

      „Klar, mach ich.“ Und dann drückte ich aufs Gaspedal und brauste davon.

      Kapitel 4

      Meine erste Nacht mit Ben. Irgendwie aufregend. Ich stellte den Klassiksender an, weil Babys ja bekanntlich von klassischer Musik intelligenter werden sollen. Und dann waren wir auch schon bei mir zu Hause angelangt. Jetzt stand ich vor einem Problem. Wie sollte ich Ben mitsamt seiner sechs Taschen ins Haus bringen?

      Ich beschloss, den Beutel mit dem Spielzeug und die Tasche mit dem Flaschenwärmer erst mal im Auto zu lassen. Blieb noch das Kinderbett, die Kleidertasche, die Wickeltasche und die Kühltasche. Und natürlich Ben selbst. Leider wachte er auf, als ich ihn aus dem Kindersitz befreite. Mit ihm auf dem Arm konnte ich aber höchstens zwei weitere Taschen tragen. Also musste ich zweimal laufen bis zur Haustür. Das wäre nicht sonderlich schwer gewesen, wenn Ben nicht wieder angefangen hätte zu weinen.

      Egal, jetzt waren wir da. „Ben, schau mal. Hier wohnt dein Papa. Möchtest du das Haus sehen? Nicht? Was möchtest du denn machen? Hast du Hunger?“

      Wo war nur der Zettel mit den Fütterzeiten? Mist, wohl noch im Auto. Also noch ein Mal zurück. Doch da war er auch nicht. Langsam wurde Ben schwer. Ich musste ihn erst mal ablegen. Aber wo? Auf mein Bett. Womöglich hatte er Hunger. Ach ja, ich sollte ja die Flaschen in den Kühlschrank stellen. Aber ich könnte ihm ja schon mal eine geben. Dafür brauchte ich dann doch den Flaschenwärmer. Also nochmal zurück zum Auto. Konnte ich Ben so lange auf dem Bett liegen lassen? Lieber nicht, also nochmal mit ihm nach draußen für die letzten zwei Taschen. Gut, dass ich einen Parkplatz gefunden hatte, der nicht so weit weg war.

      Ben war inzwischen wieder ruhig und freute sich, dass ich so viel mit ihm rumlief. Es war gar nicht so einfach, die Kühltasche aufzukriegen mit nur einer freien Hand. Aber auch das gelang mir schließlich. Die Mütter hatten mir fünf Fläschchen mitgegeben. Jetzt war es 6 Uhr abends. Wenn ich Ben morgen früh um 9 zurückbringen sollte, dann hätte ich 15 Stunden. Fünf Fläschchen, also alle drei Stunden eine Flasche.

      Mit dem Flaschenwärmer hatte ich zunächst Probleme. Als die Flasche nach zehn Minuten noch immer kalt war, kam mir die Idee, etwas Wasser in die Aufwärmschale einzufüllen. Das funktionierte besser. Während wir warteten, wurde Ben wieder unruhig und ich sang ihm „Fuchs, du hast die Gans gestohlen vor.“ So einen Text vergisst man sein Leben lang nicht! „Und dann bist du tot!“ Komischer Text für Kinder.

      Das mit dem Trinken klappte ganz gut, denn Ben hatte schon öfter mal aus der Flasche getrunken. Was kam jetzt? Bäuerchen. Ich guckte Ben gespannt an, er guckte mich an, kein Bäucherchen kam. Dann eben nicht, war wahrscheinlich nicht so wichtig. Als Nächstes stand die frische Windel an. Ich legte Ben auf mein Bett, machte die Windel auf, legte eine neue Windel unter und klebte sie an beiden Seiten wieder zu. Das war ja einfach! Ich war doch der geborene Vater. Das Hochgefühl währte aber nicht lange, denn als ich Ben aufnahm, lernte ich meine erste Lektion im Baby-Handling: Nach einer Mahlzeit niemals das Baby so hoch halten, dass es auf einen runter gucken kann. Ben spuckte mir alles, was er gerade getrunken hatte, ins Gesicht. „Iiih,“ schrie ich und legte ihn wieder hin. Ben schrie jetzt auch. Ich musste aber zuerst mal mein Gesicht waschen und das Hemd ausziehen. Als ich wiederkam, bemerkte ich einen unangenehmen Geruch und hob Ben in die Luft, diesmal allerdings recht vorsichtig. Richtig, der Gestank kam aus der Windel. Also wieder hingelegt, Windel auf, und es war auch was drin. Diesmal hatte ich leider keine Windel bereit gelegt, aber die Windeltasche war ja nicht weit weg. Es dauerte keine zehn Sekunden. Genug Zeit für Ben, um seine kleine Ferse in die Scheiße zu tunken und überall auf meiner Bettdecke kleine senffarbene Tupfer zu verteilen. Mein limbisches System setzte aus und ich verharrte bewegungslos. Ben wollte aber, dass ich genauso begeistert war wie er und begann, einladend zu jauchzen. Das verhalf mir aus meiner Starre und ich lief schnell ins Bad, holte mein Handtuch und wickelte Ben darin ein. So legte ich ihn in die Badewanne. Dann rannte ich wieder zurück ins Schlafzimmer, knüllte die Windel zusammen und brachte sie in den Müll. Die Bettwäsche zog ich ab und warf den verdreckten Überzug mitsamt der Babykleidung in die Ecke, wo bereits mein Hemd lag. Jetzt schnell zurück zu Ben. Er gab sehr ungehaltene Laute von sich, die sich noch um eine Oktave erhöhten, als ich die Brause anstellte, um ihn abzuduschen. Als das geschafft war, holte ich ein trockenes Handtuch und hüllte Bel darin ein. So legte ich ihn wieder auf mein Bett. Lektion Nr. 2: Niemals ohne Unterlage ein Baby wickeln!

      In der Reisetasche fand ich frische Unterwäsche und einen Ganzkörperanzug. Das Anziehen ließ Ben über sich ergehen, aber abgelegt werden wollte er danach nicht schon wieder. Ich erklärte ihm, dass ich ganz schnell eine Wäsche in Gang setzen wollte, und dann würden wir zusammen etwas singen. Ben wollte aber jetzt etwas singen! Also gut, ich zog mir nur geschwind ein frisches T-Shirt über und nahm ihn dann auf den Arm. Gleich beruhigte er sich und schmiegte seinen Kopf an mich. Zusammen sammelten wir die Wäsche und nassen Handtücher ein. Mit der linken Hand presste ich Ben gegen meine Schulter, mit der rechten füllte ich die Waschmaschine und stellte sie an. Dann war es Zeit für meine dritte Lektion: Beim Befüllen der Waschmaschine darauf achten, dass die Tür des Trockners, der auf der Waschmaschine steht, zu ist. Ich hatte die Tür natürlich nicht zu gemacht und rammte beim Aufstehen meinen Kopf mit voller Wucht dagegen. Vor Schmerz schrie ich laut auf, was wiederum Ben erschreckte, oder vielleicht war es auch einfach nur Empathie mit mir, auf jeden Fall begann er ebenfalls zu schreien.

      Benommen torkelte ich mit dem weinenden Kind zurück ins Schlafzimmer. Mit der freien Hand streichelte ich abwechselnd Bens Kopf und befühlte meine schnell anschwellende Beule. Sie musste dringend mit Eis behandelt werden. Aber einen Beutel mit Eis zu füllen, würde bedeuten, dass ich Ben erst einmal ablegen müsste. Das ging gerade nicht. Also ging ich in die Küche, nahm ein Glas und hielt es gegen die Spendertaste meines Eiswürfelbereiters am Kühlschrank. Drei Eiswürfel fielen hinein. Plop plop plop. Ich nahm einen in den Mund und legte die zwei anderen auf meinen Kopf. Damit sie nicht wieder runterfielen, legte ich noch das Küchentuch darüber.

      All die Aktivität hatte Ben beruhigt und er hatte tatsächlich die Augen zugemacht. Vorsichtig legte ich ihn aufs Bett und überlegte, während ich noch immer an meinem Eiswürfel lutschte, ob ich mich auch hinlegen sollte. Aber Bens Reisebett musste ja noch aufgebaut werden. Und Hunger hatte ich auch. Ich befühlte das Handtuch auf meinem Kopf und erschrak, weil es ganz nass war. Blutete ich etwa? Nein, es war doch nur das geschmolzene Eis. Wenn ich jetzt schnell das Reisebett aufstellen würde, könnte ich mir ein leckeres Brot machen und die 8-Uhr Nachrichten sehen.

      Ich nahm das Küchentuch wieder ab, holte das Reisebettchen aus seiner Nylontasche und stellte es mit den Füßen auf den Boden. Dann zog ich die Seiten auseinander, so dass zunächst der Boden stramm war. Es gab auch eine kleine Schaumstoffmatratze, die ich einlegte. Dann mussten nur noch die Seitenwände aufgerichtet werden. Doch die verflixten Scharniere wollten nicht einrasten. Entweder klickten die zwei langen Seiten ein, dann